Ein Moment fürs Leben. Roman
seiner Antwort, was mich ärgerte, weil ich überhaupt nicht verstehen konnte, was er für ein Problem hatte. Don hatte splitternackt im Bett mit mir und meinem Leben gefrühstückt, mein Leben hatte ihm sogar seine Unterhose gebracht, mit der MrPan interessanterweise sein Körbchen ausgelegt hatte, und während ich unter der Dusche war, hatte Don für mein Leben Omelett gemacht. Nun wollte ich Don ja nicht mit Blake vergleichen – und das tat ich ja auch nicht wirklich –, ich stellte nur ihre Reaktionen einander gegenüber. Zu Blakes Verteidigung und weil ich sein Verhalten irgendwie rechtfertigen musste, sagte ich mir, dass er und mein Leben ja auch eine gemeinsame Vergangenheit hatten, dass es zwischen ihnen viel mehr Gefühle gab, wir hatten fünf Jahre eine Beziehung gehabt, was die Sache natürlich wesentlich komplexer machte als bei einem einfachen One-Night-Stand – kein Wunder, wenn er sich da unbehaglich fühlte. Oder? Hätte es nicht eigentlich andersherum sein müssen?
»Na gut«, kapitulierte Blake schließlich in dem Kampf, den er anscheinend mit sich ausgefochten hatte. »Gehen wir doch hier rüber.« Er führte mein Leben und mich von der Gruppe weg zu einem ruhigeren Teil der Bar, hinter einer Wand aus Buntglas.
»Ach, wie nett«, sagte ich nervös und sah mein Leben an. Kein Zweifel, er war beleidigt und wurde schon wieder unruhig. »Wenigstens können wir uns hier ungestört unterhalten.«
»Was möchtest du?«, erkundigte sich mein Leben bei Blake.
»Guinness.«
Kein »Bitte«, nichts. Ich schaute vom einen zum anderen. Irgendetwas entging mir hier, ganz eindeutig.
»Blake, du weißt aber, dass er mein Leben ist, oder?«, fragte ich leise, als mein Leben die Getränke holte und abgelenkt war.
»Ja, das weiß ich«, antwortete Blake abwehrend.
»Er ist nicht mein Freund, auch nicht mein Exfreund oder sonst jemand, von dem man sich bedroht fühlen müsste.«
»Bedroht? Ich fühle mich nicht bedroht.«
»Gut, aber du benimmst dich so.« Ich seufzte. »Was ist los?«
»Wie reagieren andere Leute denn darauf?«
»Mit Interesse«, antwortete ich spontan. »Normalerweise interessieren sich die Leute, denen ich wichtig bin, für mein Leben. Sie freuen sich, sie finden es spannend, ihn zu treffen. Meistens ignorieren sie mich eine Weile, um mit ihm zu sprechen. Verstehst du? Na ja, alle außer meinem Vater.«
Blakes Gesicht hellte sich auf. »Hey, wie geht es denn deinem Vater?«
Schon wieder ein abrupter Themenwechsel, aber ich entschloss mich mitzumachen. »Vater und ich sprechen nicht miteinander.«
»Warum denn nicht? Was ist passiert? Ihr wart euch doch so nah.«
So viel hatte sich verändert. »Wir waren uns nie wirklich nah. Was passiert ist? Ich habe mich verändert, und das gefällt ihm nicht. Er hat sich nicht verändert, und das gefällt mir nicht.«
»Hast du dich wirklich verändert?«, fragte Blake und musterte mich.
Ich schluckte. Sein Gesicht war sehr nah an meinem. Unsinnigerweise hing meine Antwort zum Teil davon ab, ob er wollte, dass ich mich verändert hatte, aber hauptsächlich wusste ich es selbst nicht. Natürlich hatte ich mich verändert, seit ich meinem Leben begegnet war. Aber hatte mein Leben mir geholfen, wieder die Person zu werden, die ich war, bevor ich Blake kennengelernt hatte? Oder hatte ich mich weiterentwickelt zu einer ganz neuen Person, die nicht mehr in dem Trott feststeckte, in den sie nach der Trennung geraten war? Das war verwirrend, und ich spürte kurz den Impuls, aufzustehen und mit meinem Leben darüber zu reden. Aber das konnte ich nicht, weil es erstens seltsam gewesen wäre und weil zweitens Blakes Lippen meine fast berührten und ich nicht wollte, dass sie sich jemals wieder entfernten.
»Denn es fühlt sich genau an wie früher«, sagte er. »Alles fühlt sich so richtig an.« Jetzt waren unsere Lippen sich so nah, dass sie sich fast streiften. Mein ganzer Körper kribbelte.
Aber dann spürte ich auf einmal etwas Kaltes an den Rippen, und als ich hinschielte, sah ich ein Pint Guinness, fest in der Hand meines Lebens.
»Dein Bier, Blake«, sagte mein Leben. »Lass es dir schmecken.«
Unser Moment war dahin, mein Leben hatte ihn gestohlen.
»Also«, begann er, reichte mir ein Glas Weißwein und behielt sein eigenes Bier in der Hand.
Da keiner ins Gespräch einstieg, versuchte er es noch einmal.
»Das war echt toll heute«, sagte er fast euphorisch. Er bemühte sich ehrlich. »So etwas hab ich noch nie erlebt. Empfindet man
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