Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ein neues Paradies

Titel: Ein neues Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
Vom Netzwerk:
einen Druck von fünfhundert Millimetern.
    »Die Temperatur geht, die Luft wird uns ein wenig dünn vorkommen, und ich fürchte, wir werden Sauerstoffapparate nötig haben«, meinte Doktor Müller, während er die Zusammensetzung der Luft untersuchte. Aber schon nach wenigen Minuten richtete er sich befriedigt auf. »Die Luft hat vierzig Prozent Sauerstoff und sechzig Prozent Stickstoff, da geht es auch ohne Apparat, und nur mit dem verringerten Druck müssen wir vorsichtig sein. Wir dürfen nicht plötzlich hinaustreten, sondern müssen die Luftschleuse benutzen.« Danach traten die beiden Reisenden durch eine Tür in die Kammer der Luftschleuse und schlossen die Tür wieder luftdicht hinter sich.
    »Nun also!« sprach Doktor Müller und drehte einen Hahn in der Außenwand auf. Man vernahm ein Zischen. Die Luft in der Schleusenkammer, welche noch unter dem Druck der irdischen Atmosphäre stand, strömte in die leichtere Marsatmosphäre ab.
    Da stieß Monsieur Durand einen lauten Schrei aus, während ihm einige Blutstropfen aus der Nase flossen. Der verminderte Luftdruck war die Ursache eines leichten Nasenblutens für ihn gewesen. »Es ging wohl etwas zu schnell«, meinte Doktor Müller, »aber nun ist es wohl vorüber, und wir können die äußere Schleusentür öffnen.« Ein Druck und die Tür schlug auf. Die beiden Reisenden standen zum ersten Male, seitdem sie irdischen Boden verlassen hatten, wiederum außerhalb ihres Raumschiffes, standen auf marsianischem Boden. Sie schritten über steiniges Gebirgsland, wie es auch unsere Alpen zeigen, und sie sahen grüne Kräuter und Bäume, sahen die ihnen wohlbekannten Formen der Glockenblumen, der Lippenblütler und der Doldenblüten. Sie sahen Pilze, Moose und Farne, sahen die allbekannten Gestalten von Würmern, Käfern und Schmetterlingen, während ihre Lungen die Lebensluft des Mars einatmeten.
    »Man könnte es für einen Nachmittag im Berner Oberland halten«, meinte Doktor Müller.
    »Ich mag gar nicht mehr in das Raumschiff hinein«, sagte Monsieur Durand.
    »Aber wir müssen«, erwiderte Doktor Müller. »Wir müssen erst einen ausgedehnten Kriegsrat halten, bevor wir etwas Weiteres unternehmen können, also vorläufig noch einmal zurück in das Raumschiff.«

7
    Als unsere beiden Reisenden wieder in ihrem Fahrzeug Platz genommen hatten, setzte sich Doktor Müller in Positur und begann also: »Wir haben einen großartigen Erfolg zu verzeichnen gehabt, einen Erfolg, wie kein Irdischer vor uns. Unser Planetenschiff liegt fest verankert auf dem jungfräulichen Boden des Mars. Wir haben auf unserer ersten Reise zweifelsohne konstatiert, daß die physikalischen Verhältnisse des Mars hier eine Ansiedlung der Menschheit ganz sicherlich zulassen. Wir haben auch niedere Lebensformen, wie Würmer und Insekten, gefunden. Wirbeltiere haben wir einstweilen noch nicht zu Gesicht bekommen und über die etwaige menschenähnliche Bevölkerung des Mars wissen wir noch gar nichts. Mag sein, daß vernünftige menschenähnliche Wesen nahe bei uns in den Tälern dieses Gebirges leben, mag auch nicht sein. In keinem Falle können sie die Höhe unserer Entwicklung erreicht haben, denn sonst wäre es an ihnen gewesen, unserer Erde zuerst einen Besuch abzustatten. Selbstverständlich können wir nicht wissen, wie weit ihre Entwicklung fortgeschritten ist. Vielleicht stehen sie bereits auf der Höhe, die wir im Jahre 1896 kurz vor der Erfindung der elektrischen Wellentelegrafie erreicht hatten, vielleicht auch leben sie noch im Zustand der Griechen zur Zeit des Trojanischen Krieges oder gar der uralten Höhlenmenschen des Neandertales. Vielleicht auch hat das Leben von Primaten, von hochorganisierten Wirbeltieren, auf diesem Planeten noch gar nicht begonnen und wir sind die ersten vernunftbegabten Geschöpfe auf einem neuen Stern. Sei dem nun aber, wie ihm wolle. In jedem Falle könnten wir das nur erspähen, wenn wir mit unserem Raumschiff eine Umfahrt um den Mars in sehr mäßiger Höhe vollführten. Wenn wir in etwa zweihundert Meter Höhe seine Oberfläche bestrichen, würde uns alles dieses klarwerden. Dazu aber müßten wir das Fahrzeug wiederholt abarisch und dann wieder schwermachen. Unser Flüssigkeitsvorrat ist aber außergewöhnlich knapp geworden. Wir können nur noch eben unsere Erde wieder erreichen, während jeder Versuch, hier eine Kreuzfahrt zu vollführen, uns dieser letzteren Möglichkeit beraubt. Mein entschiedener Vorschlag geht daher dahin: wir errichten hier einen

Weitere Kostenlose Bücher