Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition)
schmieden einen Plan, du und ich.«
»Was immer Sie sagen, Missus«, kam die undeutliche Antwort durch einen Mund voll Kuchen.
»Von jetzt an legen wir alles zusammen, was wir wissen. Beispielsweise wirst du mir jetzt alles erzählen, was du über diese Miss Marchwood weißt und alle anderen, die zu den Temperenztreffen gehen.«
Vielleicht war es nicht richtig von mir, sie zum Schwatzen zu ermutigen, doch wie Ben immer sagt, ein Detektiv muss Fragen stellen und darf nicht empfindlich sein, was die Regeln der Höflichkeit anbelangt, sonst erfährt er nie etwas. Trotzdem. Hier war ich nun und hatte Bessie soeben gesagt, dass wir diskret sein müssten, und kaum einen Atemzug später munterte ich sie zum genauen Gegenteil auf.
»Aber ich hab doch schon alles gesagt«, antwortete Bessie. »Miss Marchwood kommt mit dem Zug nach London und bringt immer Kekse mit. Ich weiß nichts über sie, außer, dass sie Gesellschafterin einer Dame ist – genau wie Sie, bevor Sie den Herrn Inspector geheiratet haben.«
»Und woher weißt du, dass sie eine Gesellschafterin ist?«, fragte ich. »Hat sie es dir verraten?«
Bessie schnaubte. »Nein, i wo! Sie redet nicht mit mir. Höchstens im Befehlston: ›Hol noch mehr Milch, Bessie!‹ Aber sie redet mit Mrs. Scott, verstehen Sie, und ich höre zu. Deswegen weiß ich auch, dass Mrs. Scotts Ehemann Soldat war und in Indien am Fieber gestorben ist. In einer Stadt mit einem komischen Namen. Lucky irgendwas.«
»Lucknow?«
Bessie nickte. »Kann sein. Ich fand es eigenartig und ein wenig traurig, dass der arme Mann in einer Stadt sterben musste, die so einen Namen hat.«
War Scott während der berühmten Belagerung von Lucknow im Zuge der großen Meuterei vor einem Jahrzehnt gestorben?, sinnierte ich. Falls ja, dann war Mrs. Scott schon in frühen Jahren zur Witwe geworden. War sie ebenfalls in der Stadt eingeschlossen gewesen, wie viele andere Soldatenfrauen? Die arme Frau. Ich war geneigt, über ihr Misstrauen gegen mich hinwegzusehen, wenn sie so viele Gefahren und Schwierigkeiten durchgestanden hatte.
»Nimmt Mrs. Scott Mr. Fawcett regelmäßig in ihrem Gespann mit, wenn sie die Treffen verlässt?«
»Ziemlich regelmäßig, ja«, sagte Bessie. »Ich hab die beiden schon ein paarmal zusammen wegfahren sehen, Missus. Ich glaube, Mr. Fawcett logiert nicht weit vom Haus von Mrs. Scott entfernt.«
»Wie steht es mit Miss Marchwood? Nimmt Mrs. Scott sie auch gelegentlich mit?«
Bessie schüttelte den Kopf. »Nicht, dass ich wüsste. Ich hab es jedenfalls noch nie gesehen. Mrs. Scott wohnt in Clapham.«
»Woher weißt du das?«
»Weil ich einmal zufällig gehört habe, wie sie mit Mr. Fawcett geredet hat«, antwortete Bessie gelassen. »›Ich hoffe doch, dass Sie bei meiner nächsten Swarree in Clapham erscheinen?‹, hat sie gesagt.«
»Swarree?«, fragte ich vorsichtig.
»Das ist eine Art Party«, erklärte Bessie.
»Ah, eine Soiree !«, rief ich.
»Hab ich doch gesagt. Swarree«, wiederholte Bessie ein wenig ungeduldig wegen meiner ständigen Einwürfe. »Und ich weiß auch, dass sie ein großes Haus hat, ein sehr vornehmes Haus. Mr. Pritchard hat es mir erzählt.«
»Mr. Pritchard war ebenfalls zu einer dieser Soireen eingeladen?«, fragte ich überrascht. Ich konnte mir Mr. Fawcett vorstellen, mit seinen taubengrauen Hosen und der Seidenkrawatte, wie er die Gäste auf einem solchen Fest verzückte, aber nicht den kleinen Mr. Pritchard mit seinen über den Schädel gekämmten und mit Schmalz angepappten dünnen Haaren.
»O nein!«, sagte Bessie laut lachend. »Nein, nein. Mr. Pritchard benutzt nur den Dienstboteneingang. Er wird nicht eingeladen. Er ist der Metzger von Mrs. Scott. Beliefert den Haushalt.« Bessie beugte sich vertraulich vor. »Er sagt, es sei wirklich ein sehr schönes Haus voller wunderschöner Dinge.«
»Ich würde doch denken, dass ein Metzger nicht weiter kommt als bis zur Küche?«, warf ich ein.
»Er hat durch die Fenster gespäht. Und eines Tages, als er gerade gehen wollte, sah er ein Fuhrwerk kommen und einen sehr schicken Gentleman aussteigen. Er hatte lange schwarz gelockte Haare bis zu den Schultern und sah aus wie ein Pirat , das sind die Worte von Mr. Pritchard. Er trug ein großes flaches Paket, eingewickelt in braunes Papier. Mr. Pritchard glaubt, es war ein Bild. Das Haus ist voll mit Bildern. Er hat sie durch die Fenster gesehen. Überall Bilder.«
Das würde Ben sicherlich interessieren.
»Das war doch schon
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