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Ein Mörder kehrt heim

Ein Mörder kehrt heim

Titel: Ein Mörder kehrt heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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und dem Älteren, der sich etwas einbildete auf seinen Erfahrungsvorsprung. Der war zwar nicht groß, aber Matti kam aus dem Dorf. Politisch waren sie auf einer Wellenlänge, Matti jedoch mehr auf Georgs. Er stolperte immer erst dorthin, wo Georg schon war. Georg kannte die Helden der Zeit, und Matti schmeichelte es, dass er sich mit ihm abgab. Später lernte er, dass dem Älteren die Bewunderung des Jüngeren nicht weniger schmeichelte.
    Eine letzte Aktion, damit die Aktionen davor verstanden wurden in ihrem eigentlichen Sinn. Dass wir glaubten, Menschlichkeit wäre nur mit Gewalt zu erkämpfen. Die meisten, die darüber urteilen, sehen heute nur noch die Gewalt, nicht die Menschlichkeit. Aber charakterisiert nicht das Ziel die Mittel?, hatte Georg gefragt in der Friedrichsfelder Bahnhofshalle. Muss man die Mittel nicht auch nach dem Ziel werten, dem sie dienten? Ist es nicht das, was Mord von Mord unterscheidet? Ob ich einen umbringe, um ihn zu berauben? Oder um ein Hindernis zu beseitigen auf dem Weg in eine bessere Welt? Und wenn man dabei auch das eigene Leben riskiert? Ist das nicht ein Unterschied?
    Aber Matti war nicht mehr der Nachwuchsrevoluzzer. Bei Mord darf man sich nicht irren, erwiderte er. Dann eine Zugdurchsage. Danach: Das ist ein unwiderlegbares Argument gegen die Todesstr afe. Ob der Staat sie verhängt oder ihr. Sogar wenn man alle anderen Argumente beiseite lässt und den Tod als gerechte Strafe ansieht, muss man doch ausschließen, dass ein Fehlurteil gefällt wird. Das ist aber unmöglich. Ihr habt die Leute als Symbole abgeknallt. Um sie zu bestrafen für die Taten anderer und auch für eigene. Doch ist die Welt dadurch kein bisschen menschlicher geworden.
    Aber jetzt machen wir die Welt ein bisschen menschlicher. Ein winziges bisschen. Und wir zeigen, was wir wirklich gewollt haben. Verstehst du?
    Beweise irgendwie, dass du noch lebst. Dann stell dich oder tauch ab. Ich will nicht in den Knast wegen dir.
    Plötzlich war die Stimmung umgeschlagen. Es wurde praktisch.
    Wir machen einen Deal, sagte Georg. Du hilfst mir, und ich geh zu den Bullen.
    Um was geht’s?
    Komm nach Heidelberg. Ich kann es dir erst dort verraten. Ich habe meinen Genossen versprochen, dass ich es nicht preisgebe. Nur so viel: Du wirst begeistert sein. Wir haben schon einmal darüber gesprochen. Damals, in dieser Pizzeria in der Grolmanstraße. Erinnerst du dich?
    An die Pizzeria? Natürlich.
    An unsere Gespräche.
    Matti antwortete nicht.
    Du könntest selbst drauf kommen.
    Matti merkte erst jetzt, dass Twiggy auf die Ausfahrt zu einer Raststätte abgebogen war. Er hielt an den Zapfsäulen und stieg aus. Dornröschen ging zu den Toiletten. Matti trat in den Regen. Von der Autobahn dröhnte und heulte es. Der Himmel war grau und schwarz. Schwer hingen die Wolken in den Gipfeln der Hügel. Er ging ein paar Schritte, dehnte die Beine und streckte den Rücken. Twiggy tankte und verschwand im Kassengebäude.
    Matti kam sich verlassen vor. Wenn er sich am Abend nicht bei den Bullen gemeldet hätte, würden sie ihn suchen und einsperren, wenn sie ihn fanden. In diesen Minuten auf der Raststätte hielt er sich für verrückt. Aber er hatte keinen Zeugen dafür, dass Georg lebte. Außer Fendt und Zitkowski, aber die würden schweigen, wie sie all die Jahre geschwiegen hatten. Und Matti würde ins Loch wandern. Er sah die feixenden Gesichter des Staatsanwalts und der Bullen, die es ihm endlich heimzahlen konnten. Sie hielten ihn für einen Terroristen und Freund von Polizistenmördern. Ein weitere Möglichkeit wäre, Georg auszuliefern. Doch mit dieser Vorstellung wollte er nicht leben.
    Du hilfst mir, und ich geh zu den Bullen, hatte Georg gesagt.
    Er wollte einen Schlusspunkt setzen. Und Matti wäre aus dem Schneider.
    Es klarte auf. Dafür steckten sie in einem Stau. Frankfurter Kreuz, später Nachmittag.
    Â»Wo treffen wir uns mit ihm?«, fragte Twiggy.
    Matti hörte der Stimme an, dass seine Begeisterung nicht gewachsen war.
    Ein Martinshorn, irgendwo.
    Â»Ich ruf ihn an«, sagte Matti. »Hast du noch eins von diesen Prepaidhandys? Sonst besorg ich dort eines.«
    Â»Im Rucksack. Hinten, unter der Bank.«
    Wenn es um Technik ging, dachte Twiggy an alles. Bestimmt lief der Akku von diesem Handy fast über vor Strom.
    Die Schlange kroch voran. Es roch nach Benzin. Aus einem Auspuff quoll schwarzer Rauch.
    Sie sprachen

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