Ein mörderisches Komplott (German Edition)
versuchte, beim
norwegischen Heer unterzukommen. Doch zu jener Zeit fanden keine
Neueinstellungen statt.
Somit verdiente sich Henrik sein Geld in Großstädten als
Geschirrspüler, Aushilfskellner oder als Türsteher von Diskotheken. In seiner
Freizeit betätigte er sich als Amateurboxer und gewann in der regionalen
Mittelgewichtklasse etliche Kämpfe. Doch wegen wiederholten unsportlichen
Verhaltens wurde er disqualifiziert und musste den Boxsport wieder aufgeben.
Daraufhin erhielt er bei einem Autoscooterbetrieb einen Job
als Mitreisender Arbeiter und genoss nun das zwar anstrengende, aber
freie Leben. Auf einem Volksfest beteiligte er sich an einer Schlägerei, wobei
er einen jungen Mann so schwer verletzte, dass dieser nach einer Gehirnblutung
verstarb. Henrik wurde wegen fahrlässiger Tötung abermals zu einer mehrjährigen
Haftstrafe verurteilt.
Nach seiner Entlassung musste er sich wieder Arbeit
suchen. Der Gefängnisdirektor hatte ihm geraten, sich nach einem Job als
Fernfahrer umzusehen. Dieser Vorschlag gefiel ihm. Da er in der Fremdenlegion
bereits den Lastwagen-Führerschein erworben hatte, bekam er ohne Schwierigkeiten
auch den entsprechenden EU-Führerschein. Per Zufall stieß er auf eine
Zeitungsanzeige der Leegaard Society Lillehammer, die einen LKW-Fahrer zur
Aushilfe suchte. Er hatte Glück und wurde für einen erkrankten Fahrer
eingestellt. Sein Auftrag war es nun, die über Norwegen und das nördliche
Schottland verstreuten Lachsfarmen mit allem Erforderlichen zu beliefern, wie
Baumaterialien, Netzbehältern, Futtermitteln und allerhand chemischen
Erzeugnissen. Meistens übernachtete er in der Fahrerkabine des ihm anvertrauten
Trucks, um Hotelkosten zu sparen. Eigentlich hatte er vorgehabt, sich später
einmal einen eigenen Lastwagen anzuschaffen. Aber schon bald stellte er fest,
dass er dieses Ziel nie erreichen würde, zumal der jetzige Job zeitlich
begrenzt war. So verjubelte er seinen geringen Lohn in fragwürdigen Lokalen und
litt unter ständigem Geldmangel.
Als er von Charles Foreman angeheuert wurde, konnte er
endlich beweisen, was in ihm steckte. Schon immer wollte er den
Bolzenschussapparat, den er aus einem Schlachthof bei Perth hatte mitgehen
lassen, unter realistischen Bedingungen ausprobieren. So besaß er keinen
Skrupel, einen Mann damit ins Jenseits zu befördern, der Arbeitsplätze
vernichten wollte, vielleicht sogar seinen eigenen. Er hatte seinen Auftraggeber
so verstanden, dass dieser die Liquidierung des Aufwieglers George McCallum
wünschte. Dass er den Mann nur verprügeln sollte, war ihm nicht klar genug
übermittelt worden. Andererseits pflegte er ungern nur halbe Sachen zu machen.
Doch letztendlich hatte sich Charly Foreman damit abgefunden und ihn für seine
Leistung gut bezahlt. Dass er sogar noch zwei weitere Male zum Einsatz kommen
durfte, hatte ihn aus seiner permanenten Geldnot gerettet.
In dem fabrikneuen Volvo, der ihm neuerdings anvertraut
wurde, fühlte sich Henrik ausgesprochen wohl. Den zuvor benutzten,
altersschwachen Lastwagen hatte man inzwischen ausgemustert. Nachdem er sich
von Charles in Oban verabschiedet hatte, belieferte er zunächst eine in der
Nähe gelegene Lachsfarm. Die restliche Ladung musste er in Inveraray am Loch
Fyne loswerden.
Nach den Ereignissen der letzten Nacht fühlte er sich
müde und befürchtete stets, am Steuer einzuschlafen. Auf der A819 durch das
enge Glen Aray bemerkte er zu spät eine von den Hügeln herabkommende Schafherde,
die direkt vor ihm die Straße überquerte. Er war viel zu schnell und konnte
nicht mehr rechtzeitig bremsen. Vier Schafe überfuhr er, deren Leiber bis unter
die Vorderachse schleuderten. Weitere Tiere blieben schwer verletzt und
jämmerlich blökend am Straßenrand liegen.
Henrik besah sich kurz den Schaden, zog die zerfetzten
Kadaver unter dem Wagen hervor und legte sie an der Böschung ab. Dann säuberte
er grob die beschädigte Frontpartie des Lasters und die Windschutzscheibe. Es
war sein Glück, dass sich in diesen Minuten kein anderes Fahrzeug auf dieser
entlegenen Strecke befand.
Schnell fuhr er weiter in Richtung A85, die über Crianlarich
nach Glasgow führt. Schon bald würde die Polizei Kenntnis von dem Unfall
erhalten. Danach dürfte es nur noch kurze Zeit dauern, bis man ihn – vielleicht
anhand der Reifenspuren – als den Verursacher dieses Blutbads ermittelte. Und
dann würde es richtig losgehen. Schnell fände man das Hotel, in dem
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