Ein Milliardär entdeckt die Liebe
seine arrogante Einmischung. „Was soll das?“, fauchte sie empört.
„Es wird Zeit, dass wir uns von unseren Gästen verabschieden.“
„Aber wir reisen doch erst morgen nach Italien ab“, protestierte sie. Erst jetzt merkte sie, wie schnell die Zeit vergangen war, und mit einem flauen Gefühl im Magen wurde ihr bewusst, dass die Hochzeitsnacht bevorstand, vor der ihr so sehr grauste.
„Es ist nach Mitternacht, und die Ersten brechen bereits auf. Das scheint dir beim Flirten entgangen zu sein …“
„Ich bin nicht wie Aschenputtel.“ Jess versteifte sich. Mit starrer Miene schaute sie zu der breiten Treppe, auf die Cesario sie zuführte. „Und ich habe nicht geflirtet!“
„Du hast auf Teufel komm raus mit Luke Dunn-Montgomery geflirtet. Maledizione! Ich konnte dich durch den ganzen Saal lachen hören.“
Die Wahrheit lag ihr auf der Zunge, aber Jess ließ sie nicht über die Lippen schlüpfen. Warum sollte sie Cesario sagen, dass Luke ihr Halbbruder war? Und dass sie so begeistert war, weil er sie wie eine richtige Schwester behandelte? Sie war Cesario keine Erklärungen schuldig. Er mochte sie geheiratet haben, aber das bedeutete nicht, dass er damit automatisch das Recht hatte, ihre Geheimnisse zu erfahren. Cesario stammte aus einer ähnlich privilegierten Schicht wie ihr leiblicher Vater. Sie scheute davor zurück, ihm zu eröffnen, dass sie das uneheliche Kind des Gutsherrn und eines Mädchens aus dem Dorf war. Selbst wenn es die Wahrheit war, so hörte es sich doch fürchterlich nach einem Melodrama aus dem neunzehnten Jahrhundert an.
„Um genau zu sein, es hat gutgetan, heute auch mal Grund zum Lachen zu finden!“ Aufgebracht raffte sie ihr Kleid und folgte Cesario die Stufen hinauf. Sie musste sich anstrengen, um mit ihm mithalten zu können. „In letzter Zeit war ich nicht oft zum Lachen aufgelegt.“
„Das ist mir aufgefallen!“ Damit stieß Cesario eine Tür auf, und Jess schaute mit großen Augen in ein riesiges Schlafzimmer. Schwere antike Eichenmöbel und ein flackerndes Feuer im offenen Kamin boten ein so ganz anderes Bild als die moderne Einrichtung in den Salons im Erdgeschoss.
„Was soll das denn heißen?“ Sie nahm das eindeutig als Kritik auf und reagierte prompt mit Trotz. Doch dann wurde ihr plötzlich schwindlig, sie musste sich an der Türklinke festhalten. Entsetzt fragte sie sich, ob sie nicht doch etwas zu viel Champagner getrunken hatte. Sie kniff die Augen zusammen und versuchte, sich zu konzentrieren, doch das große Himmelbett in der Mitte des Raumes wollte einfach nicht ruhig stehen bleiben. Es schien zu schwanken wie ein Schiff bei hohem Seegang.
„Das heißt, dass du trotz all meiner Bemühungen nicht das Bild einer glücklichen, sondern das einer schmollenden Braut geboten hast!“ Noch immer sah Cesario ihr strahlendes Lächeln vor sich, das diesem Jüngelchen, diesem Luke Dunn-Montgomery, gegolten hatte, und es nagte an ihm.
„Aha. Ich bin also menschlich und keineswegs perfekt. Überrascht?“ Mit ihren hohen Absätzen taumelte Jess vor und schlug lautstark die Tür hinter sich ins Schloss. Der laute Knall ließ Cesario zusammenzucken. „Es ist kein Zuckerschlecken, einen Fremden zu heiraten und mit ihm leben zu müssen. Obwohl … bei deinen vielen One-Night-Stands ist das für dich wohl nichts Besonderes, oder?“
Ärger flammte in Cesario auf. Das war ein unnötiger Schlag unter die Gürtellinie gewesen. Erstens hatte er nie wahllos sexuelle Beziehungen gehabt, und zweitens, auch wenn es vielleicht eine arrogante Seite an ihm gab und er hohe Ansprüche stellte, so hatte er sich doch ernsthaft bemüht, die Hochzeitsfeier und alles andere so angenehm wie nur möglich für Jess zu machen. Nicht nur hatte er ihre sechs mottenzerfressenen Hunde nach Italien bringen lassen, er hatte sich auch eisern zurückgehalten und sich nicht bei jedem Schritt eingemischt. Und was hatte ihm seine Umsicht bisher eingebracht? Nichts! „Du solltest nicht alles glauben, was die Zeitungen über mich berichten. One-Night-Stands habe ich schon als Teenager aufgegeben.“
„Und Alice? Wann hast du sie aufgegeben?“, schoss sie aus heiterem Himmel auf ihn ab, bevor ihr noch bewusst war, was sie da sagte.
Verständlicherweise runzelte er die Stirn über diesen Themenwechsel. „Wieso fragst du nach Alice?“
„Ich hab zufällig das Gespräch zweier Gäste mitgehört. Wie ich verstanden habe, wart ihr beide ein Paar, bis sie dann deinen Cousin geheiratet hat.“
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