Ein mörderisches Komplott (German Edition)
Abwesenheit Forsters doch Sorgen. Er musste an Baynes
plötzliches Verschwinden denken und an die Auffindung seiner übel zugerichteten
Leiche. Jetzt befürchtete er, dass auch Forster ein ähnliches Schicksal
erlitten haben könnte.
Paul O’Brien teilte diese Befürchtungen seinem obersten
Chef, Sir Anthony McKenzie, mit und schlug diesem vor, eine Vermisstenmeldung
aufzugeben. Aber Sir Anthony schüttelte nur den Kopf: »Wir sollten nicht gleich
das Schlimmste vermuten, O’Brien! Derzeit also keine Informationen an die
Medien, sonst geraten wir noch in des Teufels Küche!«, gab er zu Bedenken.
»Forster wird schon gute Gründe für seine Abwesenheit haben. Vielleicht gab er
seiner Sekretärin sogar Bescheid und die vergaß es wieder. So etwas soll schließlich
vorkommen. Aber vielleicht weiß seine Exfrau, wo er sich aufhalten könnte.«
Natürlich hatte Paul O’Brien bereits durch den üblichen
Amtstratsch erfahren, dass Forsters Ehe in die Brüche gegangen war. Nur ungern
holte er Erkundigungen bei geschiedenen Frauen ein. Oft genug hatte er die
Erfahrung gemacht, dass selbst nach langen Ehejahren nichts als Wut und Hass
gegen den einstigen Ehegefährten zurückgeblieben war. Einmal hatte ihm eine
Frau die Tür mit solcher Gewalt vor der Nase zugeschlagen, dass er einen
Nasenbeinbruch davontrug, was ihm sein typisches Boxerprofil verlieh. Vor einer
Wiederholung eines derartigen Vorkommnisses grauste ihm, aber es musste
gehandelt werden.
Er suchte das Büro der Staatsanwaltschaft auf und wurde
von Forsters Sekretärin Mrs Connolly ziemlich aufgeregt begrüßt. Die etwa
40-jährige Frau war bereits Forsters Sekretärin, als er noch verheiratet war.
»Es ist ganz gegen seine Gewohnheit, schon so lange
fortzubleiben. Ich musste bereits wichtige Gerichtstermine verschieben. Er
wollte nur ein bis zwei Tage in einer dringenden familiären Angelegenheit
verreisen, aber nun ist er bereits seit über einer Woche fort. Hoffentlich ist
ihm nicht das Gleiche passiert wie Mr Bayne!«
Paul O’Brien versuchte Mrs Connolly zu beruhigen. »Das
wird sich bestimmt zum Guten aufklären. Trotzdem müssen wir wissen, wo wir ihn
erreichen können, ich muss ihn nämlich dringend sprechen. Wie heißt seine
geschiedene Frau jetzt und wo wohnt sie?«
»Im Interesse ihrer beiden minderjährigen Söhne behielt
sie den Namen ihres Exmanns. Sie heißt nach wie vor Forster und ist eine
wirklich feine, nette Person. Gelegentlich treffen wir uns sogar.« Dann übergab
sie O’Brien einen Zettel mit Lucinda Forsters Adresse.
Die Wohnsiedlung am Stadtrand erschien O’Brien ziemlich
verwahrlost. Die Fassaden der dreistöckigen Häuser waren von eintönigem Grau
und wiesen überall breite Risse auf. Da nirgendwo Hausnummern zu erkennen
waren, fand er erst nach einiger Suche den richtigen Eingang und war
überrascht, dahinter ein gepflegtes Treppenhaus vorzufinden.
Lucinda Forsters Wohnung lag im zweiten Stock. Auf sein
Läuten wurde ihm von einer dunkelhaarigen, übermäßig geschminkten Frau
mittleren Alters geöffnet. Als er sich vorstellte, bat sie ihn einzutreten und
führte ihn in das modern und einladend eingerichtete Wohnzimmer, wo sie ihm
Platz in einem Schaukelstuhl anbot.
»Dort saß immer Henry, also mein ehemaliger Mann. Hat er
Sie etwa zu mir geschickt?« Sie sah O’Brien argwöhnisch an.
»Nein, ganz und gar nicht. Wir sind nämlich auf der
Suche nach ihm. Er ist schon seit Tagen verschwunden, da beginnt man sich
allmählich Sorgen zu machen.«
»Seine Abwesenheit überrascht mich eigentlich nicht.
Vielleicht handelt es sich wieder einmal um eine seiner üblichen Eskapaden. Sie
wissen schon, Weibergeschichten und so. Eines Tages wird er wieder auftauchen,
machen Sie sich also keine Sorgen!«
»Sie haben sicherlich erfahren, was seinem Freund Gordon
Bayne passiert ist. Das Gleiche könnte auch ihm widerfahren sein. Wir müssen
daher an alles denken. Haben Sie eine Ahnung, wo er stecken könnte? Telefonisch
ist er nicht zu erreichen, auch in seiner Wohnung ist er nicht anzutreffen.«
»Vielleicht in Gordons Baynes alter Lodge? Bayne war ein
leidenschaftlicher Jäger. Er soll in der Region Moray – also nordöstlich
von Inverness – ein kleines, abseits gelegenes Jagdhaus besitzen. In den ersten
Jahren nach seiner Ernennung zum Detective Superintendent verbrachte er dort
viele Wochenenden mit Henry. Sein Interesse ließ allerdings nach, als er
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