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Ein Moment fürs Leben. Roman

Ein Moment fürs Leben. Roman

Titel: Ein Moment fürs Leben. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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dann an die Raucherin. »Entschuldigen Sie bitte, dürfte ich mir eine Zigarette von Ihnen borgen?«
    »Ich glaube, sie wollte fragen, ob Sie ihr eine schenken. Sie kann die Zigarette ja nicht zurückgeben, wenn sie sie geraucht hat«, fügte mein Leben für mich hinzu.
    Die Frau sah mich an, als würde sie lieber ihre Lieblingsgroßmutter verkaufen, gab mir aber trotzdem eine Zigarette, weil man das als höflicher Mensch so machte, und die meisten Leute hier waren höflich, auch wenn sie sich innerlich unhöflich fühlten.
    Ich inhalierte. Und fing an zu husten.
    »Du rauchst eigentlich gar nicht«, sagte er.
    Ich inhalierte noch einmal direkt vor seiner Nase und versuchte das unvermeidliche Husten zu unterdrücken.
    »Warum sagst du mir nicht einfach, warum du so wütend bist?«
    »Warum?«, fragte ich und wandte mich ihm nun doch zu. »Bist du bescheuert? Du weißt ganz genau, warum ich wütend bin. Du stellst mich hin als eine … eine …«
    »Eine Lügnerin vielleicht?«
    »Hör mal, ich hatte einen Plan. Ich hatte alles im Griff. Du solltest einfach nur dasitzen und zuschauen, genau wie du es versprochen hast.«
    »Das hab ich nie versprochen.«
    »Irgendjemand hat das aber gesagt.«
    »Nein, das hast du nur angenommen.«
    Ich kochte innerlich, schwieg aber.
    »Dann sag mir doch mal – was war das denn für ein Plan? Wolltest du wieder lügen und plötzlich – Genie, das du bist – über Nacht perfekt Spanisch lernen?«
    »Ich bin sehr sprachbegabt, das hat mein Französischlehrer schon immer gesagt«, schnaubte ich.
    »Und dein Gemeinschaftskundelehrer hat gesagt, wenn du dich anstrengen würdest, hättest du bessere Noten«, konterte mein Leben und sah weg. »Ich hab das Richtige getan.«
    Schweigen. Die Raucherin schnaufte.
    »Okay, ich hätte also die Wahrheit sagen sollen, aber es gibt doch wohl bessere Möglichkeiten als deine Bulldozer-Methode, um meine kleinen Lügen richtigzustellen. Was hast du denn vor, wenn du meine Eltern kennenlernst? Willst du ihnen jede kleine Flunkerei auf die Nase binden, damit sie eine Herzattacke kriegen? Willst du ihnen erzählen, dass ich in der Nacht, als sie beim vierzigsten Geburtstag meiner Tante Julie waren, keineswegs eine Lerngruppe organisiert hatte, sondern eine Party, bei der ihr Lieblingsneffe Colin in ihrem Ehebett mit einem Mädchen Sex hatte und Fiona nach dem letzten bisschen Hasch nackt über den Rasen gerannt ist? Und, o ja, sorry, das auf dem Boden war auch leider keine Gemüsesuppe, sondern Melanies Kotze, also hätte ich vielleicht doch lieber nicht zulassen sollen, dass der Hund es aufschlabbert. Und außerdem kann Lucy kein Spanisch.« Ich schnappte nach Luft.
    Er sah mich verdutzt an. »Sogar deine Eltern glauben, dass du Spanisch kannst?«
    »Sie haben mir einen Sommerkurs in Spanien bezahlt, was hätte ich ihnen denn sonst sagen sollen?«, blaffte ich.
    »Die Wahrheit vielleicht? Kommt dir das jemals in den Sinn?«
    »Ich hätte ihnen sagen sollen, dass ich in einem Club als Gogo-Tänzerin gearbeitet habe, statt den Job an der Hotelrezeption zu machen, den sie für mich arrangiert hatten?«
    »Na ja, dann vielleicht doch lieber nicht.«
    »Ich meine, wo sollen die ganzen großen Offenbarungen hinführen? Gerade noch kaufst du Glühbirnen für mein Bad, und im nächsten Moment erzählst du meinem Vater, dass ich ihn für einen arroganten kleinen Scheißer halte, der gefälligst von seinem hohen Ross runtersteigen soll? Du musst da mit mehr Feingefühl rangehen. Du sollst mir helfen, mich zu bessern, aber mich nicht in die Arbeitslosigkeit treiben und das bisschen Kontakt, das ich zu meiner Familie habe, auch noch kaputtmachen. Wir brauchen einen Plan.«
    Eine Weile schwieg er. Ich sah, dass er sich meine Argumente durch den Kopf gehen ließ, und erwartete schon eine seiner Metaphern, aber ich irrte mich. Stattdessen sagte er schlicht: »Du hast recht. Es tut mir leid.«
    Ich tat so, als würde ich übers Geländer kippen, und er und die Raucherin zogen mich so entschlossen zurück, als würde ich es ernst meinen.
    »Danke«, sagte ich ein bisschen verlegen zu der Frau, und sie ergriff klugerweise die Gelegenheit, sich aus dem Staub zu machen.
    »Aber was ich getan habe, tut mir nicht leid, nur meine Methode. Für die Zukunft sollten wir uns eine andere Strategie ausdenken.«
    Ich empfand Respekt vor seiner Fairness und vor seiner Bereitschaft zuzugeben, dass er im Unrecht war. Also zog ich noch einmal an der Zigarette und drückte sie dann

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