Ein Noah von heute
Zoologischen Garten, für den es bestimmt ist, leicht beschaffen kann. Es ist sinnlos, einen Ameisenfresser, der nur Ameisen fressen mag, in ein Land zu bringen, wo der Zoologische Garten dieser Anforderung nicht genügen kann.
Meinen Schuppentieren mußte beigebracht werden, eine Mischung aus ungesüßter Kondensmilch, feingehacktem rohem Fleisch und rohen Eiern — alles vermengt zu einer weichen Paste — zu sich zu nehmen. Es sind außerordentlich dumme Tiere, und in der Regel dauerte es mehrere Wochen, bis sie gelernt hatten, diese Mischung richtig zu fressen. In den ersten Tagen ihrer Gefangenschaft warfen sie den Futternapf meistens um, wenn man ihn nicht festband.
Zu den schwierigsten Tieren, mit denen ich zu tun hatte, gehörte die sehr seltene Riesenwasserspitzmaus. Das ist ein langes schwarzes Tier mit dichten weißen Schnurrbarthaaren und einem sonderbaren ledrigen, kaulquappenähnlichen Schwanz; es lebt in den rasch fließenden Bächen des westafrikanischen Urwalds. Wie das Schuppentier beschränkt sich seine Nahrung auf eine einzige Beute, nämlich? auf die großen braunen Süßwasserkrebse, die dort in Hülle und Fülle vorkommen.
Als ich meine erste Riesenwasserspitzmaus erlangte, fütterte ich sie einige Tage mit Krebsen, bis sie sich an ihren Käfig gewöhnt hatte. Dann machte ich mich daran, sie so abzurichten, daß sie mit der Ersatznahrung vorlieb nahm, von der sie in England leben sollte.
Ich beschaffte mir die getrockneten Krabben, die die Eingeborenen in ihrer Küche verwenden. Die zerkrümelten Krabben mischte ich mit einem rohen Ei und feingehacktem Fleisch. Dann zerschnitt ich einen großen Krebs, kratzte ihn aus und füllte den hohlen Panzer mit der Mischung. Die beiden Hälften wurden wieder zusammengefügt, und wenn die Riesenwasserspitzmaus wirklich hungrig war, warf ich ihr diesen falschen Krebs in den Käfig. Sie sprang danach und versetzte ihm zwei rasche Bisse — das war ihr übliches Verfahren, einen Krebs zu fangen — , hielt aber plötzlich inne und beschnupperte ihn mißtrauisch; offensichtlich schmeckte dieser Krebs nicht so wie ihre gewohnte Nahrung. Sie beschnupperte ihn abermals und überlegte eine Weile; schließlich mußte sie den Geschmack doch recht angenehm gefunden haben, denn sie vergaß ihre Bedenken und fraß den Krebs auf. So erhielt sie mehrere Wochen lang täglich einige echte und einige gefüllte Krebse, bis sie sich an den Geschmack der neuen Nahrung ganz gewöhnt hatte. Dann tat ich die Ersatzmischung in einen Napf und legte obendrauf einen Krebspanzer. Als die Wasserspitzmaus in den Krebspanzer biß, entdeckte sie darunter das Futter, und nachdem dieses Experiment ein paarmal wiederholt wurde, fraß sie die Mischung aus dem Napf ohne die geringsten Schwierigkeiten.
Wenn mir ein Tier gebracht wurde, wußte ich meistens mehr oder weniger, was für ein Futter es brauchen würde; aber ich erkundigte mich stets bei dem eingeborenen Jäger, der es gefangen hatte, ob er sich in der Ernährung des Tieres auskenne; denn es konnte ja sein, daß er das Tier im Walde etwas Besonderes fressen gesehen hatte,; das mir bei der Fütterung in der Gefangenschaft als Abwechslung dienen konnte. In der Regel hatten die Jäger keine Ahnung, was die Tiere zu fressen pflegten, und sie sagten einfach aufs Geratewohl, ihre Beute ernähre sich von «Banga», der Nuß des Palmölbaums. Manchmal stimmte das, zum Beispiel bei Ratten, Mäusen und Eichhörnern. Aber mehr als einmal wurde mir von dem eingeborenen Jäger versichert, daß auch Schlangen oder kleine Vögel von dieser Nahrung lebten. Daran gewöhnte ich mich so sehr, daß ich dem Jäger automatisch nicht mehr glaubte, wenn er mir erzählte, das Tier, das er mir gebracht hatte, lebe ganz und gar von Palmnüssen.
Eines Tages bekam ich vier reizende Waldschildkröten, die bei bester Gesundheit waren. Sie lebten sich sehr gut in einem kleinen Gehege ein, das ich für sie errichtete. In der Regel sind Schildkröten sehr leicht zu ernähren. Sie fressen fast alles Blättergemüse, das man ihnen gibt, auch Früchte und in manchen Fällen gelegentlich rohe Fleischstückchen. Diese Schildkröten aber erwiesen sich als Ausnahme von der Regel. Sie verweigerten alle die Delikatessen, mit denen ich sie überschüttete, rümpften die Nase beim Anblick der reifen Früchte und zarten Salatblätter, die ich mit großer Mühe für sie beschaffte. Ich begriff das überhaupt nicht und machte mir ihretwegen Sorgen.
Als ich einem eingeborenen
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