Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition)
Offizier. Dann wurde sein Verhalten etwas unsicherer. »Was nicht heißt, dass sie nicht da waren, Sir! Aber die Burlington Arcade ist immer gut besucht, wenn Sie verstehen.«
»Die betreffenden Damen haben sich an einen der Ordner gewandt, um eine Droschke herbeizuwinken«, half ich ihm weiter.
»Gut möglich, Sir. Aber ich kann es beim besten Willen nicht genau sagen. An jenem Nachmittag wurde ich von den verschiedensten Leuten gebeten, eine Droschke herbeizuwinken, Ladys und Gentlemen gleichermaßen. Viele Ladys kommen her, um in den Arkaden einzukaufen. Doch an jenem Nachmittag war es wie verhext. Nicht eine einzige Droschke war zu haben, nirgendwo. Ständig kamen Leute aus dem Nebel und stellten Fragen. Die meisten hatten sich verlaufen, und einige wussten überhaupt nicht, wo sie waren. Tut mir leid, Gentlemen, wenn ich Ihnen nicht mehr helfen kann.«
Wir entfernten uns ein wenig.
»Zu schade, wirklich«, brummte Morris.
»Was ist mit dem Juwelier?«, fragte ich gereizt. »Wie steht es mit seinem Gedächtnis?«
»Er hat bestätigt, dass Mrs. Benedict und ihre Gesellschafterin am Samstagnachmittag in seinem Laden waren, Sir. Er kennt Mrs. Benedict, und es besteht kein Zweifel an ihrer Identität. Ich fragte ihn, ob er sich erinnere, warum die beiden Damen bei ihm gewesen seien, und er antwortete, es sei um eine Brosche gegangen, die Mrs. Benedict umarbeiten lassen wollte. Ich fragte ihn, um welche Zeit sie das Geschäft verlassen hätten, und er meinte, es müsse gegen halb fünf gewesen sein. Genauer vermag er es nicht zu sagen.«
»Aber Angelis hat gesagt, dass Miss Marchwood erst um halb sechs in der Galerie ankam, und er ist sich absolut sicher, was die Zeit betrifft. Die Galerie ist wie weit von hier entfernt? Zehn Minuten, wenn überhaupt?«
»Bei gutem Wetter, Sir«, pflichtete Morris mir bei. »Im Nebel kann es durchaus länger dauern, und die Ladys sind nicht auf dem schnellsten Weg hierhergekommen.«
Ich stieß einen ärgerlichen Seufzer aus. »Ich wünschte, Tedeschi wäre genauso präzise mit seiner Antwort wie Angelis. Es sieht mehr und mehr danach aus, Morris, als gäbe es einen gewissen Zeitraum, den wir nicht belegen können. Ich muss Miss Marchwood noch einmal befragen, auch wenn ich glaube, dass es nicht weiterführt. Sie, Morris, fangen besser an, die Vermittlungen für Hauspersonal abzulaufen. Vielleicht finden wir wenigstens diesen Butler.«
Ich kehrte zum Scotland Yard zurück in der Absicht, einen Bericht, mein Gespräch mit George Angelis betreffend, für Superintendent Dunn zu verfassen. Als ich das Vorzimmer betrat, sah ich, dass es einen Besucher gab.
Er saß auf einem Stuhl und vertilgte einen großen Laib Brot mit einem Stück Käse, als hätte er den ganzen Tag noch nichts zu essen bekommen. Vielleicht war dies sogar zutreffend – er war ein zerlumpter, ungewaschener Straßenbengel von vielleicht zehn oder elf Jahren mit Stiefeln, die ihm viel zu groß waren. Neben ihm lag ein abgewetzter Filzhut auf dem Boden.
Constable Biddle saß an einem Tisch und starrte mit düsterem Blick auf den Knaben. Bei meinem Eintreten sprang er auf. »Der Straßenfeger, Sir, von der Piccadilly.«
»Gute Arbeit, Biddle«, sagte ich erfreut.
Biddle lief puterrot an.
Der Bengel sammelte die letzten Krümel Brot ein und stopfte sie sich in den Mund. Ohne mich zu beachten, wandte er sich an Biddle.
»Haben Sie noch mehr?«
»Nein, ich hab nichts mehr«, sagte Biddle unfreundlich. »Du hast mein ganzes Mittagsmahl aufgegessen, wenn du es genau wissen willst. Das dort ist Inspector Ross, also steh gefälligst auf und benimm dich!«
»Komm in mein Büro«, sagte ich zu dem Knaben.
Er klemmte sich den Hut unter den Arm und folgte mir. In meinem Büro angekommen, blickte er sich erst einmal ungeniert um.
Ich setzte mich hinter meinen Schreibtisch und hoffte, dass er beeindruckt war. Ich fürchtete allerdings, dass diese Hoffnung vergeblich war.
»Wie heißt du?«, fragte ich ihn.
»Charlie«, antwortete er.
»Charlie wie?«
»Nein!«, antwortete er entrüstet. »Da haben Sie den falschen. Sie suchen wahrscheinlich Percy Wie. Er kehrt aber in einer anderen Gegend, in Strand.«
»Ich meinte, wie du weiter heißt. Deinen Familiennamen«, sagte ich geduldig.«
»Ich hab keine Familie«, sagte der Knabe prompt.
»Aber du musst doch noch einen weiteren Namen haben außer Charlie?«
»Ach, das meinen Sie. Klar«, sagte der Junge endlich. »Die Leute rufen mich Charlie
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