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Ein Mörder kehrt heim

Ein Mörder kehrt heim

Titel: Ein Mörder kehrt heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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Anja. Aber sie war nicht Anja.
    Matti fühlte Enttäuschung und Erleichterung zugleich. Erst jetzt verstand er, dass er Angst gehabt hatte vor dem Wiedersehen. Er war immer noch verliebt in sie und fürchtete die Zurückweisung.
    Â»Ja, und?«, fragte Monika.
    Â»Ã„h …« Dornröschen setzte noch einmal an. »Also, wir suchen eine Frau, die Anja Barth heißt oder sich … also die hier.« Sie zeigte das Foto.
    Monika deutete ein Lächeln an. Matti las Bedauern in ihrer Miene. »Die kenne ich nicht. Tut mir leid. Wer ist es denn?«
    Â»Meine kleine Schwester«, sagte Dornröschen.
    Â»Ach.« Sie wollte das Foto noch einmal sehen. »Ich würde lügen …«
    Â»Ist gut«, sagte Dornröschen traurig. »Ich hatte so gehofft.«
    Â»Hast du ihre Adresse nicht?«
    Â»Nein. Ist eine traurige Geschichte. Sie ist vor Jahren abgehauen.«
    Â»Wollt ihr reinkommen?« Sie trat zur Seite und fragte Dornröschen: »Dich hab ich doch schon mal gesehen, stimmt’s?«
    Â»Kann sein«, sagte Dornröschen. Ihre Stimme klang niedergeschlagen.
    Â»Trinkt ihr was mit?«, fragte Monika, als sie in der Küche saßen. Die war einfach eingerichtet, offenbar aus dem Ikea-Katalog. Alles weiß. An der freien Wand neben der Tür hing ein Tango-Plakat, die Tänzer schemenhaft, dunkel. Sie guckte sich ihre Besucher kurz an, dann stellte sie eine Rotweinflasche vor Twiggy und reichte ihm den Korkenzieher. Twiggy tat seine Pflicht und schenkte auch gleich ein in die Gläser, die sie auf den Tisch stellte.
    Â»Und was ist nun mit deiner Schwester passiert? Wann ist sie abgehauen?«, fragte Monika mit besorgter Stimme.
    Â»Das stimmt gar nicht«, sagte Matti. »Diese Frau ist abgehauen, vielleicht ist sie tot. Sie war eine Freundin. Aber bevor du das den Leuten erklärst …«
    Â»Drückst du lieber auf die Tränendrüse«, sagte Monika grinsend. »Ich bin auch drauf reingefallen.«
    Warum sitzen wir hier? Warum erzähl ich das? Warum gerade ihr? Er schaute sie an. Sie ähnelte Anja ein bisschen. Wenn man die Ähnlichkeiten suchte. Doch Monika war vor allem offen, direkt. Und einsam. Vermutlich.
    Â»Wo hab ich dich gesehen?«, fragte Monika mehr sich selbst.
    Â»Bei irgendeinem Politkram«, sagte Twiggy.
    Monika hob ihr Glas, sie tranken. »Ich mische auch ein wenig mit.«
    Â»Wo?«
    Â»Kreuzberg, in einer Mieterinitiative.«
    Matti dachte an Rosi. Die war auch in so einer Ini gewesen. Und dann war sie tot.
    Â»Und ihr kämpft heldenhaft gegen die Zuzügler und Touristen?«, spöttelte Dornröschen.
    Â»Da gibt’s ein paar Knallköpfe. Die glauben, der Kampf gegen Fremde sei antifaschistisch. Echt krass. Pappen überall solche Aufkleber hin, auf denen steht, dass Nazis um ihre körperliche Unversehrtheit fürchten müssten. Irgendwann werden sie einen Touri verprügeln und nachher in der Zeitung lesen, dass es ein Jude war.«
    Â»Deutsche Folklore«, sagte Dornröschen.
    Â»Und warum machst du da mit?«, fragte Twiggy.
    Â»Sonst gibt es nichts. Nur Parteien und so. Ist nicht mein Fall. Außerdem muss es ja Leute geben, die diesen Irren widersprechen.«
    Â»Die sind eben auf Randale aus. Peinlich nur, dass die das als Antifaschismus verkaufen.«
    Sie schwiegen eine Weile.
    Die Revolution war abgesagt. Ein paar Spinner hatten ihre Etiketten geklaut und spielten sich auf. Große Ideen enden kläglich. Matti war traurig. Es war alles Scheiße. Er mit einem Bein im Knast. Anja verschwunden. Politisch herrschte Trübsal. Sie kämpften immer weiter und erreichten das Gegenteil. Das System fraß seine Feinde, einen nach dem anderen. Gestern geschmähter Staatsfeind, heute Hofnarr in der TV -Talkshow. Er hatte Dutschke vor Augen, als der an Meins’ Grab stand. »Holger, der Kampf geht weiter.« Klar, der Kampf ging weiter. Eine Pause wäre besser gewesen. Wenn einen der Kampf ins Grab bringt.
    Â»Was ist, Matti?«, fragte Dornröschen.
    Â»Dies und das«, sagte Matti. »Aber der Kampf geht weiter.«
    Twiggy lachte, aber es klang bitter.
    Â»Immer weiter«, sagte Dornröschen.
    Â»Wenn sie uns in die Grube werfen, werden sie sagen, wir hätten nie aufgegeben. Aber was haben wir erreicht?«, sagte Matti.
    Â»Vielleicht genügt das schon?«, erwiderte Monika. »Vielleicht ist es unsere Aufgabe, zu beweisen, dass es

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