Ein mörderisches Komplott (German Edition)
seiner Kräfte stand Henrik an der Reling
des Oberdecks der MS Winston Churchill und hoffte auf das baldige
Ablegen des übervollen Fährschiffs. Es war ihm gelungen, sich im Gedränge an
der Ticketkontrolle vorbeizumogeln und konnte es kaum erwarten, das britische
Inselreich für immer zu verlassen. Bis hierher war alles gut gegangen und wenn
er erst einmal in Frankreich einträfe, würde er es auch noch bis Nantes
schaffen.
Er war gerade in Gedanken versunken, als sich plötzlich
schwere Hände auf seine Schultern legten und er sich von zwei kräftigen Männern
umstellt sah. In einer spontanen Reaktion versuchte er noch, sich über die
Reling zu schwingen, um sich durch einen Sprung ins Hafenbecken einer Festnahme
zu entziehen. Aber gegen Polizeigriffe und die anschließende Fesselung durch
Handschellen konnte er nichts ausrichten. Natürlich hatte ihn die Tätowierung
auf seiner rechten Hand verraten, woran hätte man ihn sonst erkannt? Hätte er
einen Handschuh darüber getragen, wäre ihm das gleichfalls zum Verhängnis geworden.
Gewiss, man konnte eine Tätowierung entfernen lassen, aber dafür war ihm keine
Zeit verblieben. Dass es aber das Foto eines jungen Burschen war, das ihn
letztendlich verriet, entzog sich seinem Wissen. Er hatte eben Pech gehabt.
Als man ihn von der Fähre hinunterführte, wurde ihm
schmerzlich bewusst, dass seine Freiheit nun für immer verloren war und der
Wiedereintritt in die Fremdenlegion nicht mehr als ein Wunschtraum blieb.
Paul O’Brien war trotz des großartigen Fahndungserfolgs
unzufrieden. Sergeant Edward Hastings saß ihm gegenüber und wunderte sich über
das griesgrämige Gesicht seines Chefs, der ihn gerade über alle Details der
landesweiten Ermittlungen bis zur Festnahme Henrik Jörgenssons informierte.
Bewundernd sah er O’Brien an und meinte: »Ich hätte nie gedacht, dass der
Polizei schon so bald gelänge, den Kopfschussmörder zu fassen. Vor allem aber
finde ich erstaunlich wie Sie, Chef, diesem Mordgesellen auf die Spur kamen.«
»Das habe ich zum Teil Jenny Symon zu verdanken«,
brummte O’Brien verdrießlich. Aber damit haben wir eben auch nur einen Teil des Puzzles Kopfschussmorde zusammengesetzt.«
»Wieso denn nur einen Teil? Der Fall dürfte doch damit
aufgeklärt sein – oder?«
»Ist er eben nicht!«, erwiderte O’Brien. Denken Sie doch
mal nach: Mit dem Mord am Loch Ness nahm alles seinen Anfang. Kurz darauf gab
es zwei weitere Tote, zuerst am Loch Ewe und dann am Loch Eil. Nach der
Ermordung des Michael Farmer legte Henrik Jörgensson sein Opfer vor der
Mülldeponie am Loch Eil ab. Anschließend fuhr er zurück nach Oban, wo er im Regent
Hotel ein Zimmer gebucht hatte. Unterwegs wurde er wegen eines schadhaften
Scheinwerfers von einer Polizeistreife angehalten. Gegen zwei Uhr nachts
schlich er ins Hotel und verließ Oban am Morgen darauf mit seinem Truck, wofür
wir einen Zeugen haben. Im Übrigen bestätigte eine Fischfarm südlich Obans, von
Jörgensson am gleichen Vormittag beliefert worden zu sein. Danach war er
weitergefahren, hatte allerdings Pech, als er im Glen Aray in eine Schafherde
raste. Anscheinend geriet er in Panik, stellte das Fahrzeug auf einem Parkplatz
an der A85 ab, entfernte beide Kennzeichen und verschwand durch ein Gebüsch.
Ein Ehepaar, das gerade in den Parkplatz einfuhr, hatte dies beobachtet und der
Polizei gemeldet.«
»Und dann ist er völlig ausgerastet und hat weiter
gemordet – oder?« Hastings begriff nicht, wo noch ein Problem bestehen sollte.
»Wenn alles so einfach wäre! Nur leider wird es jetzt
richtig kompliziert, denn am Tag nach dem Mord am Loch Eil wurde dort ein
Constable entführt, der alle vorbeifahrenden Autos kontrollieren sollte. Und
noch am selben Abend wurde Inspector Adams auf einem Rastplatz an der A82 kurz
vor Fort William umgebracht, und zwar wieder auf die gleiche teuflische Art.
Dann folgten Schlag auf Schlag die Morde an Gordon Bayne, Jane McNiven, Harry
Coleman und Peter McDavid. Als Tatwaffe wurde jedes Mal ein
Schlachtschussapparat verwendet, was ich schon immer vermutete.«
»Demnach hatte Henrik Jörgensson also insgesamt acht
Menschenleben auf dem Gewissen. Gut dass der Kerl endlich hinter Schloss und
Riegel gebracht wurde!«, meinte der Sergeant und stieß einen Seufzer der
Erleichterung aus.
»Nur konnte Henrik Jörgensson diese weiteren Taten nicht
selber ausgeführt haben«, erklärte O’Brien barsch. »Denn die erfolgten
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