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Ein neues Leben auf dem Jakobsweg

Ein neues Leben auf dem Jakobsweg

Titel: Ein neues Leben auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manolo Link
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wieder.
    Unsere lebhafte Konversation bezog sich hauptsächlich auf die Pilgerschaft und unserer Leben. Weil ich kein großes Interesse verspürte, zur drei Kilometer entfernten Herberge zurückzugehen, fragte ich nach dem Preis eines Einzelzimmers im Hotel. Es gab noch reichlich Zimmer, die zudem auch noch bezahlbar waren. Ich sagte good bye zu der Engländerin und ging auf mein Zimmer, in dem ich mich wie ein König fühlte. Ein großes Bett, weiße wundervolle Bettwäsche, im Bad eine kleine Badewanne. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal ein heißes Bad genossen hatte. In meiner Wohnung befand sich lediglich eine Dusche. Natürlich drehte ich sofort die Wasserhähne auf, ließ mir ein Bad ein und lag Minuten später in wohlig warmem Wasser.
    Wie wunderschön es doch ist, in einer Badewanne zu liegen, dachte ich. Was für ein großes Geschenk, saubere weiße Handtücher, glatt gefaltet, neben sich liegen zu haben. Eine weiße Matte für meine Füße. Nach dem Bad fühlte ich mich wie neu geboren, trocknete mich ab und legte mich ins Bett.
    Auf der Titelseite meines Reiseführers las ich: »Der Weg ist das Ziel.« Ich machte mir Gedanken über diesen Satz. Das war die Quintessenz von Coelhos Buch »Der Alchimist«. Eine meiner Lieblingslektüren, die auch die Philosophie der Pilgerschaft auf dem Jakobsweg widerspiegelt.
    Die meisten Pilger hatten sich für diesen Reiseführer vom Outdoor-Verlag entschieden, weil er alles Wichtige beinhaltete, handlich und leicht war. In einem Buch hatte ich von einem Peregrino gelesen, der nach jeder Tagesetappe die Seiten aus seinem Reiseführer riss, die er nicht mehr brauchte, um Gewicht einzusparen. Das müssen jeden Tag so um die 15 bis 20 Gramm gewesen sein. Beachtlich, dachte ich und musste lachen.
    Gegen fünf schaffte ich es, mich von meinem heißgeliebten Bett zu lösen. Ich musste schließlich noch meine Rechnung von El Acebo begleichen. Als ich aus dem Hotel trat, stolperte ich fast über Gertrud, die mit einem Ehepaar an einem Tisch Kaffee trank. Sie erzählte mir, dass sich Carla und Marion ebenfalls in Ponferrada befänden, und dass es ihrem Bein besser ginge, sodass sie wieder einige Kilometer wandern konnte. Ich gab ihr die 20 Euro für Carla und wünschte ihr das Allerbeste.
    Dann folgte ich dem handgeschriebenen Plan von meinem Gastgeber aus El Acebo, vorbei an der Templerburg, über den Fluss Sil zu einem Kreisverkehr. Dort betrat ich den Laden, bestellte mir einen Kaffee und ein Stück Kuchen. Die kleine Sofia kam mir in den Sinn - Santa Sofia. Ich fühlte eine tiefe Dankbarkeit für das außergewöhnliche Vertrauen, das mir der Spanier entgegengebracht hatte, und überlegte, wie ich mich ihm und seiner Familie gegenüber erkenntlich zeigen könne. In dem Laden gab es außer Kaffee auch Geschenke zu kaufen. Nachdem ich der Schwägerin meines Gastgebers das Geld überreicht hatte, fragte ich, ob sie ein geeignetes Geschenk für die kleine Sofia wüsste. Sie hatte keine konkrete Vorstellung. Ich machte mich selbst auf die Suche und fand einen kleinen Engel, über den sich Santa Sofia sicher freuen würde, und gab ihn der Frau mit der Bitte, ihn als Geschenk einzupacken und zu übergeben.
    Anschließend ging ich auf der Plaza Virgen de la Encina in eine Kirche und bedankte mich für die wundervollen Erlebnisse, die mir widerfahren waren. Mit einem leichten Hungergefühl verließ ich die Kirche. Auf der Suche nach einem kleinen Imbiss landete ich in einem Weinlokal, wo ich auf Ulli und Tilo stieß. Sie boten mir von ihren Käse- und Wurstspezialitäten an und luden mich zu einem Glas Wein ein. In Tilos Augen bemerkte ich eine Veränderung. Ein besonderer Glanz lag in ihnen verborgen. Sie strahlten. Die Pilgerschaft verändert Menschen, wurde mir abermals bewusst. Und ich glaubte, dass sie ausnahmslos alle veränderte???, in welchem Maße auch immer. Das Erscheinen von Martin in seinem weißen T-Shirt löste gemischte Gefühle in mir aus. Glücklicherweise hielt er sich an diesem Abend zurück. Die Vorfreude auf meine weiße Bettwäsche ließ mich alsbald aufbrechen. Im Bett vervollständigte ich mein Tagebuch, bevor ich einschlief.
    Um halb sieben wurde ich mit dem Gefühl wach, ausgezeichnet geschlafen zu haben. Einige Minuten gönnte ich mir noch in meinem warmen Bett. Ich vermisste die Herbergsatmosphäre und kam mir etwas verloren und alleine vor. Während des Frühstücks sah ich Carla und Marion am Hotel vorbeiwandern. Ich lief raus.

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