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Ein mörderischer Sommer

Titel: Ein mörderischer Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fielding Joy
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gräßlichen Spießerblättchen vor.«
    »Willst du zurückgehen und es holen?«
    Eve betrachtet ihre Mutter, die an der Tür steht und mit ihrem kleinen, gedrungenen Körper eine furchteinflößende Schranke bildet. »Ich glaube nicht, daß mein gebrechlicher Körper das überstehen würde.«
    »Wie lange will sie denn diesmal bleiben?« Joanne fährt von der Auffahrt auf die Straße.
    »Ich glaube, entweder bis es mir besser geht oder bis ich gestorben bin.« Sie lachen beide. Eves Mutter, die immer noch vor der Haustür steht, zuckt zusammen. »Da, hast du das gesehen?«
    »Was denn?«
    »Diese leichte Versteifung ihrer Schultern und wie sie ihre Lippen verzogen hat, die ganze Zeit über dieses tapfere Lächeln, obwohl sie dich ganz offensichtlich für eine miserable Autofahrerin hält, die ihr Baby höchstwahrscheinlich getötet haben wird, bevor wir um die Ecke gebogen sind. Ich sage dir, die Frau war zu etwas anderem berufen!«
    »Hätte sie Schauspielerin werden sollen?«
    »Sie hätte Königin werden sollen.«
    »Wenn sie dich so aufregt, warum sagst du ihr dann nicht ganz einfach, daß sie wieder in ihre eigene Wohnung ziehen soll?«
    Eve zuckt die Achseln. »Ich habe nicht mehr die Kraft, mich mit ihr herumzustreiten. Und ich muß ehrlich sagen, seit sie vor zwei Wochen mit Sack und Pack hier eingezogen ist, ist das Haus sauber wie noch nie. Sie kocht, wäscht, sie putzt sogar die Fenster! Eine gute Haushaltshilfe ist heutzutage schwer zu finden. Und der Preis ist günstig.«
    »Also ich weiß nicht«, bemerkte Joanne. Sie findet, der Preis könnte vielleicht doch zu hoch sein. »Wie steht Brian dazu, daß sie jetzt die ganze Zeit bei euch ist?«
    »Ich glaube, er ist erleichtert«, sagt Eve. »Er braucht keine Schuldgefühle mehr zu haben, weil er so gut wie überhaupt nicht mehr nach Hause kommt. Und wenn er mal heimkommt, steht immer ein warmes Essen auf dem Tisch. Es würde mich nicht überraschen, wenn er, nachdem ich gestorben bin, meine Mutter heiraten würde. Es sind schon weit seltsamere Dinge passiert, weißt du.«
    »Du wirst nicht sterben.«
    »Alle sagen mir das immer wieder.«
    »Aber du glaubst ihnen nicht?«
    »Ich glaube dem, was mein Körper mir sagt. Erinnerst du dich an Sylvia Resnick?« Das verschwommene Bild eines kleinen blonden Mädchens lächelt Joanne freundlich von den Seiten ihres High-School-Jahrbuchs entgegen. »Sie hatte immer ein paar Pfund zuviel, und ihre Blusen sahen aus, als wären sie monatelang nicht gewaschen worden.« Sylvia Resnicks Grinsen – sie schaffte es, ihre Mundwinkel beim Lächeln herabzuziehen – wird in Joannes Erinnerung langsam deutlich, ihr strähniges Haar und ihre schmutzig-weiße Bluse. Joanne nickt. »Sie ist gestorben.«
    »Was?«
    »Jawohl. Neununddreißig Jahre alt. Vier Kinder. Geht eines Abends mit ihrem Mann ins Kino und ist plötzlich mausetot. Gehirnaneurisma.«
    »Wann ist das passiert?«
    »Vor ein paar Monaten. Ich habe es von Karen Palmer gehört. Die redet ausgesprochen gern über solche Sachen. Ich schwöre dir, ich konnte durchs Telefonkabel hindurch sehen, wie sie lächelte. ›Wie geht's dir denn?‹ flötet sie, und im gleichen Atemzug erzählt sie mir, daß Sylvia Resnick tot umgefallen ist!«
    Joanne sagt nichts. Einen Augenblick lang ist sie wie betäubt von dieser Nachricht und versucht, zwischen dem, was mit Sylvia Resnick geschehen ist, und dem, was mit Eve geschieht, eine Verbindung herzustellen. »Ich glaube, wenn du ein Gehirnaneurisma hättest, wäre es längst entdeckt worden.«
    »Ich glaube nicht, daß ich ein Gehirnaneurisma habe«, sagt Eve ungeduldig. »Ich meine nur, man kann nie wissen. Du fühlst dich wohl, und eine Minute später bist du tot. Wir sind jetzt in dem Alter, wo alles schiefzugehen beginnt, weißt du.«
    »Ich bin ganz sicher, daß du kein Gehirnaneurisma hast«, wiederholt Joanne. Sie würde gern über etwas anderes sprechen. Sie hat das Gefühl, daß Eve und sie in letzter Zeit nur noch über Eves Gesundheitszustand reden, was verständlich, aber auch leicht ermüdend ist. »Hast du eine Lebensversicherung?« fragt Joanne sie plötzlich.
    »Wie kommst du denn darauf?« Argwöhnisch sieht Eve sie an, als wisse Joanne etwas, was sie, Eve, nicht weiß.
    »Ich habe eine abgeschlossen.«
    »Wirklich? Warum denn?«
    »Ich fand es eine gute Idee. Falls mir was passieren sollte …«
    »Dir wird nichts passieren«, sagt Eve und würgt gleichzeitig mit dieser Möglichkeit auch das jetzt zu erwartende

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