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Ein mörderischer Sommer

Titel: Ein mörderischer Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fielding Joy
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Gesprächsthema ab. Joanne hat bemerkt, daß Eve nicht gern über die Anrufe spricht, die Joanne bekommt. Sie läßt das Thema fallen und beschließt, Eve nichts davon zu erzählen, daß ihre neue Versicherungspolice eine Zusatzklausel über eine Doppelentschädigung enthält. »Die Ärztin, die mich vor Abschluß der Versicherung untersuchte, sagte, ich hätte ein bißchen Blut im Urin«, erzählt sie statt dessen und bringt das Gespräch damit indirekt wieder auf Eves Gesundheit zurück. Blut im Urin haben die Ärzte auch bei einem der vielen Tests entdeckt, denen Eve sich unterzogen hat. »Es ist nicht schlimm, hat sie gesagt«, erklärt Joanne. »Sie meinte, das haben viele Frauen, es kommt auf den Zeitpunkt innerhalb des Monats an und so.«
    »Klar«, erwidert Eve zynisch, »schieb alles auf den Zeitpunkt innerhalb des Monats.« Gedankenverloren sieht Eve aus ihrem Seitenfenster. »In People habe ich über diesen Typen gelesen, der wegen Krebs ein Bein verlor. Der rennt jetzt durch ganz Nordamerika. Das machen ja heutzutage viele. Ich habe da so eine Vision: Alle diese einbeinigen Läufer prallen auf Amerikas Highways aufeinander.«
    Joanne ertappt sich dabei, wie sie über diese reichlich groteske Vorstellung zu lachen beginnt. »Ich nehme an, die einen werden besser mit Problemen fertig als die anderen«, sagt sie. Sie meint es ganz allgemein.
    »Was soll das heißen?« Eves Ton ist schneidend.
    »Nichts«, antwortet Joanne der Wahrheit entsprechend, überrascht von der plötzlichen Feindseligkeit in Eves Stimme. »Nur so eine Bemerkung.«
    »Du, diese Bemerkungen kannst du dir sparen.« Joanne fühlt, wie sich ihre Augen mit Tränen füllen, als hätte Eve ihr ins Gesicht geschlagen. »Entschuldige«, sagt Eve sofort. »Herrgott, jetzt mache ich es schon wieder. Joanne, es tut mir leid. Bitte, wein nicht. Ich wollte es nicht. Du weißt doch, daß ich das gar nicht sagen wollte.«
    Joanne nickt ganz langsam in dem Versuch, Eve klarzumachen, daß sie sie sehr gut versteht. Aber in Wahrheit versteht sie von Tag zu Tag weniger, was mit ihrer besten Freundin los ist.
    »Mein Gott, du bist so gut zu mir. Du fährst mich überall hin, du begleitest mich von einem sinnlosen Arzttermin zum anderen, du bist immer da, wenn ich dich brauche.« Sie stockt. »Ich glaube, es ist wahr, wenn man sagt, daß man immer denen am meisten weh tut, die man liebt.« Joanne ringt sich zu einem Lächeln durch. »Also«, sagt Eve und wechselt das Thema, »du glaubst wirklich, daß dieser Dr. Ronald Gold der gleiche Typ ist, mit dem wir zur Schule gegangen sind?«
    »Ich bin so bald ich kann bei Ihnen«, sagt der Dermatologe, während er aus seinem Behandlungszimmer in das überfüllte Wartezimmer tritt. Er ist etwa einen Meter siebzig groß, hat einen Schopf rotblonder Haare und zeigt ein gewinnendes Lächeln. Ohne Frage ist er derselbe Ronald Gold, mit dem sie in der Schule waren. Joanne beobachtet, wie er ungeschickt in dem Terminkalender, der auf dem unordentlichen Schreibtisch liegt, herumblättert, und erinnert sich, daß er das früher mit seinem Chemiebuch auch immer so gemacht hat. Er ist überhaupt nicht älter geworden, findet sie, und fragt sich, ob er wohl dasselbe von ihr denkt, falls er überhaupt Zeit hat, ausreichend Notiz von ihr zu nehmen. »Ich möchte mich entschuldigen«, sagt er, an sein Publikum gewandt, das zum großen Teil aus Teenagern besteht, dazwischen ein paar Erwachsene. »Ich entschuldige mich für dieses Chaos«, fährt er fort, während er offensichtlich einen Kugelschreiber sucht. »Ich weiß doch, daß ich ihn hier irgendwo hingelegt habe«, murmelt er. »Meine Sprechstundenhilfe hat letzte Woche aufgehört«, verkündet er der Runde seiner Patienten, »und ich rief eine Agentur an, damit man mir eine Aushilfskraft schickt, aber die Dame ist nie erschienen. Dabei habe ich wahrscheinlich sogar noch Glück gehabt. Diese Aushilfen machen einem manchmal mehr Ärger, als daß sie eine Hilfe sind. Den ganzen Tag muß man ihnen alles erklären, und am nächsten Tag schicken sie jemand anderen, und das Ganze geht von vorn los. Ich kann diesen verdammten Kugelschreiber nicht finden.« Schüchtern hebt er den Blick vom Schreibtisch. »Kann mir einer von Ihnen einen leihen?«
    Joanne geht an seinen Schreibtisch, holt den silbernen Kugelschreiber, den sie schon die ganze Zeit über gesehen hat, unter einem Berg von Papieren hervor und reicht ihn dem Jungen, der in Chemie immer hinter ihr saß, die Knöchel

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