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Ein neues Leben auf dem Jakobsweg

Ein neues Leben auf dem Jakobsweg

Titel: Ein neues Leben auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manolo Link
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Abmachung.
    Zehn Minuten später stieß ich auf einen Peregrino mit auffallend weißen Haaren. »Hallo«, begrüßte ich ihn. »Hallo«, antwortete er missmutig.
    »Können Sie vielleicht nachsehen, ob meine Hose schmutzig ist?«, fragte er mich.
    »Eine blöde Kuh hat mich in den Graben geschubst. Zum Glück ist mir nichts weiter passiert.«
    »Ihre Hose hat einen kleinen Flecken, nicht der Rede wert. Mich haben sie glücklicherweise verschont«, antwortete ich schmunzelnd.
    »Da bin ich aber froh, dass die Kühe Sie verschont haben«, presste er hervor.
    »Danke, ich auch. Buen camino«, verabschiedete ich mich.
    »Ja, ja, buen camino«, meinte er.
    Zum Glück ist ihm, außer einem Schrecken und Flecken auf der Hose, nichts weiter geschehen, dachte ich, als ich La Faba erreichte. An einem Brunnen erfrischte ich mich mit herrlich kühlem Wasser. Die Erfrischung hielt leider nicht lange an, bei den steigenden Temperaturen. Ich setzte mich auf eine Mauer und aß Brot. Ein beißender Gestank stieg in meine Nase. Nicht weit von mir suhlten sich dicke Schweine im Schlamm. Obwohl es nicht mein Lieblingsgeruch war, erinnerte er mich an meine Kindheit, in der ich mich mit Begeisterung auf Bauernhöfen aufgehalten hatte. Ich mochte die Tiere, das Stroh und die Traktoren. Vor allem liebte ich den Geruch von Erde nach dem Pflügen. Die Schweine nahmen es mir nicht übel, als ich sie bald wieder verließ. Leuchtendes Grün kündigte Galicien an. Eine Stunde später stand ich auf dem O Cebreiro, der sich auf 1.300 Höhenmetern befindet und den Besucher mit einer grandiosen Aussicht belohnt. Mir gefielen die runden Häuser mit den Strohdächern, die auf eine 2.500 Jahre alte keltische Bautradition zurückzuführen sind. Alleine das Wort Kelten löste tief in mir etwas aus, was ich nicht zu benennen wusste. Wenn ich mir ins Bewusstsein rief, dass die Kelten in dieser Gegend gelebt und die Druiden einen Teil ihrer bis zu 20jährigen Ausbildung hier erfahren hatten, dann berührte mich das tief. Druidenwelt, Land des Wissens, Mysterium der Sinne. Nordspanien war Keltenland. Nordspanien war Druidenland. Diese Gewissheit faszinierte mich mehr und mehr. Ich fühlte eine Verbundenheit zu ihrer Kultur. Die Druiden hatten einen direkten Draht zum Göttlichen, wie ich glaubte.
    Auf dem O Cebreiro befand sich einst eines der wichtigsten Pilgerhospitäler auf dem gesamten Jakobsweg. Um die Pfarrkirche rankt sich eine alte Legende. Ein Bauer kam an einem stürmischen Winterabend von seinem abgelegenen Hof in die Kirche, um an der heiligen Messe teilzunehmen. Weil der Pfarrer sich geringschätzig über die Anstrengungen des Bauern äußerte, bei so schlechten Witterungsverhältnissen die Messe zu besuchen, verwandelte die heilige Hostie sich zu Fleisch und der Wein im Kelch in Blut. Seitdem wird der Heilige Kelch von Galicien in der Pfarrkirche aufbewahrt.
    Nun hatte ich also Galicien erreicht, das für reichlich Regen und üppiges Grün berühmt ist. Vom ersten Augenblick mochte ich das Land. Ich überlegte, auf dem O Cebreiro zu übernachten. Es war um die Mittagszeit. Zu früh, um mich ins Bett zu legen. Sechs Kilometer schaffte ich an diesem Tag noch. In Hospital da Condesa bezog ich mein Nachtquartier.
    Um sieben am nächsten Tag startete ich in einen milden Morgen, ohne Frühstück, in der Hoffnung, bald auf ein Restaurant zu stoßen. Nach drei Kilometern erreichte ich den Alto do Poio, den höchsten Pass des Jakobsweges in Galicien, auf dem sich eine gigantische Pilgerstatue befindet. Auch an jenem Morgen fühlte ich mich »Camino-müde«. Ich wollte nur noch in Santiago ankommen. Deshalb entschloss ich mich, an diesem Tag möglichst viele Kilometer hinter mir zu lassen. Was mir anfangs mit leerem Magen nicht so recht gelingen wollte. Ich wurde immer ungeduldiger, sehnte mich nach einem Kaffee und einem Frühstück. Nach zehn Kilometern endlich betrat ich eine Bar. Herrlicher Kaffeegeruch stieg in meine Nase und rief paradiesische Gefühle in mir wach.
    Obwohl die Natur ihr Bestes gab, um mir zu imponieren, hatte ich kein Auge für sie, sondern nur noch eins im Sinn - Santiago und Ankommen. In einem Laden kaufte ich Schokolade und Bananen, die ich in den Rucksack steckte. An der Eingangstür klebte ein Blatt, auf dem Pilger gebeten wurden, ihre riesigen Rucksäcke vor Betreten abzulegen. Wahrscheinlich hatten einige mit unbedachten Drehungen Waren aus den Regalen befördert. Bald wurde mir das Mehrgewicht der Bananen und der Tafel

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