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Ein Noah von heute

Ein Noah von heute

Titel: Ein Noah von heute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Malcolm Durrell
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Kratzgeräusch hervorriefen. Diese Zusammenstöße schienen weder ihm noch dem Zaun zu schaden, und solange ihm das Unternehmen Freude machte, ließ ich ihn in Ruhe.
    Doch als sich Cuthbert eines Tages wiederum anschickte, seinen täglichen Kampf mit dem Zaun auszufechten, entdeckte er zu seiner Wonne, daß jemand dort eine Leiter vergessen hatte. Als ich das glücklich merkte, war Cuthbert schon zur obersten Sprosse gehoppelt und saß dort stolz und befriedigt. Ich erkletterte die Leiter, um ihn einzufangen; aber da schlug er mit den Flügeln und flog auf die Straße jenseits des Zaunes. Eine Weile blieb er stehen, um sich schnell das Gefieder zu putzen, bevor er in Richtung des Marktes davonhüpfte.
    Hastig rief ich alle unsere Gehilfen zusammen, und wir eilten auf die Straße hinaus, um den Ausreißer zu verfolgen. Cuthbert blickte über die Schulter und sah uns hinter ihm her rasen, worauf er so schnell wie möglich rannte. Er führte uns in einem lustigen Tanz rund um den Marktplatz; die Hälfte der Budenbesitzer und die meisten Käufer beteiligten sich an der Jagd, und erst eine halbe Stunde später konnten wir ihn endlich in die Enge treiben und den laut piepsenden Hocko in den Garten zurücktragen.

    Auch die großen bunten Aras verschafften uns viel Belustigung. Alle diese Papageien waren in Guayana von verschiedenen Leuten aufgezogen worden, denen wir die Vögel abkauften. Infolgedessen waren sie alle recht zahm. Aus irgendeinem Grunde wurden alle Aras in Guayana Robert genannt, ähnlich wie die Papageien in England Polly und in Deutschland Laura genannt werden, so daß man beim Kauf eines Aras ziemlich sicher sein konnte, daß er nicht nur imstande war, wie eine Fabriksirene zu kreischen, sondern auch seinen eigenen Namen zu sprechen. Wir hatten acht dieser Papageien, die lange und höchst amüsante Gespräche miteinander führten, wobei sie nur das Wort «Robert» benutzten.
    «Robert?» krächzte etwa der eine in fragendem Tone.
    «Robert, Robert, Robert», antwortete ein anderer.
    «R-r-r-robert», schnarrte ein dritter, und so ging es weiter. Sie legten dabei den Kopf auf die Seite und sahen so weise aus, daß ich fast glauben mußte, diese einfältigen Gespräche hätten etwas zu bedeuten.
    Ein Arapärchen schätzte es gar nicht, auf einen Käfig beschränkt zu sein, denn die beiden waren es gewöhnt, ein ganzes Haus zur Verfügung zu haben. Ich ließ sie frei im Garten umherlaufen, während wir in Georgetown waren, aber als die Zeit kam, wo wir uns mit der Tiersammlung einschifften, mußte ich die Aras in einen Käfig tun. Ich baute ihnen einen sehr hübschen Käfig mit starkem Drahtgitter an der Vorderseite, bedachte aber nicht, daß sich diese Vögel mit ihrem starken Schnabel durch jedes Holz einen Weg hacken können. Wir waren noch keine drei Tage auf dem Schiff, da hatten diese beiden Aras rings um das Drahtgitter das Holz aufgehackt, und mit einem Krachen fiel die Vorderfront heraus. Dreimal setzte ich den Käfig instand und schob die zornigen Aras wieder hinein, und dreimal zerhackten sie mein Flickwerk und brachen wieder aus. Zum Schluß gab ich mich geschlagen und ließ sie im Laderaum herumwandern, wann immer sie es wünschten. Sie spazierten langsam und sorgsam oben auf den Käfigen dahin und unterhielten sich mit mir oder ihren Gefährten in ihrer «Robert»-Sprache.

Zwölftes Kapitel

Baumstachelschwein, Wasserschwein und Opossum

    Zu den drolligsten Tieren, die in Guayana Vorkommen, gehört das Baumstachelschwein. Es ist ein gedrungenes, dickes Geschöpf, bedeckt mit schwarzen und weißen Stacheln, und es hat einen langen, kahlen Greifschwanz, mit dessen Hilfe es die Bäume erklettert. Es hat dicke, flache Hinterfüße, eine große, geschwollene Wabbelnase und runde Äuglein wie zwei kuglige Schuhknöpfe. Wenn es nicht so komisch gewesen wäre, diese ulkig aussehenden Tiere zu beobachten, hätten sie mir beinahe leid getan, denn sie unternahmen alles mit gutem Willen, und sie waren immer sehr verwundert, wenn sich herausstellte, daß sie es verkehrt angefangen hatten.
    Wurden dem Baumstachelschwein zum Beispiel vier Bananen gereicht, so versuchte es zuerst, alle vier im Maul wegzutragen. Wenn es nach mehreren Versuchen merkte, daß sein Maul nicht groß genug war, diese Menge zu fassen, saß es mit zuckender dicker Nase da und überlegte, was es tun sollte. Es nahm die eine Banane auf und hielt sie in der Schnauze, packte zwei andere mit den Vorderpfoten, und wenn es dann auf den Boden

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