Ein Mord am Ende der Welt. Kriminalroman. (German Edition)
ihr, nahm die Weinende in meine Arme und spürte, wie schnell sich mein Kleid an der Stelle mit den heißen Tränen vollsog, wo sie ihren Kopf hatte.
„Das ist eine Tragödie“, meinte auch Mr. Howell. „Wir müssen auf jeden Fall den Diebstahl aufklären – koste es, was es wolle. Denn wenn wir auch bisher unsere Gäste mit kleinen Präsenten oder Preisnachlässen zum Hierbleiben überreden konnten, so können wir nichts gegen die Gerüchte machen, dass in unserem Hause geklaut wird!“
„Und Sie, Francis, haben Sie nichts dazu zu sagen?“ fragte mein Vater ganz provokativ, als alle schwiegen.
„Sie sind der Meinung, Mr. McAllister, dass einer von uns dreien mit dem Diebstahl etwas zu tun hat – neben Pete! Nicht wahr?“
„Es ist nicht so, dass ich das nicht denke, denn ich muss sagen, dass natürlich der Besitzer und die Bediensteten des Hotels am ehesten wissen, mit welchen Gästen sie es zu tun haben. Und das Dienstmädchen in den Zimmern für Ordnung sorgen, ist auch ein Indiz dafür, dass sie wissen, wo wer was an Wertgegenständen liegen hat.“
„Sie verdächtigen mich?“ regte sich Teresa plötzlich auf, indem sie ihren Kopf von meinem Kleid nahm.
„Nicht direkt“, antwortete mein Vater. „Aber angenommen, Sie sprechen mit Francis oder Mr. Howell, die merken sich etwas und wissen, wonach sie in den Zimmern zu suchen haben. Eigentlich macht man sich als Dienstmädchen auch keine Gedanken, dass Berichte über den Wohlstand eines Gastes zum Diebstahl führen können.“
„Ich rede nie über das, was ich in den Zimmern sehe!“
„Das glaube ich Ihnen sogar, Teresa! Deswegen ist es aber auch von Nöten, die Zimmer in der Nacht nach Wertgegenständen zu durchsuchen!“
„Und als der Dieb das Collier auf der Kommode sah, hat er zugegriffen!“ schloss Mr. Howell.
„Ja, so wird es gewesen sein. Ich denke, dass die Zimmer zwar von fast allen Gästen durchsucht werden, aber nur dann wirklich etwas entwendet wird, wenn es sich auch lohnt!“ erklärte mein Vater, und ich suchte erneut nach Informationen in den Gesichtern der drei.
„Und warum kommen Sie ausgerechnet auf Pete?“ wollte Mr. Howell von meinem Vater wissen.
„Weil es jemand sein muss, der gewisse Befugnisse in diesem Hotel hat, sich niemand wundert, wenn man ihn trifft, und wer weiß schon so genau, was Pete den ganzen Tag macht? Manchmal taucht er wie aus dem Nichts auf und verschwindet auch wieder aus einer Runde, ohne dass jemand gesehen hat, dass er verschwunden ist. Der typische Fall eines Diebes, der sein Anschleichen und Verdrücken auch in seinem normalen Leben nicht unterdrücken kann.“
„Der alte Pete, der sich kaum mehr bewegen kann?“ wunderte sich Francis und tat dass für meinen Geschmack etwas zu auffällig.
„Der alte Pete kann sich auf jeden Fall besser bewegen als wir alle, die wir hier sind“, sagte mein Vater. „Jeder Dieb spielt seine Rolle so gut er kann – doch wenn es darauf ankommt, bewegt er sich wie eine Katze!“
„Das will man sich gar nicht vorstellen!“ kommentierte Mr. Howell. „Aber ich wundere mich schon ein wenig, dass noch niemand die Durchsuchung der Zimmer mitbekommen hat, ich meine, dass noch niemand davon aufgewacht ist!“
„Genau das ist einer der Punkte, für die Pete kaum verantwortlich sein kann!“ stellte mein Vater in den Raum, „denn als wir bestohlen wurden, hatte ich mich auf den Dieb vorbereitet, wartete in meinem Bett, lauerte auf Schritte oder die Geräusche eines Einbruchs, doch mit einem Mal überkam mich eine Müdigkeit, gegen die ich machtlos war. Ich hatte ein langsam wirkendes Schlafmittel verabreicht bekommen, das sich nur im Getränk oder im Essen befinden konnte. Zur Vorsicht hatte ich den Wein an Patrick abgetreten, damit, sollte das Mittel in ihm versteckt sein, ich die Nacht über wach bleiben würde, doch dass es im Essen war, hatte selbst ich nicht erahnt. Ich schlief also tief und fest und bekam nicht mit, wie letzte Nacht das Collier von der Kommode gestohlen wurde, das ich dort extra als Köder platziert hatte.“
Genau in dem Moment, als mein Vater sagte, dass das Schlafmittel im Essen gewesen sein musste, traten Mr. Howell und Teresa einen Schritt von Francis zurück und blickten diesen fassungslos an.
„Also ich hätte mir viel vorstellen können“, sagte Mr. Howell mit einer Mischung aus Empörung und Entrüstung, „aber dass du, Francis, etwas damit zu tun hast, hätte ich nie gedacht.“
„Wie konntest du nur, Francis!“
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