Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)
Hörweite war.
„Der war es wohl nicht“, meinte Patrick ein wenig enttäuscht.
„Nein, das glaube ich auch nicht! Aber dennoch war seine Aussage interessant, dass er die Eltern für fähig hält, auch wenn er keinen Grund genannt hat, der mich überzeugt. Auch dass er keinen gesehen hat, der mit Esther aneinander geraten wäre oder ein besonderes Augenmerk auf sich geworfen hat. Ich bin der festen Überzeugung, dass uns diese Aussage vielleicht noch mal helfen wird, auch wenn sie im ersten Moment keine Hilfe bietet. Was denkst du, Alexandra?“
„Dass der Lord ein großer Schnösel ist, der von seinen Eltern zu lange verhätschelt wurde!“
„Alexandra!?“ wunderte sich mein Vater über meine Wortwahl.
„Nein, ich denke auch, dass er es nicht war. Ihm ging es viel zu sehr darum, zu beweisen, dass er mit der Sache nichts zu tun hat. Auch weil er ahnte, dass er der bisher einzige war, der ein Motiv hat, auch wenn es nur ein sehr schwaches ist.“
„Ich bin ganz deiner Meinung“, sagte mein Vater. „Er hat weder ein richtiges Motiv noch glaube ich, dass er der Vater des Kindes ist. Warum sonst hätte Esther ihn als Vater sonst verschwiegen? Damit hätte sich die ganze Familie besser stellen können! Und dass er, selbst im angetrunkenen Zustand, die Tochter eines Barons umbringt, glaube ich nicht.“
„Ich denke, dass wir auch bei dem älteren der beiden Offiziere – wie hieß der noch gleich?“ fragte ich.
„Tom McCullough!“ antwortete Patrick.
„Genau! Ich denke, dass wir auch bei Tom McCullough nichts Interessantes finden werden!“
„Das ist durchaus möglich, aber wir sollten das nicht leichtfertig behandeln“, gab mein Vater zu Bedenken. „Selbst der offensichtlichste Fall kann seltsame Lösungen haben – und dies ist kein offensichtlicher Fall!“
Im gleichen Moment tauchten Schritte auf der Treppe auf, die den herankommenden Thomas McCullough ankündigten. Etwas steif in seinen Bewegungen, aber mit der nötigen Eleganz versehen, trat der Offizier vor uns und verbeugte sich leicht, um seine Anwesenheit auch förmlich zu unterstreichen.
„Mir wurde gesagt, dass ich mich hier an Ort und Stelle einfinden solle“, sagte er.
„Das ist richtig, Mr. McCullough“, antwortete mein Vater und wir baten den Offizier, uns alle in seinem Zimmer zurückzuziehen.
Zunächst war der gegenüber Lord Albright III. um zehn Jahre ältere Offizier zurückhaltend, doch dann schritt er stramm voran, öffnete sein Zimmer und ließ uns eintreten, ehe der die Türe hinter uns schloss.
„Wieso schließen Sie die Türe?“ fragte mein Vater auch sofort.
„Ich dachte, dass Sie möchten, dass uns niemand zuhört!“
„Alle Gäste sind doch im Moment im Speisesaal – und da meine Frau und Elle uns sofort Bescheid geben, wenn sich irgendetwas Seltsames tut, können wir sicher sein, dass uns niemand zuhört. Sie können die Türe also wieder aufmachen!“
Der Offizier öffnete ohne Widerspruch wieder die Türe, und ich merkte, dass Tom McCullough angespannter war als wir es erwartet hätten. Auch mein Vater spürte die Anspannung und entschied sich, zunächst ein wenig durch das Zimmer zu streifen, einige Sachen hochzuheben, manches zu verrücken und tat so, als würde er alles genauestens durchsuchen. Dabei beobachtete ich den Offizier sehr genau und merkte sofort, dass dieser sich umso mehr anspannte, je näher mein Vater den beiden Koffern und insbesondere dem Seesack kam, die direkt unterhalb des Fensters vor der schweren Gardine lagen.
„Sie wirken mir nicht gerade wie jemand, der eine Siebzehnjährige umbringt!“ begann mein Vater und selbst ich war über den reizenden Unterton erstaunt.
„Ich habe sie auch nicht ermordet, falls Sie das behaupten wollen!“
„Ich behaupte das nicht!“
„Sondern?“
„Ihr Freund und Kamerad – Thomas Lord Albright!“
„Das hat er nicht!“ keifte Tom McCullough zurück. „Ich habe eben noch mit ihm gesprochen und er hat mir gesagt, dass er nichts gesagt hat, was mich oder ihn belastet.“
„Vielleicht hat er Sie angelogen, um sich selbst zu schützen!“ meinte mein Vater und tat wieder so, als würde er sich für das Bett des Offiziers interessieren.
„Sie haben nichts in der Hand gegen mich – und Thomas hat nichts gesagt!“
„Was verbergen Sie vor uns?“ fragte mein Vater unvermittelt. „Wenn Sie nicht den Mord an Esther begangen haben, so muss es einen anderen Grund geben. Ich kann auch das ganze Zimmer durchsuchen, alles auf den
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