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Ein Noah von heute

Ein Noah von heute

Titel: Ein Noah von heute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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Jäger, der zum Lager kam, meine Tiersammlung zeigte und ihm erklärte, welche Tiere gebraucht würden, machte ich ihn auf die Schildkröten aufmerksam und erzählte ihm, daß sie seit zwei bis drei Wochen jegliche Nahrung verweigert hatten. Worauf er mir prompt versicherte, ich hätte den Schildkröten ganz falsche Dinge vorgesetzt, sie fräßen keine Früchte oder Blättergemüse. Er behauptete steif und fest, sie lebten von bestimmten kleinen weißen Pilzen, die auf abgestorbenen Baumstümpfen im Walde wüchsen. Offen gestanden, ich glaubte ihm nicht, obwohl ich davon kein Wort verlauten ließ. Ich hielt das nur für den üblichen Spruch von den Palmnüssen, nur etwas anders ausgedrückt.
    Doch als wiederum eine Woche verging, ohne daß meine Schildkröten etwas zu sich genommen hatten, schickte ich in meiner Verzweiflung zwei Jungen mit einem Korb in den Wald und wies sie an, mir so viele kleine weiße Pilze wie möglich zu bringen. Nach ihrer Rückkehr leerte ich den Korb ins Gehege der Schildkröten und schaute zu, um zu sehen, was nun geschah. Noch nie sah ich Schildkröten so schnell zum Futter rennen. Sie krabbelten in aller Eile über den Boden, und binnen wenigen Minuten kauten sie vergnügt die Pilze, so daß ihnen der Saft übers Kinn lief. Seltsamerweise nahmen sie auch die andere Nahrung zu sich, nachdem ihnen Pilze verfüttert worden waren, und einige Wochen später gaben sie es ganz auf, Pilze zu fressen, und bevorzugten eine schöne reife Mangofrucht.

    Je mehr meine Sammlung wuchs, desto schwieriger wurde es, für so viele Tiere, die ganz verschiedenen Geschmack hatten, genügend Nahrungsvorräte zu beschaffen. Fleisch, Früchte, Eier und Geflügel erhielt ich von den Eingeborenen, aber ich brauchte auch noch andere Dinge.
    Zum Beispiel liebten alle Vögel, die Buschbabies und manche Waldratten, auch die meisten Affen ganz besonders Heuschrecken, und diese Delikatesse mußte ich ihnen beschaffen, wenn ich sie bei guter Gesundheit erhalten wollte. Da man Heuschrecken nicht einmal auf dem westafrikanischen Markt kaufen kann, blieb mir nichts anderes übrig, als eine Mannschaft von Heuschreckenfängern aufzustellen. Sie bestand aus zehn kleinen Jungen, die flinke Augen hatten und sehr schnell laufen konnten.
    Ich rüstete jeden Jungen mit einer großen Zigarettenbüchse und einem Schmetterlingsnetz aus. Zweimal täglich machten sie sich auf und fingen mit dem Netz so viele Heuschrecken, wie sie erwischen konnten, steckten sie in die Zigarettenbüchse und brachten sie ins Lager. Sie wurden nicht nach Arbeitsstunden bezahlt, sondern nach der Anzahl der Heuschrecken, die sie fingen. Durchschnittlich betrug der Preis für fünf Heuschrecken einen Penny, und einige Bürschchen, die flinker und geschickter waren als die andern, brachten es fertig, drei bis vier Schilling am Tag einzuheimsen.
    Die Eingeborenen nennen die Heuschrecke «Pampalo», und so wurde diese Mannschaft kleiner Buben als Pampalofänger bekannt. Wenn ein Tier einen kranken Eindruck machte oder ein Neuankömmling nach der Gefangennahme zur Beschwichtigung seiner verletzten Gefühle eine Delikatesse benötigte, rief ich die Pampalofänger herbei, worauf sie sich sogleich aufmachten und neuen Heuschreckenvorrat anbrachten.
    Da viele meiner Vögel zu klein waren, um mit den zappelnden großen Heuschrecken fertig zu werden, ergab sich wiederum ein Problem. Am meisten liebten sie junge Termiten, und um ihnen diese Nahrung zu beschaffen, mußte ich eine zweite Mannschaft auf die Beine stellen.
    In Westafrika gibt es mehrere Termitenarten, am nützlichsten aber erwies sich für mich eine Spezies, die Pilztermite genannt wurde. Die Pilztermiten bauten sich in kühlen Schluchten zwischen den großen Urwaldbäumen aus grauem Lehm die sonderbarsten Nester, die genau wie riesige Giftschwämme aussahen und etwa sechzig Zentimeter hoch ragten. Das Innere eines solchen Nestes war wie eine Honigwabe, angefüllt mit winzigen Gängen und kleinen Zellen, in denen die Arbeiter und die Jungen lebten. Meine Termitenjäger zogen immer frühmorgens in den Wald, und wenn sie abends zurückkehrten, balancierte jeder auf seinem Wollschopf drei bis vier Nester.
    Ich bewahrte die Nester an einem kühlen, dunklen Platz auf, und wenn die Fütterungszeit der Vögel nahte, breitete ich eine große Zeltplache auf dem Boden aus und hackte die Nester vorsichtig auf. Dann schüttelte ich sie, und aus dem Innern ergossen sich große und kleine Termiten, die ich in Näpfe

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