Ein mörderisches Komplott (German Edition)
nützen Ihnen da seine Aufzeichnungen? Doch gar nichts! Außerdem wissen Sie
doch selber, dass man Computer gelegentlich auch für private Dinge nutzt, zum
Beispiel während eines Nachtdienstes. Nein, mein Lieber, beginnen Sie mit den
Recherchen ruhig ganz von vorne, bestimmt werden Sie schon bald der
Öffentlichkeit die ersten Erfolge melden können.«
Natürlich erkannte Paul O’Brien den hinter diesen Worten
verborgenen Zynismus. Er hielt dieses Thema für beendet und packte nun die
Gelegenheit beim Schopf, seinem Chef den Fall Packard darzulegen, dessen
Aufklärung er für weitaus wichtiger betrachtete als die neue Aufgabe.
DSupt Bayne schien seinerseits gut informiert zu sein
und hielt Paul O’Brien den mit den Initialen J. S. versehenen Zeitungsartikel
unter die Nase: »Das ist auch wieder eine von diesen dämlichen Zeitungstanten.
Wenn ich schon das Wort Journalist höre, könnte ich die Wände hochgehen!
Diese Sorte Leute haben doch nichts anderes im Sinn, als den Staat und seine
Institutionen bei jeder sich bietenden Gelegenheit in Misskredit zu bringen und
sich dann als die großen Weltverbesserer feiern zu lassen. Diese Salmon oder
wie die heißt – die kennen Sie ja – wollte uns Polizisten doch nur wieder eins
auswischen. Aber das wird ihr nicht gelingen. Ich ersuche Sie daher dringend,
sich von dieser hochgespielten Angelegenheit und den damit verbundenen Unterstellungen
fernzuhalten. Ab sofort werde ich mich höchst persönlich um die Aufklärung des
Falls Packard bemühen, sofern es sich nicht um die Hirngespinste eines total
übergeschnappten Herumtreibers handelt. Aber das werde ich bald herausfinden.«
Paul O’Brien ließ den ganzen Wortschwall über sich
ergehen, ohne eine sichtbare Reaktion zu zeigen. Er merkte deutlich, wie das
den Superintendenten ärgerte, der gleich fortfuhr: »Also nochmals,
O’Brien: Der Fall Kinderpornografie liegt mir schwer im Magen. Bemühen Sie sich
daher mit Nachdruck um die Aufspürung dieser Kinderschänder! Erneut haben
unsere Stadträte widerliche, anstößige Fotos auf ihren Computern vorgefunden.
So, das wär’s! Noch Fragen?«
Paul O’Brien fühlte die nackte Wut in sich aufsteigen,
aber ließ sich das nicht anmerken. Er war keinesfalls bereit, sich den Fall Packard
einfach entziehen zu lassen, das wäre ein Angriff auf seine Berufsehre gewesen.
Und trotz aller Gemeinheiten Baynes würde letztlich – auch hinsichtlich der
Kopfschussmorde – niemand anderes als er es sein, der den oder die Verbrecher
überführte. Davon war er felsenfest überzeugt. Dieses Feld wollte er Adams, dem
unfähigen, eingebildeten Dummkopf keinesfalls überlassen. Ganz spontan kam ihm
ein rettender Einfall:
»Alles klar, Chef! Sie haben zu bestimmen! Nur eine
kleine Bitte habe ich noch: Seit meinem Dienstantritt hier hatte ich noch
keinen Tag Urlaub. Demnächst würde er verfallen, darum möchte ich ihn noch
rechtzeitig nehmen.«
Bayne lächelte süffisant. »Selbstverständlich, geben Sie
nur im Personalbüro Bescheid! Wir kommen hier schon ganz gut zurecht, wenn es
sein muss auch ohne Sie.«
Paul O’Brien verstand diese zynische Spitze und
verabschiedete sich nur widerwillig mit einem Händedruck.
Genau vis-à-vis von O’Briens Büro, das im ersten Stock an
einem von staubigen Leuchtstofflampen nur schwach erhellten Gang liegt,
befindet sich das Arbeitszimmer von DI Walter Adams. Ganz im Gegensatz zu
seinem unmittelbaren Vorgesetzten DCI Paul O’Brien ist der 33-jährige Adams von
schmächtiger, beinahe spindeldürrer Figur. Auf einem langen Hals sitzt ein viel
zu kleiner, eckiger Kopf, dem ein fliehendes Kinn ein karikaturwürdiges
Aussehen verleiht. Eine weit fortgeschrittene Glatzenbildung versucht er
dadurch zu kaschieren, indem er die schütteren blonden Haare quer über den Kopf
kämmt. Ein blasses Gesicht und schmale Lippen vollenden sein skurriles
Erscheinungsbild, hinter dem kaum jemand einen Kriminalbeamten vermuten dürfte.
Walter Adams hatte großes Glück, trotz seiner schwachen Leistungen auf
sportlichem Gebiet und bei den obligatorischen Schießübungen vom CID übernommen
zu werden. Denn ein leitender Beamter des schottischen Innenministeriums war
der Parteifreund seines inzwischen verstorbenen Vaters und hatte diesem gern
einen Gefallen erwiesen.
DI Walter Adams hatte es DCI Paul O’Brien nie verziehen,
dass dieser im Mordfall Harold Thompson alle Belobigungen wegen der
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