Ein Mörder kehrt heim
vergeblich war. Damit spätere Generationen es kapieren.«
»Jetzt wirdâs aber schwülstig«, sagte Twiggy.
»Das mit dem Lernen glaub ich sowieso nicht.« Dornröschen gähnte, ihre Finger spielten am Glas. »Ginge es darum, gäbâs keine Nazis. Und überhaupt.«
»Warum ist eure Freundin verschwunden?«, fragte Monika.
»Keine Ahnung«, antwortete Matti. »Wir sind nicht der Grund.«
»Du hattest was mit ihr, stimmtâs?« Sie schickte ein Lächeln hinterher.
Er nickte.
»Streit?«
»Quatsch.«
»Einfach so weg?«
»Einfach so.«
»Und wie hast du sie kennengelernt?«
Er blickte Dornröschen an, die nickte.
Matti erzählte knapp, welche Rätsel sie lösen mussten.
»Krass, das mit dem Knast«, sagte Monika. Mitleid in ihren Augen. »Und wenn ihr Georgs Mörder nicht findet, bleibtâs an Matti hängen. So eine ScheiÃe.«
»So eine ScheiÃe«, wiederholte Twiggy.
»Und hier gabâs einen Mordanschlag auf Anja. Gibtâs dafür Zeugen?«
»Ich habe die Wunde gesehen. Streifschuss. Eindeutig«, sagte Matti.
»Gar nicht«, erwiderte Monika.
»Warum?«
»Wenn sie den Anschlag nur vorgetäuscht hat?«
Dieser Gedanke war Matti nicht fremd. Aber er hatte ihn nie zu Ende gedacht.
»Warum sollte sie das tun?«, fragte Dornröschen.
»Weià ich nicht. Ich weià ja nicht mal, ob es stimmt.« Sie guckte in die Runde und schlug sich mit der Hand an die Stirn. »Jetzt weià ich, woher ich euch kenne. Vom Urban-Krankenhaus! Ihr habt da letztes Jahr auf einem Zimmer gelegen. Irgendwelche Typen hatten euch verdroschen. Stimmtâs? War groÃes Gespräch in der Belegschaft. Und gemischte Zimmer gibtâs eigentlich auch nicht.« Sie lachte.
»Woher weiÃt du das?«, fragte Twiggy.
»Ich bin Ãrztin, eine kleine nur. Assistenzärztin. Laufbürschin für die Götter.«
»Am Urban?«
»Am Urban.« Sie nickte.
»Wo kommst du her?«, fragte Dornröschen.
Monika erzählte, dass sie in Hamburg geboren worden sei vor gut vierzig Jahren. Die Ehe der Eltern sei schon in ihrer Kindheit zerbrochen und sie bei der Mutter aufgewachsen. »Besser als die ewigen Streitereien.« In Farmsen habe sie das Abi gemacht, dann Studium an der Uni. Der erste Job dort an der Uniklinik, dann nach Berlin ans Urban. Zwischendrin hatte sie eine Zeit lang nur gejobbt, einen Mann kennen und ihn bald hassen gelernt, um nach Berlin abzuhauen. Der Typ habe ihr sogar eine Weile aufgelauert, aber es gebe da ein Büro für Stalking-Opfer, die hätten ihr geholfen. Und irgendwann war der Spuk vorbei. »Als hätte er geahnt, dass ich kurz davor war, die Bullen zu rufen.« Sie seufzte einmal, lachte aber gleich wieder. »Meinen Eltern und diesem Arsch verdanke ich die engere Bekanntschaft mit meinem Shrink.« Wieder ein Lachen. »Er will mich immer wegschicken, aber ich missbrauche ihn als Kumpel, dem ich alles erzählen kann. Mal sehen, wann er mich endgültig rausschmeiÃt.«
Matti beobachtete, wie sie erzählte. Sie war lebhaft und ohne jedes Misstrauen. Erstaunlich bei dieser Biografie. Wenn sie sprach, hatte sie Fältchen an den Schläfen. Auf der linken Wange entdeckte er ein kleines Muttermal, auf dem wenige Härchen wuchsen. Ihre Nase war klein und gerade, die Spitze ragte sanft nach oben. Plötzlich sah sie ihm in die Augen und lachte. Sie zwinkerte mit dem linken Auge und wandte sich wieder der Runde zu. »Zurück zu Anja. Einen Anschlag kann man vortäuschen, um von etwas abzulenken. Sie wollte die Bullen irreführen. Vielleicht. Oder?«
»Okay, wenn es so war: Warum und wohin?«
»Warum weià ich nicht. Woher auch?« Monika runzelte die Stirn und fixierte einen Punkt an der Wand. »Sie hat den Bullen mitgeteilt: Ich bin in Gefahr â¦Â«
Matti hob die Hand. »Oder ich will, dass ihr das denkt.«
Monika nickte. »Das klingt gut. Das würde bedeuten, dass sie sich die Schussverletzung selbst zugefügt hat. Habt ihr bei eurer Recherche gefragt, ob jemand einen Schuss gehört hat?«
»Mein Gott, sind wir blöd«, sagte Dornröschen.
»Ich habe an so einen Schwachsinn nicht einmal gedacht«, sagte Twiggy. Er war bleich angelaufen. »Wir rennen durch diese ScheiÃstraÃe â¦Â« Er blickte Matti an. »Du warst doch schon mal hier
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