Ein Mörder kehrt heim
Durchhalten, du kommst näher. Georg dreht sich um. Sein Kopf leuchtet rot. Er hätte fast eine Frau mit Kinderwagen umgerannt. Wieder ein paar Meter näher. Die Knie werden weich. Er schnauft wie ein Gaul. Volker, Kriemhild. Keine Häuser mehr. Wiese. Beidseitig Laubbäume. Vorn steht ein Lastwagen. Georg läuft auf dem Kopfsteinpflaster. Auf Höhe der GudrunstraÃe hat Matti wieder etwas gutgemacht. Georg hinkt ein paar Meter, er taumelt, dann hat er sich gefangen. Wieder ein paar Meter. Er hört jetzt Georgs Schritte. Tramplig. Vorn ein Riesenparkplatz. Der Zentralfriedhof. Die Mauer links voller Graffiti. StraÃenbahngleise enden in einem Busch. Georg hetzt am Friedhof entlang. Eine Kleingartensiedlung, links der Friedhof. Georg schaut sich um, rudert mit den Armen, läuft weiter. Lange macht er es nicht mehr. Aber ich auch nicht. Wo sind wir? Ein Bauzaun, nein, ein Eingang. Durch die SpieÃergärten. Es staubt. Georg schaut sich wieder um und rennt weiter. Ein Hang. Georg rennt hoch, fällt hin, rafft sich auf, rennt weiter. Oben sieht Matti seinen Kopf, dann ist er weg. Matti hechelt den Hang hoch. Er rutscht, stützt sich aufs Knie. Weiter. Oben eine StraÃenplanke. Matti flankt drüber. Er japst wie ein Fisch an Land. Georg ist zwischen den beiden Fahrspuren. Auf den StraÃenbahngleisen. Ãber den S-Bahn-Gleisen. Bahn hof Friedrichsfelde. Er hört hallig: Zurückbleiben bitte. Die Türen piepen. Georg klettert auf die andere Fahrbahn. Zwei Autos kommen. Georg sieht sie, fast zu spät. Er macht einen Riesensatz und fällt den Gegenhang hinunter. Ich darf ihn nicht verlieren. Matti rennt über die Fahrbahn. Ein Lastwagen. Weit genug. Matti springt über die Hangkante, strauchelt und rollt hinunter. Er fällt auf Georg. Der liegt da mit pfeifender Lunge.
Matti beugt sich hinunter und schlägt ihm ins Gesicht. »Du verfluchtes Arschloch.« Er kriegt es kaum raus. Er zischt mehr, als dass er spricht. »Du verdammtes Arschloch!«
Georg nimmt den Schlag im Liegen. Er wehrt sich nicht. Matti setzt sich, kramt nach einer Fessel, findet aber nichts.
Georg liegt mit rotem Kopf da. Seine Augen sind gerötet, als würde er weinen. Weint er? Er blickt zum Himmel, wo Regenwolken mächtig aufziehen.
»Du Arschloch«, wiederholt Matti.
Georg schnauft. Schüttelt den Kopf.
Matti hat das Handy in der Hand. Er zögert.
»Lass ⦠mich.« Georg hebt die Hand und lässt sie sinken.
»Was ist? Für âne Leiche bist du echt flott.«
Georg schüttelt wieder den Kopf. Sein Gesicht glänzt. Das Hemd ist durchnässt.
Oben grollt es.
Matti hat das Handy noch in der Hand. Wenn er jetzt anruft, ist es vorbei. Dann können ihn die Bullen kreuzweise. Er schaut auf die Anzeige, als könnte die ihm was verraten. Warum ist Dornröschen nicht da? »Du hast Leiche gespielt, um von der Fahndungsliste zu verschwinden«, sagt Matti. Die Kraft flieÃt zurück in seinen Körper. Der Kopf ist jetzt klar.
»Ja«, stöhnt Georg. »Aber das hat einen Grund â¦Â«
Er hebt den Kopf, während er spricht. Er versucht ihn zu stützen, aber der Arm ist kraftlos. Der Kopf fällt auf den Boden.
Wo sind wir hier? Matti schaut sich um. Sie liegen am Rand eines Platzes. Bahnhof Friedrichsfelde. Der ZOB . Imbissstuben. Es riecht nach Chinesenküche.
»Auch Durst?«, fragt Georg.
»Gib mir deine Schuhe.« Matti streckt die Hand aus. »Die Schuhe!«
Georg starrt ihn an. Dann krümmt er sich und zieht die Turnschuhe aus. Er gibt sie Matti und setzt sich auf.
»Wenn du eine falsche Bewegung machst, erschlag ich dich«, sagt Matti.
Georg nickt.
»Wegen dir Schwein habe ich im Knast gesessen.«
Georg nickt, der Blick senkt sich.
Matti steht auf und zieht Georg hoch. Der humpelt. Sie schleichen am Busbahnhof vorbei. Leute glotzen sie an. Matti sieht den Zugang zur Bahnhofshalle. Dann eine Apotheke. Sie gehen zu einem Würstchenstand. Matti kauft zwei Flaschen Pils. Sie laufen zur Halle und setzen sich auf eine Bank. Eine Frau mit Kind sitzt noch da.
»Du darfst die nicht anrufen«, sagt Georg, nachdem er einen groÃen Schluck genommen hat.
Matti ruft Dornröschen an. »Georg lebt. Frag doch mal diese Stasi-Arschlöcher, wie sie den wiederbelebt haben.«
»Soll ich die Bullen rufen?«
»Nein, überlass es mir.« Er trennt das Gespräch.
»Sag mir einen Grund,
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