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Ein orientalisches Maerchen

Ein orientalisches Maerchen

Titel: Ein orientalisches Maerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Brooks
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wäre das auch sehr zu empfehlen.“
    Eine Weile saßen sie wirklich alle nur schweigend da und aßen. Kit versuchte, sich zu entspannen. Die Gelassenheit eben hatte sie nur gespielt, um davon abzulenken, wie aufgewühlt sie war. Dass bestimmte Worte sie immer wieder schmerzhaft an etwas erinnerten, konnte doch nur bedeuten, dass es dieses Erlebnis in ihrer Vergangenheit wirklich gab. Und wenn dort der Schlüssel für ihren Gedächtnisverlust verborgen war, würde sie alles dafür geben, um diesen endlich in ihre Hände zu bekommen und Licht in die Dunkelheit zu bringen.
    Sie zwang sich, tief durchzuatmen. Es war ein langer Abend geworden, und nach dem Nachtisch – süßem Mandelgebäck und frischen Früchten – war sie inzwischen so satt, dass sie beim besten Willen keinen Bissen mehr hinunterbringen konnte.
    „Entschuldigung, es war köstlich … aber ich kann einfach nicht mehr“, bedankte sie sich bei Amina und Halima, und Gerard übersetzte ihre Worte ins Arabische. Vor Freude über das Lob nickten die beiden Frauen ihr anerkennend zu.
    „Willst du eigentlich noch in England anrufen?“, fragte Gerard, während Amina ihnen die Hände wieder mit dem wohlduftenden Rosenwasser benetzte. „Ich weiß zwar nicht, wie spät es dort jetzt ist, aber …“
    „Keine Sorge“, unterbrach ihn Kit, „ich werde mich morgen dort melden.“
    „Fein, dann würde ich dir gern noch etwas zeigen. Am besten, du kommst gleich mit.“ Und zu Colette gewandt, fügte er noch hinzu. „Du entschuldigst uns? Wir sehen uns ja morgen früh.“
    Irgendwie wurde Kit das Gefühl nicht los, dass Gerard noch etwas Besonderes mit ihr vorhatte. Jedenfalls zog er sie so eilig aus dem Speisezimmer, dass sie Schwierigkeiten hatte, mit ihm Schritt zu halten.
    „Moment, nicht so schnell“, protestierte sie, als sie die Vorhalle durchquert hatten und auf einen Torbogen zusteuerten, der kunstvoll mit Stuck und Kacheln verkleidet war, die wie Perlmutt schimmerten. „Wo willst du denn mit mir um diese Uhrzeit noch hin?“
    Kurz wirkte Gerard irritiert. Aber dann lächelte er hintergründig, und seine Stimme hatte wieder dieses erotische französische Timbre. „Ich würde dir gern einen Ort zeigen, den nicht jeder Gast zu sehen bekommt. Lass dich einfach überraschen.“
    „Ist es denn noch weit?“
    Gerard lachte. „ Alors, ma belle! Du hast fast den ganzen Tag verschlafen und bist jetzt schon wieder müde? Ich dachte, du wärst eine wilde Katze und würdest erst in der Nacht aktiv. Außerdem haben wir das Haus doch erst vor knapp zwanzig Minuten verlassen. Und so ein bisschen Bewegung an der frischen Luft wird dir …“
    „Wieso glaubst du eigentlich immer zu wissen, was für mich das Richtige ist?“, fiel sie ihm aufgebracht ins Wort. Sein Verhalten irritierte sie ungemein. Sicher, er war immer charmant zu ihr, aber er hatte ihr auch deutlich zu verstehen gegeben, dass sie gar nicht sein Typ war. Und jetzt auf einmal tat er so, als wäre er an ihr interessiert. Was erwartete er von ihr? Eine kurze Affäre, nur um sein Ego aufzupolieren? Vielleicht war er ja auch einer von denen, die sich immer wieder beweisen mussten, dass sie bei jeder Frau landen konnten. Was, wenn er …
    Mittlerweile hatten sie eine Mauer aus roten Backsteinen erreicht und standen vor einer schmiedeeisernen Pforte. Als Gerard sie öffnete und Kit an seiner Seite hindurchging, war es wie eine Offenbarung. Der laue Nachtwind umschmeichelte sie in einer sanften Brise, in der der süße Duft blühender Pflanzen lag. Und neben ihr Gerard. Seine sinnlich geschwungene Silhouette in diesem orientalischen Gewand überwältigte sie. Das Blut rauschte ihr in den Ohren. Bitte nicht, flehte sie stumm. Aber es war, als kämpfe sie gegen eine Macht, die stärker war als sie.
    Sie zwang sich, tief durchzuatmen und den Blick von ihm zu lösen. Die Traumlandschaft, die sich vor ihren Augen entfaltete, ließ sie tatsächlich für einen Moment all ihre Ängste und Sorgen vergessen.
    Umsäumt von tropischen Gehölzen, schlängelten sich harmonisch geschwungene Pfade, die stimmungsvoll ausgeleuchtet waren. Mittendrin, flankiert von Blumenwiesen, schattenspendenden Trauerweiden und Korkeichen, hüpfte ein munterer Bach über flache Kiesel und stürzte glucksend in kleinen Wasserfällen hinunter. Und wie um zu beweisen, dass sie die besten Essenzen für die wunderbarsten Parfüms boten, wetteiferten dazwischen prachtvollste Bougainvilleen, Hibiskus, Rosen, Geißblatt und Jasmin

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