Ein Millionär und Verführer
Hause genommen. Und so war Clyde sein Adoptivvater geworden.
„Oh Gott“, flüsterte Calista, die über seine Schulter hinweg mitlas. „Du hast ein Zugunglück überlebt, keinen Autounfall.“
Er schüttelte den Kopf. „Da können wir uns noch nicht sicher sein.“
Calista zog einen kleinen Stapel Fotos aus dem Umschlag, auf denen drei Männer abgebildet waren. „Sieh nur, wie ähnlich sie dir sehen! Das müssen deine Brüder sein!“
Zu durcheinander, um all das zu begreifen, schlug Leo die Hände vors Gesicht. „Ich hatte selbst einen Detektiv darauf angesetzt. Warum hat er damals nichts herausgefunden?“
„Rob mag ein Widerling sein, aber er ist ein brillanter Privatdetektiv. Wahrscheinlich hat er einfach im richtigen Moment an der richtigen Stelle gegraben. Leo, das alles ist einfach unglaublich! Du musst deine Brüder anrufen! Sie werden so glücklich sein, wenn sie hören, dass du lebst!“
„Woher willst du das wissen? Und was sollte ich ihnen erzählen? Ich habe eine kriminelle Vergangenheit und lebe in einer Scheinehe“, erwiderte Leo bitter.
Calista wurde blass. „So siehst du das also?“, fragte sie und schüttelte verletzt den Kopf. „Ich weiß, dass du nichts von Romantik hältst, aber findest du wirklich, dass das hier eine Scheinehe ist? Ich dachte, wir wollten einen Neuanfang wagen! Dass wir gemeinsam etwas aufbauen!“
Leo stand auf. Die Neuigkeiten über seine Vergangenheit waren einfach zu überrumpelnd. Außerdem hatte Calista mit ihrem Verhalten erneut sein Misstrauen geweckt. Er wollte sich nicht auf sie verlassen, denn über kurz oder lang würde sie ihn enttäuschen, so wie es bisher alle getan hatten. „Ich erinnere mich nicht an diese Brüder, wir haben keine gemeinsame Vergangenheit, von der ich weiß. Warum sollte ich mich bei ihnen melden?“
„Weil sie deine Familie sind, Leo“, erwiderte sie eindringlich. „Und laut Bericht suchen sie dich schon seit Jahren! Kannst du dir eigentlich vorstellen, wie sehr sie darunter gelitten haben müssen, nicht zu wissen, ob du lebst oder tot bist?“
Leo trat ans Fenster und sah nach draußen. Jahrelang hatte er von diesem Tag geträumt, aber jetzt jagte all das ihm Angst ein. Er war nicht mehr der kleine Junge, den seine Brüder einst gekannt hatten! Und er hatte sich nicht gerade zum Besseren entwickelt.
Zärtlich strich Calista ihm über den Arm. „Leo, ich weiß, wie schrecklich deine Kindheit nach dem Unfall gewesen ist, aber aus dir ist ein großartiger Mensch geworden! Jemand, in den ich mich verlieben konnte“, fügte sie leise hinzu.
Leo wurde schwer ums Herz. Ihr Geständnis traf ihn bis ins Mark, doch er konnte ihre Worte nicht annehmen. Er konnte noch nicht einmal glauben, dass sie wahr waren. „Mein Geld macht dein Leben und das deiner Schwestern leichter, Calista. Du solltest Dankbarkeit und Liebe nicht miteinander verwechseln.“
Er hörte, wie sie schockiert Luft holte. Als sie ihre Hand von seinem Arm zog, als hätte sie sich verbrannt, überkam ihn tiefes Bedauern. Er hatte sie nicht verletzen wollen, aber er konnte sich ihr einfach nicht öffnen – gerade jetzt nicht. „Calista“, sagte er mit weicher Stimme und drehte sich zu ihr um.
Sie wich vor ihm zurück, und in ihren Augen schimmerten Tränen. „Nein“, murmelte sie mit brüchiger Stimme.
„Calista“, wiederholte er und ging einen Schritt auf sie zu.
„Nein, ich will kein Wort mehr hören“, flüsterte sie, dann verließ sie fluchtartig das Schlafzimmer.
In dieser Nacht kam Calista nicht zu ihm zurück, und Leo versuchte auch nicht, einen Schritt auf sie zuzumachen. Stattdessen lag er bis in die frühen Morgenstunden wach und bemühte sich, zu begreifen, was geschehen war. Er hatte Brüder! Seine Eltern waren tot, sein Nachname lautet Medici! Leise flüsterte Leo seinen wahren Nachnamen in der Dunkelheit. Seltsam, wie vertraut ihm der Klang war.
Wie es seinen Brüdern wohl ergangen war? Was für ein Leben führten sie heute? Leo hatte den Bericht nicht zu Ende gelesen. Nun schaltete er das Licht wieder ein, um seiner wieder entflammten Neugierde nachzugeben.
Damien Medici, fünfunddreißig Jahre alt, erfolgreicher Unternehmer. Rafe Medici, dreiunddreißig Jahre alt, verheiratet. Ein dreijähriger Sohn, ein zweites Kind war unterwegs.
Er hatte einen Neffen! Bei dem Gedanken wurde Leo schwindelig. Leise fluchte er. Er kannte diese Leute doch gar nicht! Ungehalten warf er den Bericht beiseite und sah auf die Uhr. Es war vier Uhr
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