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Ein neues Leben auf dem Jakobsweg

Ein neues Leben auf dem Jakobsweg

Titel: Ein neues Leben auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manolo Link
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meinen Tag mit Kaffee und Toast in einer Bar. Für die nächsten Tage versprach der Wetterbericht nichts als Sonnenschein auf dem Camino. Für Galicien war Regen angesagt, aber soweit war ich ja noch nicht. Froh gelaunt startete ich nach dem Frühstück und wanderte friedlich meines Weges.
    Als ich den Ortseingang von Logroño, der Hauptstadt von La Rioja, erreichte, besuchte ich einen Friedhof, weil ich dort keltische Kreuze vermutete. In meiner Kindheit hatten Aufenthalte auf Friedhöfen mir Angst verursacht. Nun mochte ich sie, ihrer Stille wegen. Ich fand, wonach ich suchte. Seltsame Gefühle gesellten sich zu meiner Müdigkeit, als ich die keltischen Kreuze betrachtete. Ein jedes schien mir seine eigene Geschichte erzählen zu wollen. Wieder fühlte ich eine enge Verbundenheit zu den Kreuzen, deren Kreis in der Mitte Universelles, Unendliches ausstrahlt und ihnen etwas Sanftes verleiht. In jenem Moment tauchten Bilder von der keltischen Kultstätte am Heidenhäuschen bei Limburg in mir auf, wo mir alles bekannt vorgekommen war, obwohl ich diesen Ort zum ersten Mal betreten hatte. Dort bin ich hingeführt worden, dachte ich. Immer öfter stieß ich auf Spuren der Kelten. Was wollen sie mir nur sagen?
    Als ich den Friedhof verließ, traf ich auf Alice, die sichtlich erschöpft wirkte. Gemeinsam wanderten wir über den Ebro zur Herberge, in deren Innenhof sich schon einige Pilger aufhielten, die geduldig auf ihren Einlass warteten. Unter ihnen befand sich mein spezieller »Freund« Martin, der mich auch gleich ansprach: »Hallo Mano, hinten anstellen.«
    »Es ist selbstverständlich, dass wir uns am Ende der Schlange anstellen. Darauf brauchst du uns nicht hinzuweisen«, antwortete ich ihm mit Wut im Bauch. Wir setzten uns in den Schatten. Es dauerte eine Weile, bis wir Einlass fanden, unsere Betten zugewiesen bekamen und praktische Hinweise erhielten. Nach dem Duschen ging ich auf einen Kaffee in die Stadt. Irgendwie fühlte ich mich nicht gut. Weshalb das so war, wusste ich nicht so recht. Weil ich kein großes Interesse verspürte in einem Restaurant essen zu gehen, versorgte ich mich mit Dosenfisch, Käse, Schinken, Oliven und Brot.
    Nach dem Essen löste ich ein Versprechen ein. Ich setzte mich mit meinen Wanderschuhen in den Hof, befreite sie vom Staub und schmierte sie mit Lederbalsam ein. Meine Säuberungsaktion erregte die Aufmerksamkeit einer hübschen Pilgerin, die am Nachbartisch Karten beschrieb. »Das finde ich toll, dass du deine Schuhe putzt«, sprach sie mich an. »Ich habe es ihnen hoch und heilig versprochen, sie zu säubern. Es sind Lederschuhe, die sich hin und wieder über Balsam freuen.« Die Frau schenkte mir ein Lächeln und widmete sich wieder ihrem Schreiben. Nachdem ich meine Schuhe auf Hochglanz gebracht hatte, stellte ich sie vor den Schlafsaal zu den vielen anderen Paaren, die sich nun deutlich von den meinigen unterschieden. Ich legte mich früh ins Bett. Die Nacht war unruhig. Einige Schnarcher in dem überfüllten Schlafsaal raubten mir mal wieder den Schlaf.
    Am folgenden Morgen fand ich mich in einer Warteschlange vor der Toilette wieder. Am Waschbecken begegnete mir Martin, den ich kurz grüßte und ihm gleich signalisierte, dass ich keine große Lust auf ein Gespräch mit ihm verspürte. Ich war heilfroh, als ich endlich losgehen und meinem Ziel Santiago weiter entgegenstreben konnte. Die Hauptverkehrsstraße, die aus Logroño hinausführte, schien einfach kein Ende nehmen zu wollen. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis ich endlich eine Parkanlage außerhalb Logroños erreichte, wo ich eine Pause einlegen musste, weil ich mich total erschöpft fühlte. Selbst Bananen und Schokolade halfen an diesem Morgen nicht.
    Am Stausee Pantano de la Grajera, Logroños Naherholungsgebiet, bot mir ein älterer Mann mit einem langen grauweißen Bart Kekse, Marmelade und Äpfel an. Zum Abschied schenkte er mir einen Stein, auf dem ein gelber Pfeil und die Jahreszahl 2005 aufgezeichnet waren. Dieser sollte mir von nun an als Glücksbringer dienen.
    Es wurde wärmer und wärmer. Unter einem schattigen Baum machte ich Rast. Alice erschien. Gemeinsam wanderten wir nach Ventosa, wo wir die Herberge fast leer vorfanden. Wir blieben. Nach dem Duschen legte ich mich aufs Bett, fühlte eine tiefe Erschöpfung und kroch in meinen Schlafsack. Zwei Stunden später öffnete ich meine Augen und wunderte mich, dass ich so lange geschlafen hatte. Mein Körper war ausgelaugt. Am frühen Abend machte ich mich

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