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Ein mörderischer Sommer

Titel: Ein mörderischer Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fielding Joy
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»Das ist eines der Dinge, über die ich mir klarzuwerden versuche.«
    »Vielleicht könntest du in einen anderen Bereich überwechseln?«
    »Wohin denn? Notariat? Scheidungsrecht? Joanne, ich bin ein erstklassiger Verteidiger in Strafsachen. Ich komme besser vorbereitet in den Gerichtssaal als drei Viertel der anderen, und deshalb gewinne ich meistens, und deshalb habe ich soviel zu tun. Als Kind dachte ich, das Tollste auf der Welt wäre es, die amerikanische Lebensweise vor Gericht zu verteidigen.«
    »Und, ist es nicht das Tollste?«
    »Doch. Mir war nur nicht bewußt, wieviel andere Scheiße da mit im Spiel ist.«
    »Welche andere … Scheiße?« fragt Joanne und nimmt schnell einen Schluck Kaffee.
    Er schüttelt den Kopf. »Reden wir über was anderes.«
    »Warum?«
    »Warum? Weil das unmöglich interessant für dich sein kann.«
    »Aber ja«, sagt Joanne wahrheitsgemäß. »Über so etwas haben wir noch nie gesprochen, und ich glaube, das ist eine sehr wichtige Sache.«
    »Ich habe nie gern meine Arbeit mit nach Hause gebracht.«
    »Nein, deine Arbeit nicht, aber mir ist es wichtig zu wissen, was du über deine Arbeit denkst. Bitte, sag es mir. Welche … Scheiße?«
    Paul atmet tief aus. »Wir haben Probleme mit einigen unserer Partner … Es gefällt ihnen nicht, wie die Kanzlei geführt wird, sie wollen McNamara loswerden.«
    »Wieso denn?«
    »Sie sagen, er geht zu milde mit einigen der weniger erfolgreichen Partner um.«
    »Und? Stimmt das?«
    »Vielleicht. Schau mal, wir sprechen hier von einem größeren Kanzleiunternehmen in Wall Street, nicht von irgendeinem kleinen Rechtsanwaltsbüro irgendwo weit draußen. So ist das nun mal mit Konzernen. Wenn du erfolgreich sein willst, mußt du was bringen. Natürlich ist der Druck enorm. Wie könnte es anders sein?«
    »Beginnst du diesen Druck jetzt zu spüren?«
    »Unter diesem Druck blühe ich auf! Zumindest war das bis jetzt immer so.« Er lacht. »Ich nehme an, das nennt man eine typische Midlife-crisis. Wieso hatten nur unsere Eltern nie eine Midlife-crisis?«
    »Sie wußten nicht, daß man von ihnen erwartete, eine zu haben«, sagt Joanne, und sie lachen. Joanne wird bewußt, daß sie heute abend zweimal etwas gesagt hat, was ihn zum Lachen brachte. Ihr wird auch bewußt, daß sie heute abend zum erstenmal seit langer Zeit wieder gemeinsam lachen. »Kannst du dich erinnern, wie du mich zum erstenmal in ein Broadwaystück ausgeführt hast?« fragt sie plötzlich. »Ich wollte immer eine Kutschenfahrt durch den Central Park machen, und nach dem Stück habe ich andauernd davon gesprochen, bis du die Anspielungen endlich kapiert und gesagt hast, daß wir eine Fahrt machen.« Er beginnt zu lachen; offensichtlich kann er sich jetzt daran erinnern. »Ich werde nie vergessen, wie du während der Kutschenfahrt mit Tränen in den Augen dagesessen hast, und ich dachte, mein Gott, er ist so sensibel, so romantisch …«
    »So allergisch …«, wirft er ein.
    »Und das restliche Wochenende mußtest du im Bett verbringen. Warum hast du mir nicht gesagt, daß du allergisch gegen Pferde bist?«
    »Ich wollte dir nicht den Spaß verderben.«
    »Und dann hat deine Mutter mich angeschrien, ich solle besser auf dich aufpassen.«
    »Sie hätte dir sagen sollen, daß du so schnell wie möglich weglaufen sollst.«
    »Zu spät. Ich war schon verliebt.«
    »Mit meinen Allergien und den dünnen Armen«, sagt er, und Joanne nickt zustimmend. »Und ich glaubte immer, mein wunderbarer Verstand und mein gutes Aussehen hätten es bewirkt.«
    »Komisch, in was man sich alles verliebt«, meint Joanne, als Paul dem Kellner zu verstehen gibt, daß sie gehen möchten.
    »Ich glaube, ich komme besser nicht mit rein«, sagt er an der Haustür. Joanne nickt, obwohl sie gerade das Gegenteil vorschlagen wollte. »Nicht, daß ich nicht möchte«, fügt er schnell hinzu. »Ich glaube bloß nicht, daß es gut wäre.«
    »Finde ich auch«, flüstert Joanne.
    »Die erste Nacht, in der du ganz allein bist«, sagt er, während sie in ihrer Handtasche nach den Schlüsseln kramt.
    »Irgendwann muß ich mich ja wohl daran gewöhnen. Ich bin doch jetzt ein großes Mädchen.« Triumphierend holt sie ihren Schlüsselbund hervor.
    »Neuer Schlüsselanhänger?«
    »Ich habe den anderen Schlüsselbund verloren«, erzählt sie und beginnt aufzusperren. »Kannst du dir das vorstellen? Ich lasse alle Schlösser auswechseln, und dann verliere ich die blöden Dinger. Ich dachte, ich hätte sie bei Eve

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