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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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haben Sie also getan?«
    »Ich war die halbe Nacht aufgewesen und hatte keine gute Laune. Ich verhaftete ihn wegen Behinderung.«
    George sah ihn entsetzt an. »Sie haben ihn verhaftet?«
    »Ja, hab ich. Er ärgerte mich wirklich«, sagte Clough selbstgefällig. »Jedenfalls, bevor ich noch damit fertig war, ihn über seine Rechte aufzuklären, knickte er ein. Er erklärte sich prompt bereit, als Zeuge auszusagen und mit mir nach Derby zu kommen. Also haben wir uns darauf geeinigt zu vergessen, daß ich ihn je verhaftet hatte. Dann gab er seiner Frau einen Brandy, da sie aussah, als würde sie ohnmächtig werden, holte seinen Mantel und Hut und kam so zahm wie ein Lämmchen mit mir.«
    George schüttelte empört und zugleich bewundernd den Kopf. »Eines Tages, Tommy, eines Tages … Wo ist er jetzt?«
    »In einem sehr gemütlichen Zimmer im
Lamb and Flag
. Ich habe gestern, als wir hierherkamen, eine komplette Aussage von ihm bekommen, und Mr. Stanley will ihn gleich morgen früh in den Zeugenstand rufen«, grinste Clough.
    »Vor mir?« fragte George.
    »Stanley will, daß es zügig vorangeht. Er will nicht riskieren, daß Mrs. Wells zu Hawkins Mutter Kontakt aufnimmt und sie warnt, daß Wells aussagen wird. Er will versuchen, Highsmith zu überrumpeln, wenn er kann.«
    »Aber Mrs. Hawkin ist doch wegen des Prozesses hier oben.«
    »Stimmt. Aber ich gehe jede Wette ein, daß Mrs. Wells wissen wird, wen sie fragen muß, um herauszufinden, wo Mrs. Hawkin übernachtet.«
    »Highsmith wird Einspruch gegen einen Zeugen erheben, der nicht beim Eröffnungsbeschluß mit dabei war.«
    »Ich weiß. Aber Stanley sagt, der Richter wird es erlauben, da Wells zu der Zeit ja außer Landes war.« Clough stand auf und wischte die Asche weg, die auf seinen grauen Flanellanzug gefallen war. Er richtete seine Krawatte und zwinkerte George zu. »Ich sollte also in den Saal gehen und sehen, wie er sich hält.«
     
    Richard Wells, ein pensionierter Beamter, hatte schon den Eid geleistet, als Clough in den Gerichtssaal schlüpfte. Der Sergeant fand, er sah nicht aus wie jemand, der den Krieg so erlebt hatte, daß er einen Webley-Revolver als Souvenir mitgebracht hätte. Wenn je ein Mann für den administrativen Dienst in der Armee geschaffen war, dann war es Richard Wells: grauer Anzug, graues Haar, graue Krawatte. Sogar sein Schnurrbart wirkte gegen die gefährlich hochrote Gesichtshaut, der die heiße australische Sonne nicht gutgetan hatte, kümmerlich und langweilig.
    Hawkin beugte sich gespannt auf der Anklagebank vor, zwei senkrechte Linien erschienen zwischen seinen Augenbrauen, und Clough hatte ein kindisches Vergnügen an seiner offensichtlichen Besorgnis. Stanley ging mit Wells die Formalitäten durch, dann sagte er ganz leger: »Ist irgend jemand im Saal, den Sie zuvor schon einmal gesehen haben?«
    Wells nickte zur Anklagebank hin. »Philip Hawkin.«
    »Woher kennen Sie Mr. Hawkin?«
    »Seine Mutter ist unsere Nachbarin.«
    »Kannte er Ihr Haus?«
    »Er kam oft abends mit seiner Mutter zu uns zum Bridgespielen, bevor er wegzog.« Wells’ Blicke schweiften immer wieder von dem Rechtsanwalt zu dem Gefangenen. Er fühlte sich trotz Stanleys entspanntem Ton offensichtlich nicht wohl in seiner Rolle.
    »Sie besaßen früher einen Webley-Revolver, .38er Kaliber, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Haben Sie ihn je Mr. Hawkin gezeigt?«
    Clough verfolgte Wells’ angstvollen Blick zur Zuschauergalerie hinauf, wo er auf Hawkins Mutter ruhte. Wells holte tief Luft und murmelte. »Das kann sein.«
    »Denken Sie sorgfältig nach, Mr. Wells.« Stanleys Stimme war sanft. »Haben Sie den Revolver Mr. Hawkin gezeigt oder nicht?«
    Wells schluckte. »Ich habe ihn ihm gezeigt.«
    »Wo bewahrten Sie den Revolver auf?«
    Wells entspannte sich sichtlich, die abwehrende Stellung der Schultern lockerte sich etwas. »In einer abgeschlossenen Schublade meines Sekretärs im Wohnzimmer.«
    »Und haben Sie ihn da herausgenommen, als Sie ihn Mr. Hawkin zeigten?«
    »So wird es wohl gewesen sein.« Er schien jedes Wort in die Länge zu ziehen.
    »Mr. Hawkin wußte also, wo die Waffe war?«
    Wells senkte den Blick. »Ich nehme an«, murmelte er.
    Der Richter beugte sich vor. »Sie müssen deutlich sprechen, Mr. Wells. Die Geschworenen müssen Ihre Antworten hören können.«
    Stanley lächelte. »Danke, Euer Ehren. Also, Mr. Wells, würden Sie uns erzählen, was mit dem Revolver geschah?«
    Wells preßte einen Augenblick fest die Lippen aufeinander und

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