Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)
was hätten die beiden anderes antworten sollen, als dass sie im eigenen Zimmer geschlafen haben. Alle im Hotel haben geschlafen und für alle ist das ein Alibi – und doch keins.“
„Messerscharf analysiert“, sagte mein Vater und schenkte mir ein anerkennendes Lächeln. „Ich sehe das ganz genauso. Entweder waren es die Eltern, die aber kein Motiv haben, insoweit die Aussagen zum größten Teil der Wahrheit entsprechen. Oder es war der Vater des Kindes, der herausgefunden hat, wo sich die Familie im Urlaub befindet und daher vor Ort ist. Oder als letzter Fall bleibt die Möglichkeit offen, dass der Mord mit dem Geschehen rund um die Familie des Barons nichts zu tun hat. Was das ganze nicht einfacher machen würde, und wir ein wenig auf den Zufall angewiesen wären!“
„Auf jeden Fall bin ich mir ganz sicher“, meinte Patrick, „dass das Verschwinden des Messers ein Schlüssel ist, das Rätsel zu lösen.“
„Das kann gut möglich sein“, meinte mein Vater, „aber ich sage dir gleich, dass wir in diesem Punkt bisher noch weniger Anhaltspunkte haben als für die anderen offenen Fragen. Daher sollten wir unsere Kraft nicht zu sehr in Theorien und Pläne stecken, sondern mit der Befragung weitermachen.“
„Nehmen wir uns jetzt die beiden Offiziere vor?“ fragte Patrick und schien eine gewisse Ungeduld zu verspüren.
„Können wir machen – ich wollte die beiden zwar noch einige Momente schmoren lassen, aber da sie sich jetzt beruhigt haben, ist es vielleicht der richtige Zeitpunkt, vernünftige Aussagen von den beiden zu erhalten.“
Mein Vater verließ uns und ging zurück in den Speisesaal und kam mit dem jüngeren der beiden Offiziere zurück, fragte ihn, wo sein Zimmer sei, und wir gingen alle hinter dem jungen Mann hinterher. Dort angekommen, öffnete der angehende Offizier seinen Raum und bat uns nicht nach drinnen, trat aber selbst ein. Wir erlaubten uns, ebenfalls einzutreten – auch ohne förmliche Einladung.
„Haben Sie etwas dagegen, wenn wir Ihr Zimmer durchsuchen“, fragte mein Vater.
„Nein, machen Sie ruhig – Sie werden sowieso nichts finden!“ behauptete der junge Mann, dessen voller Name Thomas Lord Albright III. lautete, wie wir von ihm erfuhren.
„Dann wollen wir es nicht durchsuchen“, meinte mein Vater und schien Misstrauen gegen Vertrauen tauschen zu wollen.
„Sie können aber gerne“, meinte der junge Lord und begann selbsttätig die Schranktüren zu öffnen.
Auch wenn mein Vater es eigentlich abgelehnt hatte, ließ er sich jetzt alles vorführen und achtete darauf, dass ihm der Offizier auch alles zeigte. Bald war die Durchsuchung fertig und das Vertrauen in die Aussage des Offiziers gestärkt, als mein Vater sich direkt zu Lord Albright stellte und in von Angesicht zu Angesicht befragte.
„Sie müssen zugeben, Lord Albright, dass es verdächtig anmutet, dass Sie ein Tête-à-tête mit Esther beginnen wollten, dieser Annäherungsversuch durch den Vater rigoros abgelehnt wurde und das junge Mädchen jetzt tot ist!“
„Ich kann verstehen, wenn Sie den Streit gestern Abend als Motiv zu einem Mord ansehen, aber ich schwöre Ihnen bei meiner Ehre als Lord und angehender Offizier, dass ich nichts mit dem Mord zu tun habe!“
„Woher wissen Sie, dass es sich um einen Mord handelt und nicht um einen Selbstmord oder Unfall?“
„Im Speisesaal wird überall herumgetratscht, dass es sich um einen Mordfall handelt. Und wenn man Ihre Worte dazu nimmt…“
„Gut, ich sehe ein, dass diese Frage nicht Ziel führend war!“ zog mein Vater zurück. „Eben schworen Sie bei Ihrer Ehre, dass Sie nichts mit dem Mord zu tun haben. Wenn ich Ihre Ehre aber mal an dem bemesse, wie Sie sich die letzten Tage verhalten haben, dann…“
„Verstehen Sie mich bitte, Mr. McAllister“, meinte der Offiziersanwärter in einem merklich veränderten Tonfall, in dem ich seine aufkommende Unruhe spürte. „Ich muss bald zur See – das erste Mal in meinem Leben, dass ich allein auf mich selbst gestellt sein werde. Ich werde dann zwar Offizier sein und bin Lord, aber ich muss mir selbst zugestehen, dass ich nicht frei von Angst bin. Daher haben mein Freund, Mr. McCullough, und ich die letzten Abende einen zu viel getrunken und waren nicht ganz Herr unserer Sinne!“
„Wie diese Nacht, in der Sie Esther umgebracht haben“, klagte ihn mit einem Mal Patrick an und erntete dafür einen überaus strafenden Blick meines Vaters, der ihn sogleich schweigen ließ.
„Ich habe die
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