Ein mörderischer Sommer
beschäftigt sich gerade mit einem weiteren potentiellen Pickel. »Na ja, ich habe mich eben vorher nie um meine Haut gekümmert, ich meine, ich habe sie nie gepflegt …«
»Und du hattest vorher nie Probleme, oder?«
»Nein.«
»Sagt dir das nichts?« Er tritt einen Schritt zurück. »Du verstopfst dir alle deine Poren, kleine Joanne Mossman Hunter. Alle diese tollen, teuren Cremes verursachen bei dir Pickel. Hör auf, sie weiter zu benutzen.«
»Und was soll ich statt dessen tun?«
»Wasch dir einmal pro Tag – einmal! –, und zwar am Abend, mit einer milden Seife das Gesicht, mehr ist nicht nötig. Feuchtigkeitscreme brauchst du nicht. Ich gebe dir eine Vitamin-A-Creme, die trägst du auf, bevor du schlafen gehst. Wenn du Make-up benutzen willst, nimm eines auf Feuchtigkeitsbasis, und trage Puder-Rouge auf, kein Creme-Rouge, das verstopft die Poren. Und hör auf, diese Frauenzeitschriften zu lesen. Die wissen über richtige Hautpflege ungefähr genausoviel wie deine verrückte Freundin Eve. Wo liegt eigentlich ihr Problem?« fragte er im selben Atemzug.
»Wir hofften, du würdest uns das sagen.«
»Ich bin Hautarzt. Ich bin für die Außenseite des Kopfes zuständig, nicht für innen.«
»Du meinst, es ist ein seelisches Problem?«
Er hebt die Schultern. »Die Psychiatrie ist der Schuttabladeplatz der Mediziner. Ein Arzt kann nichts Physisches finden – da nimmt er einfach an, es ist etwas Psychisches. Ich kann dir nicht sagen, was mit Eve los ist, nur daß es nichts mit ihrer Haut zu tun hat. Die ist ein bißchen trocken, das ist alles. Mehr kann ich dir dazu nicht sagen.« Er macht einen Schritt zurück und betrachtet ihr Gesicht, als wolle er sie porträtieren. »Das müßte reichen«, sagt er. »Du willst also einen Job?«
Joanne lacht. Dann merkt sie, daß er es ernst meint. »Soll das ein Witz sein?«
Er schüttelt den Kopf. »Du hast meinen Kugelschreiber gefunden, du schaffst alles. Los, nenn deinen Preis!«
»Ich kann nicht.«
»Warum denn nicht? Babys zu Hause? Einen Mann, der nicht will, daß seine Frau arbeitet? Sag ihm, daß sich die Zeiten geändert haben. Mensch, meine Frau ist Zahnärztin. Die arbeitet mehr als ich.«
»Das ist es nicht«, sagt Joanne. Sie weiß nicht genau, was es ist.
»Was dann? Reizt es dich nicht?«
»Meinst du es wirklich ernst?«
»Sehe ich aus wie ein Mann, der Witze macht? Ich sehe doch eher aus wie einer, der verzweifelt eine gute Sprechstundenhilfe sucht.«
»Was müßte ich denn machen?«
»Telefonanrufe entgegennehmen, die Patienten empfangen, die Termine abstimmen, über meine Witze lachen. Wenn du ganz brav bist, lasse ich dich vielleicht sogar ein paar Pickel ausdrücken. Was meinst du? Ist das nun ein Angebot, das du nicht ausschlagen kannst, oder nicht?«
»Kann ich es mir noch überlegen?« fragt Joanne. Sie ist von sich selbst überrascht. Was gibt es da zu überlegen? Sie kann doch nicht ernsthaft in Erwägung ziehen, für diesen Mann zu arbeiten! Warum eigentlich nicht? fragt sie sich. In ihrem Kopf prallen die Gedanken aufeinander wie Hunderte von einbeinigen Läufern auf den Highways Amerikas.
»Klar. Denk drüber nach, besprich es mit deinem Mann und ruf mich am Montag an. Ich will dich nicht unter Druck setzen, verstehst du.« Er lächelt.
»Warum willst du, daß ausgerechnet ich für dich arbeite?«
»Warum nicht du?« fragt er. »Stimmt irgendwas nicht mir dir?« Sein jungenhaftes Grinsen verschwindet, seine graublauen Augen sehen sie warm an. »Ich mag dich«, sagt er einfach. »Du erinnerst mich an meine Jugend. Hey, ich habe das irgendwo gelesen – weißt du, was das wirklich Erschreckende am Älterwerden ist?« Sie schüttelt den Kopf. »Wenn du eines Morgens aufwachst und dir klar wird, daß die Kinder aus deiner Klasse im Land das Sagen haben.«
Eves Mutter wartet an der Tür – hat sie die ganze Zeit über dort gestanden? –, als Joanne in die Auffahrt einbiegt. Die beiden Frauen gehen zu Eves Haus hinüber.
»Das hat aber lange gedauert«, begrüßt Eves Mutter sie mit einem anschuldigenden Ton in der Stimme. »Warum habt ihr denn so lange gebraucht?«
»Wir mußten beinahe eine Stunde warten«, sagt Eve und geht an ihrer Mutter vorbei ins Haus. »Der gute Mann war ziemlich durcheinander. Mein Gott, was hast du denn mit den Möbeln gemacht?« ruft sie, als sie das plötzlich fremd wirkende Wohnzimmer betritt und darin unruhig auf und ab zu gehen beginnt.
»Ich habe ein paar Sachen umgestellt.«
»Ein paar
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