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Ein nasses Grab

Ein nasses Grab

Titel: Ein nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Becher von einem Haken an der Wand, füllte ihn und probierte. Es schmeckte gut.
    Er kehrte in den Vorraum zurück. Heutzutage würde ein Immobilienmakler ihn wahrscheinlich als Frühstückszimmer bezeichnen, doch die einfachen Holzmöbel stammten aus einer Zeit, die von der einstudierten Pseudoeinfachheit moderner skandinavischer Kiefernmöbel noch nichts wusste. Diese Stühle drohten dem Unachtsamen noch mit echten schmerzhaften Splittern. Dalziel nahm vorsichtig Platz.
    »Was Sie da anhaben, gehört meinem Sohn!«, rief der Alte aus. »Ich erkenne die Sachen. Auch die Hausschuhe. Lieber Gott im Himmel, wie wenig Zeit es braucht.«
    »Meine Sachen waren nass«, erklärte Dalziel und dachte, dass jemand auch den Alten dazu hätte überreden müssen, seine Kleider zu wechseln. Der Regenmantel und der Schirm hatten nicht verhindern können, dass der untere Teil seiner Hosenbeine und seine Schuhe völlig durchnässt worden waren.
    »Es tut mir leid wegen Ihres Sohns«, sagte er.
    »Warum? Haben Sie ihn gekannt?«
    »Nein. Wie sollte ich? Ich bin nur zufällig hier.«
    »Das sagen
Sie
. Das sagen
Sie
. Männer kommen und Männer gehen, und alles rein zufällig. Kennen Sie Bonnie schon lange?«
    »Ihre Schwiegertochter? Ich kenne sie überhaupt nicht, Mr. Fielding«, beteuerte Dalziel. »Ich kenne niemanden hier.«
    »Nicht?« Der Nachdruck, mit dem Dalziel gesprochen hatte, schien den Mann beinahe zu überzeugen. Aber nur einen Augenblick lang.
    »Sie kommen doch nicht etwa von Gumbelow?«, fragte er plötzlich. »Oder vom Fernsehen? Das Fernsehen habe ich mir ausdrücklich verbeten.«
    Dalziels Geduld wurde ohnehin bereits auf eine harte Probe gestellt, doch jetzt ging auch noch die Tür auf, und der beleibte Jüngling, der wohl Bertie Fielding war, trat ein. Er nahm von den Anwesenden keine Notiz und ging direkt nach hinten in die Küche, aus der er einen Moment später wiederkam und Dalziel anklagend ansah.
    »Das ist mein Becher. Sie haben meinen Becher genommen.«
    Dalziel blies auf seine Suppe, bis er die kleinen Fettäuglein in panische Bewegung versetzt hatte.
    »’tschuldigung«, sagte er.
    Bertie wandte sich wieder um und kehrte an den Herd zurück.
    »Mein Enkel ist ein richtiger Rüpel«, sagte Mr. Fielding traurig.
    »Woher hat er das bloß?«, antwortete Dalziel.
    Bertie kam zurück und trank seine Suppe aus einem Becher, der genauso aussah wie Dalziels.
    »Ich habe gehört, Charley hat Ihren Koffer versenkt«, sagte er, jetzt deutlich liebenswürdiger. Wie ein Baby, dem es eigentlich nichts ausmacht, welcher Sauger letztendlich in seinem Mund landet, dachte Dalziel.
    »Mr. Tillotson? Aye, da gab’s ein bisschen Ärger«, antwortete er.
    »Das war klar«, sagte Bertie boshaft. »Charley ist der lebendige Beweis für die Launen des Schicksals. Sieht aus wie ein griechischer Gott, aber ihm geht es wie Monsieur Hulot.«
    »Mit der Symmetrie hapert’s noch ein bisschen«, spöttelte Mr. Fielding und erklärte Dalziel: »Bertie probt seine witzigen Schmähungen gern, bis er sie auswendig kann.«
    Bertie lächelte verärgert.
    »Erträgst du noch immer keine Konkurrenz in der Nähe des Throns, Grandpa?«
    »Konkurrenz?«, rief der Alte aus und richtete sich abrupt auf. »Seit wann betrachtet der Adler das Suppenhuhn als Konkurrenz? Oder die Antilope das Schwein? Guten Tag, Mr. Dalziel, wenn Sie mit unseren Angelegenheiten so wenig zu tun haben, wie Sie behaupten, ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass wir uns wiedersehen. Andererseits …«
    Steifbeinig verließ er den Raum, seine Schuhe schmatzten leise über den gepflasterten Boden.
    »Ihr Großvater scheint etwas aus der Fassung«, forschte Dalziel vorsichtig nach und schlürfte geräuschvoll seine Suppe.
    »Ja, das kommt in letzter Zeit öfter vor. Ich nehme an, das ist nicht ungewöhnlich, wenn einem das letzte überlebende Kind wegstirbt. Insbesondere weil er glaubt, dass ich es umgebracht habe.«
    Da ging die Tür wieder auf, und die Ankunft von Tillotson, Louisa Fielding, Uniff und dem Indianermädchen überdeckten Dalziels Überraschung und hielten ihn davon ab, Berties Bemerkung weiter nachzugehen.
    »Hallo«, sagte Tillotson. »Na, sind Ihre Sachen in Ordnung? Ich hoffe, sie haben keinen bleibenden Schaden davongetragen.«
    »Wenn dem so sein sollte«, sagte Dalziel, »werde ich Ihnen die Rechnung schicken.«
    »Recht so, Kapitän«, sagte Uniff. »Lassen Sie bloß nicht zu, dass er Ihnen mit seinem Gesäusel Ihre gesetzlichen Ansprüche

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