Ein mörderisches Komplott (German Edition)
hinterlassen.«
»Der Norweger, von dem ich dir erzählte, hatte die
Tasche voll von diesen Schoko-Bonbons. Er schien regelrecht süchtig danach zu
sein«, fügte Jenny hinzu.
An Mr. Wilder gewandt sagte O’Brien: »Gut, dass Sie das
Bonbonpapier aufbewahrten. Ach übrigens: Hatten auch Sie an der
Protestversammlung in Glenfinnan teilgenommen? Sie scheinen ein guter
Beobachter zu sein, vielleicht ist Ihnen dort noch einiges mehr aufgefallen.«
»Um Himmels Willen, nein! Wo denken Sie hin! Die hätten
mich doch glatt rausgeschmissen, wenn nicht gar gelyncht! Aber vielleicht kann
Ihnen das Hotelpersonal mehr verraten.«
Sie bedankten sich bei Tim Wilder für sein kooperatives
Verhalten und setzten ihn vor der Lachsfarm wieder ab. Sie fuhren weiter und
erreichten nach 20-minütiger Fahrt den kleinen, am Loch Shiel gelegenen Ort Glenfinnan.
Das feudale Prince Charlie Hotel lag am Ufer des fünfzehn Kilometer
langen, von Bergen umgebenen Sees.
An der Rezeption zeigte O’Brien seinen Ausweis vor und
erkundigte sich, wer an jenem Abend die Teilnehmer der Protestversammlung
bediente. Die junge Hotelangestellte schaute in ihr Terminbuch und sagte nach
einiger Suche: »Damals war Mr Huntley zuständig. Momentan hat er noch frei, erst
um 19 Uhr beginnt wieder sein Dienst.«
Da es bereits Spätnachmittag war, beschlossen sie, im
Restaurant auf den Kellner zu warten. Gegen 18:45 Uhr erschien die Dame von der
Rezeption mit einem jungen Mann, den sie als Waiter (Ober) James Huntley
vorstellte.
Paul O’Brien bat Mr Huntley, an ihrem Tisch kurz Platz
zu nehmen.
»Wir wollen Sie nicht lange aufhalten«, sagte er. »Wir
haben nur ein paar Fragen. Wie wir erfuhren, hatten Sie an dem Abend Dienst, an
dem hier eine Protestversammlung stattfand. Ist das richtig?«
»Ja, da war viel los, ich war allein für die etwa 30
Gäste verantwortlich und musste wie ein Verrückter rennen. So einen Tag
vergisst man nicht so schnell.«
»War Ihnen etwas Besonderes aufgefallen, vielleicht ein
Gast, der durch sein Verhalten Ihre Aufmerksamkeit erregte?«
»Hm! Lassen Sie mich überlegen! Ja, da war einer, der
passte in seinem feinen Anzug gar nicht zu den übrigen Gästen, die alle in
ihrer Arbeitskluft erschienen waren. Außerdem fehlten ihm ein oder zwei obere
Schneidezähne und wegen seiner tief liegenden, dunkel umränderten Augen war er
mir ziemlich unsympathisch. Und dann kam mir noch etwas merkwürdig vor: Nachdem
ich ihm ein Guiness serviert hatte, beobachtete ich zufällig, wie er den Inhalt
des Glases in eine Blumenvase goss. Das wunderte mich, aber der Gast ist bei
uns König. Danach bestellte er nur noch Mineralwasser.«
»Sprach er Englisch?«, meldete sich Jenny zu Wort.
»Gut, dass Sie danach fragen. Ich glaube nicht, dass er
Brite war, denn er sprach mit einem typisch skandinavischen Akzent.«
»Erinnern Sie sich noch, wo der Mann saß?«, fragte
wieder O’Brien.
»Mann, Sie quetschen mich aber ganz schön aus! Mein
Dienst beginnt gleich.« Ungeduldig schaute er auf seine Uhr. »Na ja, anfangs
saß er ziemlich weit hinten, dann aber setzte er sich neben den Hauptredner und
wich dem nicht mehr von der Seite. Beide hockten noch eine ganze Weile
beisammen und gingen als Letzte.«
O’Brien dankte dem Kellner und entließ ihn wieder.
Inzwischen war es dämmrig geworden. Paul schlug vor, diese
eine Nacht hier zu verbringen, sofern nicht alle Zimmer schon belegt wären.
Sonst hätten sie noch die weite Rückfahrt auf sich nehmen oder unterwegs nach
einem Nachtquartier suchen müssen. An der Rezeption erfuhr er, dass zwar kein
Doppelzimmer mehr verfügbar sei, es aber noch zwei Einzelzimmer im ersten und
im zweiten Stock gäbe. Ohne lange zu zögern entschieden sie sich dafür. »Dann
kommen wir endlich mal wieder zum Schlafen«, scherzte Jenny, als sie in dem
vornehmen Hotelrestaurant das Dinner einnahmen.
»Jetzt sind wir unserm Henning wieder ein ganzes
Stück näher gekommen«, meinte Paul. »Aufgrund seines Akzents könnte es sich
tatsächlich um einen Norweger handeln. Außerdem dürfte es kein Zufall mehr
sein, dass in der Nähe beider Tatorte diese Bonbonpapiere herumlagen.«
»Und jetzt fällt es mir wieder ein«, ergänzte Jenny.
»Dieser Truckfahrer in Ullapool hatte ein lückenhaftes Gebiss, genau wie der
Typ, den uns der Kellner schilderte.«
Sie hatten gut geschlafen und saßen beim Frühstück. »Wir
können
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