Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition)
Mrs. Scott. »Aber nein. Ich habe keine an mich gerichtete und von Miss Marchwood verfasste Note erhalten.«
»Pritchard sagt, er hätte sie Ihnen am Sonntagabend zugestellt, sobald er nach Clapham zurückgekehrt wäre.«
»Pritchard kam zu mir ins Haus«, verbesserte sie mich entschieden, »doch er brachte mir keine Note. Entweder irrt er sich, oder er hat diese Geschichte aus irgendeinem Grund, den nur er weiß, erfunden. Er hat mit mir gesprochen und seinen Befürchtungen Ausdruck verliehen. Er suchte meinen Rat. Er war besorgt wegen Miss Marchwood und auch, weil, wie ich Ihnen sagen muss, Ihre Frau ein unbotmäßiges Interesse an dieser Sache zu haben schien.«
Ich ignorierte den verschlagenen Hinweis, dass Lizzie in gewisser Hinsicht schuld war am Tod von Isabella Marchwood. »Ihnen wurde klar, dass weder Sie noch Pritchard jemals sicher sein konnten, dass Miss Marchwood nicht über die Verschwörung reden würde, die Sie ausgebrütet hatten«, sagte ich.
»Mir wurde klar, dass sie unzuverlässig war, richtig«, stimmte sie zu. »Ein schwacher Verstand, fürchte ich, und kein Rückgrat. Ich befürchtete, Ihre Frau könnte sie zum Reden bringen.«
»Und deswegen sagten Sie zu Pritchard, dass sie niemals Ihr Haus erreichen dürfte.«
»Das behauptet er also?«, erwiderte sie und musterte mich aufmerksam.
»Das behauptet er«, sagte ich ungerührt. »Pritchard hat seine Befehle erhalten, genau wie bei der vorangehenden Gelegenheit, und alles darangesetzt, sie auszuführen.«
»Sie irren sich. Ich habe Pritchard beruhigt und ihm versprochen, dass ich mit Miss Marchwood reden und ihr noch einmal eindrücklich klarmachen würde, dass sie unter keinen Umständen reden dürfte. Das hatte ich jedenfalls vor.«
»Und das wollten Sie tun, als sie am Montagmorgen vor Ihrer Tür stand?«
Sie durchschaute meinen Trick und lächelte verkniffen. »Es gab kein derartiges Arrangement«, sagte sie. »Weder eine Note auf einem Flugblatt noch eine mündliche Verabredung noch sonst irgendetwas. Das habe ich Ihnen bereits gesagt. Das ist alles eine Erfindung von Pritchard.«
Ich drängte weiter. »Er hat der Polizei die Abfolge seiner Handlungen an jenem Tag in allen Einzelheiten beschrieben. Nachdem er die wehrlose Miss Marchwood erdrosselt hatte, stieg er in Clapham aus dem Zug. Er entfernte sich in aller Ruhe zusammen mit den übrigen Passagieren und ließ die Leiche der armen Frau im Waggon zurück. Er begab sich in sein Geschäft und wieder an die Arbeit. Die Leiche wurde erst entdeckt, als der Zug in Waterloo angekommen war. Das muss Ihnen und Pritchard doch wie ein unerwarteter Glücksfall vorgekommen sein.«
»Sie wäre jedenfalls jetzt noch am Leben, wenn sie einen kühlen Kopf bewahrt hätte«, sagte Mrs. Scott wegwerfend. »Und wenn sie Pritchard nicht so erschreckt hätte.«
Sie glättete mit vorsichtiger Hand eine Falte in ihrem Kleid. »Als Ihre Frau so unerwartet zu mir kam an jenem Dienstagmorgen, mit der Nachricht vom Tod Isabellas, war das das erste Mal, dass ich von ihrem Tod hörte. Ich habe es sehr bedauert. Mir wurde bewusst, dass Pritchard sich wohl hatte mitreißen lassen und einen Schritt zu weit gegangen war. Falls es tatsächlich Pritchards Werk war, heißt das.«
»Sie zeigen sich sehr unbeeindruckt von alledem, so viel steht fest«, sagte ich. »Was ist mit dem Mädchen, Clarissa Brady? Wussten Sie, dass Pritchard auch hinter ihrem Tod steckte?«
Bis zu diesem Moment hatte ich ihr nichts verraten, was sie nicht längst wusste, ob sie nun bereit war oder nicht, es zuzugeben. Doch jetzt nannte ich einen neuen Namen, und ich erkannte für einen Augenblick, dass sie überrascht war. »Wer ist das?«, fragte sie. Zum ersten Mal schlich sich so etwas wie Unruhe in ihre Stimme.
»Sie war Pritchards erstes Opfer, eine Prostituierte. Er übte an ihr seine Methode des Erdrosselns, bevor er Allegra Benedict auf die gleiche Weise umbrachte. Er warf den Leichnam in die Themse, aus der sie später von der Flusspolizei geborgen wurde.«
»Ich weiß von alledem nichts!«, dementierte sie aufgebracht. »Eine Prostituierte, sagen Sie? Woher soll ich etwas von einer Prostituierten wissen?«
»Wissen Sie etwas darüber, dass Pritchard die Angewohnheit hatte, sich in ein Leichentuch zu hüllen und in nebligen Nächten die Straßenmädchen zu erschrecken, die in der Nähe des Flusses arbeiten, indem er ihnen die Hände um den Hals legte?«
Sie sah mich verwirrt an. »Warum sollte er so etwas tun?«
»Er
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