Ein Moment fürs Leben. Roman
passenden Wort, »… Dilemma.«
Mein Leben nickte, als hätte Edna ihn bereits in dieses Geheimnis eingeweiht.
Sie seufzte. »Wusste Quentin Bescheid, wusste Quentin nicht Bescheid – in diesem Punkt ist Ihre Aussage weder klar noch überzeugend.«
»Nein, nein, ich bin sicher, bitte …«
»Ich glaube, wir haben schon genug Zeit verschwendet«, unterbrach sie mich. »Am besten, Sie gehen jetzt zurück zu den anderen und lassen mich in Ruhe über alles nachdenken. Danke, Lucy. Danke, Cosmo.«
Sie schüttelte uns die Hände und komplimentierte uns aus ihrem Büro. Wie unter Schock ging ich zu meinem Schreibtisch. Mein Leben folgte mir, setzte sich an den leeren Schreibtisch mir direkt gegenüber und trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte.
»Und was machst du jetzt?«, fragte er. »Soll ich irgendwas fotokopieren?«
»Ich glaub’s einfach nicht, was du da gerade gemacht hast!«, sagte ich. »Ich kann nicht glauben, dass du den Nerv hattest, mir das anzutun. Was ist denn aus dem Grundsatz
Wir sind ein Team
geworden? Du hast mich eingelullt, damit du mich später umso besser zum Deppen machen kannst!« Ich hatte unwillkürlich die Stimme erhoben, und die anderen glotzten schon herüber. »Ich geh eine rauchen«, sagte ich, stand auf und verließ unter den aufmerksamen Blicken meiner Kollegen hocherhobenen Hauptes den Raum.
Das Letzte, was ich hörte, ehe sich die Tür hinter mir schloss, war die laute, klare Stimme meines Lebens, die verkündete: »Sie raucht überhaupt nicht. Sie tut nur so, damit sie Extrapausen kriegt.«
Wütend knallte ich die Tür hinter mir zu.
Kapitel 13
Ich stand am Notausgang im Treppenhaus, der dritten geheimen Raucherecke des Jahres nach der Behindertentoilette im zweiten Stock und dem Abstellraum der Putzkolonne. Außer mir waren noch zwei andere Raucher da, ein Mann und eine Frau, die aber nicht zusammen hergekommen waren, und so sprach keiner von uns ein Wort. Es war nicht wie im Raucherbereich vor einem Pub oder einem Club, wo jeder mit jedem redet, vereint durch das angenehme Freizeitgefühl. Hier jedoch waren wir auf der Arbeit, und abgesehen davon, dass man eine Nikotindosis brauchte, kam man nur her, um eine Weile nicht reden zu müssen und sich erholen zu können von der pausenlosen Interaktion mit Idioten – beziehungsweise mit Menschen, die man für Idioten hielt, weil sie keine Gedanken lesen konnten und man ihnen geduldig und höflich erklären musste, was man dachte, obwohl man innerlich gegen den Impuls ankämpfen musste, sie zu ohrfeigen. Hier im Raucherversteck verlangte niemand diese Art von Höflichkeit, beim Rauchen stellte man das Gehirn einfach ab, ignorierte einander ohne Skrupel und konzentrierte sich ausschließlich darauf, den Rauch ein- und wieder auszuatmen. Nur dass ich das in diesem Moment nicht tat. Ich hatte nicht aufgehört zu denken, und ich rauchte auch nicht.
Als ich hinter mir eine Tür aufgehen hörte, machte ich mir nicht die Mühe, mich umzudrehen, denn es war mir gleichgültig, ob Raucherexil Nummer drei aufgespürt und wir alle entdeckt worden waren. Was bedeutete schon ein weiteres Vergehen auf meinem Vorstrafenregister? Die anderen beiden jedoch witterten Gefahr, versteckten ihre Zigaretten in der sich unverzüglich gelb färbenden hohlen Hand, vergaßen den aufsteigenden Rauch, der sie ohnehin verraten würde, und wandten die Köpfe, um zu sehen, wer da zufällig über ihr Versteck gestolpert war. Anscheinend war die Person, die sie entdeckten, nicht allzu bedrohlich, denn sie entspannten sich ein wenig, blieben aber auf der Hut, was bedeutete, dass es nicht der Chef war, aber auch nicht jemand, den sie kannten. Der Mann zog noch einmal ausgiebig an seiner Zigarette und verschwand dann hastig – der Schreck hatte ihm wohl den Nikotinrausch ruiniert. Die Frau blieb, wo sie war, beäugte den neuen Gast aber von oben bis unten, wie sie es vorhin auch bei mir gemacht hatte. Ich drehte mich immer noch nicht um, teils, weil es mir gleichgültig war, aber hauptsächlich, weil ich es ohnehin schon wusste.
»Hi«, sagte er und stellte sich so dicht neben mich, dass unsere Schultern sich berührten.
»Ich spreche nicht mit dir«, erwiderte ich und starrte stur geradeaus. Nun ahnte die Frau eine pikante Situation und machte es sich mit dem Rest ihrer Zigarette gemütlich.
»Ich hab dir doch gesagt, es wird schwerer, als du denkst«, sagte er leise. »Aber keine Sorge, wir schaffen das.«
»Na klar«, sagte ich und wandte mich
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