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Ein Moment fürs Leben. Roman

Ein Moment fürs Leben. Roman

Titel: Ein Moment fürs Leben. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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als Zeichen meiner Hochachtung aus. Aber er war noch nicht fertig, und ich musterte die zerquetschte, noch glimmende Zigarette und überlegte, ob ich sie nicht doch lieber aufheben und weiterrauchen wollte.
    »Ich konnte nicht dasitzen und zuhören, wie du weiterlügst, Lucy, und dazu werde ich nie in der Lage sein, ganz gleich, welche Strategie wir ausarbeiten. Sie muss beinhalten, dass du nicht lügst. Ich bekomme Sodbrennen davon.«
    »Wenn ich lüge, kriegst du Sodbrennen?«
    »Ja, genau hier.« Er rieb sich den Oberbauch.
    »Oh. Also, das tut mir echt leid.«
    Er zuckte zusammen und rubbelte über die gleiche Stelle. »Deine Nase ist gerade schon wieder ein Stück gewachsen, Pinocchio.«
    Ich schubste ihn. »Warum lässt du nicht
mich
den Leuten die Wahrheit sagen? Wenn ich so weit bin, meine ich.«
    »Dann können wir warten bis zum Sankt Nimmerleinstag.«
    »Na ja, ich kann unmöglich alles auf einmal zugeben, aber ich werde es schaffen, Stück für Stück. Zum richtigen Zeitpunkt. Wie wäre es, wenn wir abmachen, dass ich von jetzt ab keine Lügen mehr erzähle, und du machst einfach dein kleines Begleit- und Beobachtungsspielchen.«
    »Wie willst du denn verhindern, dass du lügst?«
    »Ich denke, ich weiß, wie das geht«, entgegnete ich ein bisschen beleidigt. »Ich bin ja nicht dämlich.«
    »Was hat der falschverbundene Typ eigentlich an sich, dass du ihm die Wahrheit sagst?«
    »Wer?«
    »Du weißt genau, wen ich meine. Siehst du, schon wieder«, stellte er amüsiert fest. »Deine erste Reaktion war, einfach so zu tun, als hättest du keine Ahnung.«
    Ich ignorierte seine Bemerkung. »Ich hab ihm gesagt, er soll mich nicht mehr anrufen.«
    »Warum? Ist er besetzt?«
    Obwohl er mit seinem Witz sehr zufrieden war, ging ich nicht darauf ein. »Nein, es war einfach nur komisch.«
    »Schade.«
    »Ja«, sagte ich unverbindlich, denn ich war nicht sicher, ob ich es wirklich schade fand. Dann streckte ich meinem Leben die Hand hin. »Also, abgemacht? Ich lüge nicht, und du schaust zu?«
    Er dachte nach. »Ich möchte gern noch etwas hinzufügen.«
    Ich ließ die Hand wieder sinken. »Hätte ich mir denken können.«
    »Jedes Mal, wenn du lügst, gebe ich eine Wahrheit preis.« Jetzt streckte er die Hand aus. »Abgemacht?«
    Ich dachte nach. Es gefiel mir nicht. Ich konnte nicht versprechen, nie wieder zu lügen, ich konnte es nur versuchen, und ich konnte auch nicht riskieren, dass er alle möglichen Wahrheiten aufdeckte. Aber wenn ich der Abmachung zustimmte, war ich wenigstens am Zug, und er konnte nicht einfach in meinem Leben rumtrampeln wie der Elefant im Porzellanladen. »Na schön. Abgemacht.« Wir schüttelten uns die Hand.
    Als ich ins Büro zurückkam, war die Stimmung angespannt. Den anderen fiel es offensichtlich schwer zu entscheiden, ob sie wütend auf mich sein sollten oder nicht, ähnlich wie vor kurzem bei Steve. Daher arbeiteten wir schweigend und sammelten alle offenen Fragen erst mal in der neugeschaffenen Rubrik »Wenn alles wieder normal ist« neben Posteingang und Postausgang. Mein Leben saß mir direkt gegenüber, was ganz akzeptabel war, denn an den Namen des Mannes, der da gearbeitet hatte, erinnerte sich außer Edna garantiert niemand mehr. Er war schon bei der ersten Entlassungswelle Anfang letzten Jahres aussortiert worden, und ich hatte sowieso nichts mit ihm zu tun gehabt, weil ich in der Ecke direkt neben der Lüftung saß und meine einzige Aufgabe darin bestand, mich einigermaßen warmzuhalten und mir von Graham so wenig wie möglich auf die Nippel starren zu lassen. Wahrscheinlich brauche ich nicht eigens zu erwähnen, dass Augusto Fernández’ Versprechen, Steve seinen Job zurückzugeben, hohles Geschwätz gewesen war und Steves Schreibtisch leer dastand. Hätte mein Leben sich dort niedergelassen, wäre das sicher nicht gut angekommen, es hätte grob und verletzend gewirkt. Aber so saß er den ganzen Tag mir gegenüber am Computer, tipp-tapp-tippte, machte sich Notizen, beobachtete mich und hörte zu, wenn ich mit den anderen redete, was aber kaum vorkam, weil ja keiner Lust hatte zu kommunizieren.
    Irgendwann fing ich an, über das nachzudenken, was er gesagt hatte. Über die falsche Verbindung, über Don Lockwood, darüber, dass ich ihn nicht anlog. Ich hatte keine Ahnung, warum ich bei ihm nicht lügen konnte, aber die einleuchtendste Erklärung war, dass ich nicht log, weil ich ihn nicht kannte – er war ein Wildfremder, bei dem die Wahrheit keine Rolle spielte.
    Die

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