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Ein neues Paradies

Titel: Ein neues Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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zwölfhundert Metern hatte man den Hauptförderschacht heruntergebracht und in die verschiedenen Kohlenflöze die waagrechten Strecken von dem Hauptförderschacht aus geschlagen, bis dann auch die untersten Flöze abgebaut waren und das letzte Stückchen Kohle, das man von diesem Schacht aus erreichen konnte, zu Tage gefördert war. Dann kam jene berühmte Sitzung, in der die Meinungen schroff aufeinander platzten. Den Betrieb stillegen und die Reserven, die die Gewerkschaft ›ElseTiefbau‹ während der letzten dreißig Jahre beiseite gelegt hatte, als letzte Dividende an die Gewerken der Gesellschaft ausschütten, das rieten die Praktiker. Der Geheime Kommerzienrat Großmann aber wollte klüger sein als die Praktiker und verfuhr nach seinem Kopf, da er die Mehrzahl der Gewerke selbst besaß. Er wollte einfach nicht glauben, daß die Kohle bei zwölfhundert Meter Tiefe zu Ende sei und teufte daher den Schacht weiter ab. Auf dreizehn- und vierzehnhundert Meter noch mit frohem Mut, auf fünfzehn- hundert Meter mit verbissenem Grimm. So war der Hauptförderschacht von ›Else-Tiefbau‹ auf fünfzehnhundert Meter getrieben, doch nicht eine Spur von Kohle dabei gefunden worden. Schon wollte der Geheimrat die fruchtlose Arbeit aufgeben und die verlorenen Summen endgültig auf das Avalkonto schreiben lassen, als Professor Meißner zu ihm kam und ihm die Pläne Engelhardts auseinandersetzte.
    Da hatte der Geheimrat sich zusammengenommen und zunächst einmal selbst weiterbohren lassen. Meter um Meter war der Schacht über die fünfzehnhundert Meter hinaus in die ewige Teufe hinein abgesenkt und der Geheimrat dabei aus einer Erregung in die andere gestürzt worden. Nach zehn Metern weiterer Bohrung hatte man ein Kohlenflöz gefunden. Aber es war nur zwei Zentimeter stark. Nach fünf Metern war man auf ein zweites Flöz gestoßen, aber es hatte nur einige Millimeter Stärke. Noch öfter waren derartig schwache, gänzlich unabbauwürdige Flöze durchfahren worden, und dann hörte der Schiefer gänzlich auf. Dann stieß der Schacht bei fünfzehnhundertfünfundvierzig Meter Tiefe in den Granit, jenes vulkanische Urgestein, in dem selbst der Geheimrat Großmann keine Kohle mehr zu vermuten wagte. Darüber aber waren die letzten Reserven von ›Else-Tiefbau‹ verbraucht, und brennender denn je stand die Frage zur Erörterung, was nun werden solle. Sollte man die Pumpen überhaupt noch in Betrieb halten, oder sollte man ›Else-Tiefbau‹ aufgeben, die Maschinen herausnehmen und die Grube ersaufen und verfallen lassen?
    So lagen die Dinge, als Professor Meißner und Ingenieur Engelhardt sich, einer Einladung folgend, bei dem Geheimrat Großmann zu einer Besprechung einfanden.
    Geraume Zeit ging der Geheimrat nach dem Empfang seiner Gäste schweigend in dem großen Konferenzraum auf und ab. Dann eröffnete er das Gespräch.
    »Fünfzehnhundertfünfzig Meter habe ich gebohrt. Die Temperatur darf mit fünfundfünfzig Grad trotz guter Bewetterung auf der Sohle des Schachtes als recht hoch gelten. Durch den Schiefer bin ich hindurch, der Schacht steht bereits sechs Meter in reinem Granit. Was soll nun werden?«
    Nach diesen Worten setzte sich der Geheimrat in einen Klubsessel und zündete sich eine Zigarre an. Nun erhob sich Rudolf Engelhardt und führte die Rede des Geheimrats da fort, wo dieser sie abgebrochen hatte.
    »Das heißt also, daß der Schacht die gesamten neptunischen Schichten durchfahren hat und im plutonischen Urgestein steht. Das heißt es doch, Herr Geheimrat?«
    »In der Tat, das heißt es«, entgegnete der Gefragte.
    »Wir stehen also eben im Anfang des Urgesteins«, fuhr Rudolf Engelhardt fort, während er sich seinerseits in einen Sessel niederließ. »Das heißt, wir haben soeben die Schlackenschicht angeschnitten, die nach meiner Theorie über der Karbidschicht schwamm, als der Erdball noch bis zur Oberfläche feurig flüssig war. Wenn wir nun auch durch diese Schlackenschicht hindurchgehen, so müssen wir die Karbidschicht erreichen.«
    »Sehr richtig«, warf der Geheimrat ein. »Aber wie dick ist diese Granitschicht, tausend Meter … zweitausend Meter … dreitausend Meter … wer kann das sagen.«
    Rudolf Engelhardt zuckte mit den Achseln und erwiderte: »Das ist natürlich gänzlich ungewiß. Vielleicht fünfhundert Meter und vielleicht fünftausend. Sicher ist nur, daß eine Schicht reinen Karbids von wenigstens zwanzig bis, dreißig Kilometern Mächtigkeit zu erwarten ist, wenn wir das darüberliegende

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