Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition)
seine Erinnerung.
Doch nehmen wir für einen Moment an, dass seine Erinnerung nicht schlecht, sondern ganz im Gegenteil ausgezeichnet ist. Der Grund, aus dem Barnes sich nicht an zwei Ladys erinnern kann, die nach einer Droschke gefragt haben, wäre in diesem Fall, dass sie keine derartige Bitte an ihn gerichtet haben . Die Kundschaft der Burlington Arcade ist wohlhabend und mit entsprechender Zuvorkommenheit zu behandeln. Barnes’ Aufgabe, abgesehen davon zu verhindern, dass unerwünschtes Volk die Burlington Arcade betritt, besteht in erster Linie darin, die zahlende Kundschaft zufriedenzustellen. Er würde sicherlich nicht behaupten, dass ein Kunde eine Lüge erzählt. Oder vielleicht erinnert er sich tatsächlich nicht. Es war ein chaotischer Nachmittag. Wie dem auch sei, seine Aussage trägt nicht gerade zur Untermauerung der Geschichte bei, die Isabella Marchwood mir erzählt hat, nämlich, dass sie den Ordner gebeten hätten, ihnen eine Droschke zu besorgen. Ich dachte zuerst, Barnes hätte uns nichts zu erzählen, doch im Gegenteil. Indem er nichts erzählt hat, haben wir eine Menge erfahren.«
»Wird diese Isabella Marchwood alles zugeben?«, fragte Dunn gelassen, als mir schließlich Dampf und Argumente ausgegangen waren. Er wirkte vollkommen unbeeindruckt von meiner messerscharfen Logik, um nicht zu sagen ausgesprochen skeptisch.
Das war kaltes Wasser für meinen Enthusiasmus. Ich musste einräumen, dass es extrem unwahrscheinlich war.
»Ich bezweifle es, Sir. Wie könnte sie? Sie würde sich selbst kompromittieren und hätte keine Möglichkeit, sich vor Benedicts Zorn zu schützen. Nein, sie wird behaupten, der Ordner hätte es vergessen … genau wie Barnes selbst es sagt. Sie wird behaupten, der Junge hätte sich verhört. Sie wird sagen, sie wären in Sorge gewesen, zu spät nach Hause zu kommen, wo Benedict auf sie wartete. Und sie wird sagen, sie und Mrs. Benedict hätten darüber gesprochen, zur Galerie zu gehen, was sie schließlich auch getan hätte.« Ich schlug mit der geballten rechten Faust in meine linke Hand. »Sie wird für alles eine fertige Antwort parat haben. Trotzdem. Ich wusste gleich, dass die Marchwood uns nicht die ganze Wahrheit gesagt hat.«
»Nein, Ross, Sie wissen es nicht. Sie haben eine Theorie, das ist alles. Wohlgemerkt, ich sage nicht, dass Sie nicht auf der richtigen Fährte sind …« Dunn hob eine massige Hand, um einem weiteren Wortschwall von meiner Seite zuvorzukommen. »Sie müssen Ihren besorgniserregenden Enthusiasmus dämpfen, wissen Sie? Wir müssen vorsichtig zu Werke gehen. Behalten Sie Ihre Erkenntnisse erst einmal für sich, seien Sie so gut. Wir wollen schließlich nicht, dass Benedict hier hereingestürmt kommt und uns beschuldigt, den Namen einer unschuldigen Frau in den Dreck zu ziehen. Wir müssen erst völlig sicher sein, Ross.«
Genau das war der Knackpunkt. Es war nämlich überhaupt nicht sicher – außer, dass ich gerade erst am Anfang dieses Rätsels stand. Ich nickte betreten.
KAPITEL SECHS
Elizabeth Martin Ross
»Nun denn, Bessie«, sagte ich. »Wir müssen diskret sein, du und ich. Du weißt doch, was ›diskret‹ bedeutet?«
Wir saßen am Küchentisch. Zwischen uns stand ein dampfender brauner Teepott aus Keramik mit zwei dazu passenden Tassen. (Es war das Alltagsgeschirr, nicht das für Festtage.) Dazu zwei Teller mit Obstkuchen. Das Rezept war ein Spezielles von Mrs. Simms, der Köchin meiner Tante Parry. Sie hatte es Bessie großzügig überlassen, als diese von Tante Parry weggegangen war, mit der Auflage, es ihrerseits unter keinen Umständen weiterzugeben.
»Aber natürlich weiß ich das, Missus«, sagte Bessie erhaben. »Es bedeutet, dass wir niemandem sagen, was wir tun.« Sie musterte mich unter halb gesenkten Augenlidern. »Ganz besonders nicht dem Herrn Inspector nicht.«
»Ja, äh, ich meine, nein«, verbesserte ich mich hastig. »Ich werde entscheiden, was wir dem Inspector verraten und was nicht.«
»Und ich sage überhaupt nichts«, schloss Bessie vergnügt. »Soll ich uns jetzt ein Stück von diesem Kuchen abschneiden, Missus, oder wollen Sie das machen?«
»Ich mache das. Du hast einen sehr hübschen Kuchen gebacken, Bessie.« Vorsichtig schnitt ich zwei schmale Stücke und legte eines auf jeden Teller.
Bessie glättete ihre Schürze und lächelte. »Wie schön, dass wir auch einmal so eine Teegesellschaft machen.«
»Es ist ein Kriegsrat, keine Teegesellschaft, Bessie«, entgegnete ich. »Wir
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