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Ein Moment fürs Leben. Roman

Ein Moment fürs Leben. Roman

Titel: Ein Moment fürs Leben. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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hatte. Das wäre verantwortungsvoll gewesen.«
    Er schwieg, was bedeutete, dass er mir recht gab. Aber im Eifer des Gefechts achtete ich nicht auf die Straße, bog ab, und plötzlich befanden wir uns auf einer Straße, die mir völlig unbekannt war. Ich wendete und nahm die nächste Abbiegung nach rechts, aber auch hier war mir alles fremd, also wendete ich in einer Auffahrt und nahm Kurs zurück zur Straße. Sah nach links und nach rechts. Und ließ den Kopf aufs Lenkrad sinken.
    »Ich hab total die Orientierung verloren.«
    Auf einmal spürte ich die Hand meines Lebens auf dem Kopf. »Keine Sorge, Lucy, du wirst den richtigen Weg finden, ich bin ja da, ich helfe dir.«
    »Und, hast du eine Karte? Weil ich das nämlich geographisch meine – ich hab mich verfahren.«
    Hastig zog er die Hand zurück und schaute sich um. »Oh.« Dann sah er mich an. »Du siehst müde aus.«
    »Bin ich auch. Ich hab letzte Nacht kaum geschlafen.«
    »So genau wollte ich es gar nicht wissen. Lass mich fahren.«
    »Nein.«
    »Doch, lass mich fahren. Dann kannst du dich auf den Rücksitz legen, und ich bring uns nach Hause.«
    »Ich kann nicht mal den Arm ausstrecken auf dem Rücksitz, geschweige denn mich hinlegen.«
    »Du weißt, was ich meine. Du kannst dich ein bisschen ausruhen.«
    »Kannst du überhaupt fahren?«
    Er griff in die Innentasche seiner Jacke, zog wieder einmal irgendwelche Papiere heraus und hielt sie mir unter die Nase. Ich nahm sie nicht, ich war viel zu müde zum Lesen.
    »Das ist eine Genehmigung, jedes Fahrzeug zu fahren, so lange es der Unterstützung und Entwicklung deines Lebens zuträglich ist.«
    »Jedes Fahrzeug?«
    »Ja, jedes.«
    »Sogar ein Motorrad?«
    »Sogar ein Motorrad.«
    »Und einen Traktor?«
    »Sogar einen Traktor.«
    »Ein Quad?«
    »Auch ein Quad.«
    »Und was ist mit Schiffen? Kannst du auch ein Schiff steuern?«
    Er sah mich erschöpft an, und ich gab auf. »Na gut. Sebastian gehört dir.« Ich stieg aus und versuchte es mir auf dem Rücksitz einigermaßen bequem zu machen.
    Und nun saß mein Leben am Steuer.
     
     
    Ich erwachte mit einem Nackenkrampf, mein Kopf tat weh, weil er bei jeder Unebenheit ständig gegen die kalte Fensterscheibe rumste, mein Hals brannte, weil der Sicherheitsgurt auf der bloßen Haut scheuerte. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, wo ich war. Im Auto. Mein Leben saß am Steuer und sang mit einer Stimme wie ein Sechsjähriger, der gerade einen in die Eier bekommen hat, einen Justin-Bieber-Hit mit.
    Draußen war es dunkel, was nicht weiter verwunderlich war, denn wir hatten Glendalough um acht verlassen, und obwohl ein normales Auto ohne psychische Probleme weniger als eine Stunde zu meiner Wohnung gebraucht hätte, benötigte mein komplexbeladener Sebastian wesentlich mehr Zeit. An einem sommerlichen Juniabend wurde es nicht vor zehn Uhr dunkel, also war ein gewisses Maß an Dunkelheit zu erwarten – aber nicht das. Es war stockfinster, demzufolge mussten wir wesentlich länger als eine Stunde unterwegs sein, und da außer einem gelegentlichen kleinen Oval in einer Veranda oder dem Viereck eines Fensters in der Ferne keine Lichter zu sehen waren, konnten wir nicht in Dublin sein. Auf einmal hielten wir an, mit laufendem Motor, mitten im Nirgendwo. Ich sah mein Leben an. Er hatte sein iPhone aufs Armaturenbrett gelegt und schaute auf das Navi. In meinem Kopf klingelten die Alarmglocken, aber mein Leben schien zufrieden und setzte, obwohl niemand in der Nähe war, der ihn hätte sehen können, den Blinker, und langsam nahmen wir wieder Fahrt auf. Ich beugte mich zu ihm nach vorn.
    »Wo sind wir?«, fragte ich dicht an seinem Ohr.
    »Wahhh!«, schrie er erschrocken und drehte sich instinktiv um. Dabei verlor er einen Moment die Kontrolle über das Steuer, das Auto scherte nach links aus, er riss das Lenkrad nach rechts, gerade rechtzeitig, dass wir nicht im Graben landeten, nur leider so heftig, dass wir auf die andere Straßenseite hinübergetragen wurden. Trotz meines Sicherheitsgurts flog ich wie eine Gliederpuppe erst nach links und wurde dann unsanft gegen den Vordersitz geschleudert. Wir waren im gegenüberliegenden Graben gelandet.
    Nichts regte sich mehr, alles war still, abgesehen von Justin Bieber, der unbeirrt sein
Baby, Baby, Baby
trällerte.
    »Oh-oh«, sagte mein Leben.
    »Oh-oh«, wiederholte ich und zerrte den Sicherheitsgurt von meinem Körper, so dass er mich nicht länger zu amputieren drohte. »Oh-oh? Jetzt sitzen wir im Graben, irgendwo im

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