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Ein Moment fürs Leben. Roman

Ein Moment fürs Leben. Roman

Titel: Ein Moment fürs Leben. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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demonstriert. Oder vielleicht auch gerade deshalb. Sein Vater war Universitätsprofessor und seine Mutter – die alte Frau, die jetzt in ihrem Blumenkleid im Garten saß – war ebenfalls Wissenschaftlerin. Allerdings weiß ich nicht genau, was sie machte, außer dass sie überall, wo sie auftauchte, für Spannungen sorgte. Ich glaube, sie forschte irgendetwas über Maden im Boden bestimmter Klimazonen. Vater ist European Universities Debating Champion, Absolvent des Trinity College Dublin und der Honorable Society of Kings Inns, deren Motto
Nolumus Mutari
nichts anderes bedeutet als
Wir lassen uns nicht ändern
. Das sagt schon eine Menge über ihn aus. Eigentlich weiß ich über meinen Vater nur das, was die Urkunden an der Wand seines Büros der Welt kundtun. Früher dachte ich, alles andere wäre ein großes Geheimnis, das ich eines Tages lüften würde, und dann würde plötzlich alles einen Sinn ergeben. Am Ende seiner Tage, wenn er ein alter Mann war und ich eine verantwortungsbewusste, attraktive und sehr erfolgreiche Karrierefrau mit extrem langen Beinen und einem umwerfenden Ehemann, würden wir versuchen, die verlorene Zeit nachzuholen. Aber inzwischen ist mir klar, dass mein Vater keineswegs ein Mysterium ist. Er ist, wie er ist, und wir mögen uns nicht, weil wir nicht mal ansatzweise verstehen können, wie der andere tickt, nicht das geringste bisschen.
    So stand ich nun unter der Tür seines holzvertäfelten Büros und beobachtete, wie er, die Brille auf der Nasenspitze, in seinen Papieren las, umgeben von Bücherregalen, die Luft wie immer erfüllt von einem Geruch nach Staub, Leder und Zigarrenrauch, obwohl er schon vor zehn Jahren mit dem Rauchen aufgehört hatte. Auf einmal spürte ich ein warmes Gefühl in mir – er sah so alt aus. Oder zumindest älter. Und ältere Menschen waren wie Babys – etwas an ihrem Verhalten brachte einen dazu, sie trotz ihrer ignoranten, egoistischen Persönlichkeit zu lieben. Nachdem ich eine Weile so dagestanden, ihn angeschaut und über das unerwartete warme Gefühl nachgedacht hatte, fand ich es unangemessen, einfach wortlos wegzugehen, also räusperte ich mich und beschloss dann spontan, an seine offene Tür zu klopfen, wobei die Folie, in die mein Strauß eingewickelt war, laut knisterte. Aber er blickte nicht auf. Ich ging hinein.
    Und wartete. Erst geduldig. Dann ungeduldig. Dann wollte ich ihm die Blumen an den Kopf werfen. Dann wollte ich jede Blume Blatt für Blatt zerpflücken und ihm ins Gesicht schleudern. Dann verwandelte sich das, was als sanfte natürliche Freude am Wiedersehen mit meinem Vater begonnen hatte, endgültig in die bekannten Gefühle von Frustration und Wut. Warum machte er es einem immer so schwer? Immer war diese Mauer zwischen uns, immer fühlte ich mich unbehaglich. »Hi«, sagte ich und klang, als wäre ich wieder sieben Jahre alt.
    Doch auch jetzt blickte er nicht auf, sondern las seine Seite fertig, blätterte weiter und las auch diese Seite bis zum Ende. Vielleicht dauerte es in Wirklichkeit nur eine Minute, aber es fühlte sich an wie mindestens fünf. Und dann hob er schließlich den Kopf, nahm seine Brille ab und schaute auf meine nackten Füße herunter.
    »Ich hab Blumen für Mum und dich mitgebracht, und jetzt suche ich eine Vase.« Wahrscheinlich war das ungefähr so ein Verlegenheitssatz wie das
Ich hab eine Wassermelone getragen
in
Dirty Dancing
.
    Schweigen. »Hier drin findest du bestimmt keine.« In meinem Kopf hörte ich:
Du dämliche Kuh!
Solche Ausdrücke würde er allerdings nie benutzen, höchstens so etwas wie »Verflixt«, was mich unendlich nervte.
    »Ich weiß, aber ich dachte, ich sage mal kurz hallo.«
    »Bleibst du zum Essen?«
    Ich versuchte herauszufinden, was genau er damit meinte. Entweder wollte er, dass ich zum Essen blieb, oder er wollte es nicht. Irgendetwas musste es bedeuten, denn alle Sätze meines Vaters waren codiert, und für gewöhnlich hatten sie den Unterton, dass ich schwachsinnig war. Doch sosehr ich mir auch den Kopf zerbrach, ich kam zu keiner Lösung. Also sagte ich einfach: »Ja.«
    »Dann sehen wir uns beim Essen.«
    Was bedeutete: Warum stehst du barfuß in meinem Büro herum und gehst mir mit deinem blöden »Hi« auf die Nerven, wenn wir uns sowieso gleich beim Essen sehen,
verflixt
. Er setzte die Brille wieder auf, griff nach seinen Papieren und las weiter. Wieder wollte ich ihm die Blumen an den Kopf werfen, sie eine nach der anderen von seiner Stirn abprallen lassen, aber

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