Ein Noah von heute
innehielt, sah es wahrhaftig aus wie ein winziger schwarzer Arbeiter, der aus einem Einsteigloch in der Straße hervorkommt.
Es brauchte noch vier bis fünf Minuten, um sich aus seiner Kinderstube zu strampeln, und dann lag es eine Zeitlang auf dem Rücken der Mutter, offenbar erschöpft von der Anstrengung. Schließlich glitt es hinunter und plumpste ins Wasser, wo es vergnügt umherzuschwimmen begann.
Ich wartete geduldig, und auf einmal wurde ein anderer Deckel aufgestoßen, und das zweite Krötlein winkte mir mit dem Bein zu.
Während ich dort hockte, ganz vertieft und verzaubert von diesem außergewöhnlichen Anblick, gesellten sich zwei Seeleute zu mir, die nach ihrer Wacht auf der Brücke heruntergekommen waren und das Licht im Laderaum gesehen hatten. Sie wunderten sich, mich zu dieser Nachtstunde bei einer Dose sitzen zu sehen, und erkundigten sich, was denn da los wäre. Ich erklärte ihnen die Geschichte des Pipaweibchens, das wir im geheimnisvollen Land der Bäche gefangen hatten, und dessen Junge nun aus seinem Rücken ausschlüften. Die beiden Matrosen hockten sich neben mich, und als sie die Ankunft eines neuen Krötleins beobachteten, waren sie bald ebenso verzaubert wie ich.
Nach einer Weile bekamen wir drei noch mehr Gesellschaft; andere Matrosen erschienen, die sich gewundert hatten, was ihren Kameraden zugestoßen sein mochte. Abermals beschrieb ich die Kröte mit den Bruttaschen, und sie wurden so neugierig, daß sie sich dazusetzten, um das Ausschlüpfen der Jungen mitzuerleben. Als ein Krötlein, schwächer als die andern, besonders lange Zeit brauchte, um aus seiner Zelle zu gelangen, machten sich die Matrosen Sorgen, und sie wollten ihm mit einem Zündholz helfen. Aber ich sagte ihnen, daß dem winzigen Krötchen ein Zündholz wie ein Baumstamm Vorkommen müßte, und daß man ihm wahrscheinlich die fadendünnen Beinchen brechen würde, selbst wenn man noch so vorsichtig wäre.
Als sich dieses Krötlein endlich aus der Zelle gearbeitet hatte und erschöpft auf dem Rücken der Mutter zusammensank, wurde ein allgemeiner Seufzer der Erleichterung laut. Der Tag brach schon an, als die letzte junge Pipa ins Wasser plumpste und wir uns aus unserer verkrampften Stellung erhoben. Wir gingen in die Kombüse, um zu sehen, ob wir dem Koch einen frühen Morgentee entlocken könnten. Obwohl wir an diesem Tage bei unserer Arbeit gähnten, stimmten wir alle darin überein, daß es sich gelohnt hatte, die ganze Nacht aufzubleiben und die Ankunft der jungen Pipakröten zu beobachten.
Die Pipakröten waren natürlich nicht die einzigen ungewöhnlichen Amphibien, die man im Land der Bäche finden konnte. Guayana schien einen mehr als gerechten Anteil an seltsamen Kröten und Fröschen zu haben. Nächst den Pipakröten dünkten mich die Sternguckerfrösche unsere eigenartigste Beute. Vom Vorhandensein dieses Geschöpfes erhielten wir zum erstenmal Kenntnis, als mein Freund und ich eines Abends einen Bach abdreggten, um zu sehen, was sich dort fangen ließ. Plötzlich rief mich mein Freund zu sich und sagte, er habe ein sehr merkwürdiges Tier gefangen: Es sah genau wie eine Kaulquappe aus, nur war es ungefähr fünfzehn Zentimeter lang, und der Leib hatte die gleiche Größe wie ein Hühnerei.
Mein Freund und ich führten eine lange Diskussion, was für ein Tier das sein mochte; er behauptete steif und fest, es müsse ein Fisch sein, denn wenn es eine Kaulquappe wäre, würde sie sich zu einem Riesenfrosch auswachsen. Ich war ebenso überzeugt, daß es doch eine Kaulquappe wäre. Erst nachdem wir eine Zeitlang hin und her geredet hatten, fiel mir plötzlich ein, daß ich von diesem gespenstischen Amphibium gelesen hatte, und daraufhin ging mir auf, daß wir die Kaulquappe des Sternguckerfrosches gefangen hatten.
Der Sternguckerfrosch entwickelt sich anders als der gewöhnliche Wasserfrosch. Beim Wasserfrosch entsteht aus dem Keimling eine winzige Kaulquappe, die wächst, bis sie eine bestimmte Größe erreicht hat, worauf sie Beine entwickelt, den Schwanz verliert und als mittelgroßer Frosch in Erscheinung tritt. Der Sternguckerfrosch hingegen ist im Kaulquappenstadium größer als in der fertigen Gestalt.
Zu den eigenartigen Fröschen in diesem Teil von Südamerika gehört außerdem der Beutelfrosch. Das Tier hegt seine Jungen auf fast ebenso ungewöhnliche Weise wie die Pipakröte. Das Weibchen hat in der Rückenhaut einen langen Schlitz, der in eine Art Beutel mündet. Dahinein werden die Eier
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