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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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ist der Weg aus dem Tal hinaus. Und dort«, schloß er und zeigte auf eine Stelle mit Bäumen zwischen dem Gutshaus und dem Wald, wo Shep angebunden gewesen war, »gehen wir jetzt hin. Auf dem Weg nach nirgendwo«, fügte er bitter hinzu und zeigte mit einer abschließenden Handbewegung auf die hohen Kalksteinfelsen und den düsteren grauen Himmel.
    George runzelte die Stirn. Der Mann hatte recht. Wenn Alison auf diesem Waldstückchen gewesen wäre, als sie ergriffen wurde, warum war dann der Hund auf einer Lichtung angebunden, die eine Viertelmeile davon entfernt lag? Aber wenn sie entführt worden war, ohne sich auf der Lichtung zu wehren, und es zum Kampf gekommen wäre, als sie die Chance sah, ihrem Entführer zu entkommen, was taten sie dann hier am geschlossenen Ende des Tals? Es war ein weiterer Widerspruch, den man sich einfach merken mußte, dachte er, und ging hinter Ray Carter auf den schmalen Baumgürtel zu.
    Das Gehölz war eine Mischung aus Buchen, Eschen, Bergahorn und Ulmen, die in späterer Zeit gepflanzt worden waren als der Wald, in dem sie am vorigen Abend gewesen waren. Die Bäume waren kleiner, ihre Stämme dünner. Sie schienen zu nah nebeneinander zu stehen, und ihre Zweige bildeten ein lockeres Dach, durch das man aber fast nichts sah. Das Unterholz zwischen den jungen Bäumen war dicht, zu verwachsen, um sich leicht einen Weg bahnen zu können.
    »Hier durch«, sagte Carter und ging schräg auf eine fast unsichtbare Öffnung zwischen den braunen Farnen und dem roten und grünen Laub der Brombeersträucher zu. Sobald sie das Dickicht betraten, ging ihnen der größte Teil des Nachmittagslichts verloren. Selbst halb blind, begriff George jetzt, warum der erste Suchtrupp etwas übersehen haben konnte. Es war ihm nicht klar gewesen, wie schwierig das Gelände oder wie leicht auch etwas so Großes wie, Gott behüte, eine Leiche zu übersehen war. Als sich seine Augen an das dämmerige Licht gewöhnt hatten, konnte er unter den Bäumen das Unterholz mit Büschen erkennen. Der Pfad mit den festgetrampelten Blättern fühlte sich rutschig an. »Ich sage dem Squire jetzt schon seit Monaten, daß dieses Dickicht ausgedünnt werden muß«, brummte Carter und drückte die dünnen, peitschenden Zweige eines niedrigen Holunderbuschs zur Seite. »Man könnte den halben Jagdclub von High Peak hier drin verlieren und es nicht mal merken.«
    Plötzlich stießen sie auf den Rest des Suchtrupps. Drei Schutzpolizisten und ein Junge standen zusammen an einer Biegung des Wegs. Der Junge schien nicht älter als achtzehn und trug wie Carter eine Lederweste und eine dicke Cordhose. »Also«, sagte George, »wer kann mir und Mr. Thomas zeigen, was hier los ist?«
    Einer der Polizisten räusperte sich. »Es ist gleich hier vorn, Sir. Ein anderes Team ist schon heute morgen hier durchgekommen, aber Mr. Carter hat vorgeschlagen, wir sollten noch mal nachsehen, weil das Unterholz hier so dicht ist.« Er winkte George und Inspector Thomas heran, und die anderen traten, so gut es ging, zurück, um sie vorbeigehen zu lassen. Der Polizist deutete auf eine Lücke im Unterholz an der Südseite des Pfads, die fast nicht auszumachen war. »Der Junge hat’s entdeckt. Charlie Lomas. Da ist eine sehr schwache Spur von abgebrochenen Zweigen und zertretenen Pflanzen. Ein paar Meter weiter rein sieht es aus, als hätte es einen Kampf gegeben.«
    George kauerte sich nieder und betrachtete den Pfad. Der Mann hatte recht. Es war nicht viel zu sehen und ein Wunder, daß überhaupt einer von ihnen die Stelle aufgespürt hatte.
    »Wie viele von euch sind mit ihren großen Latschen dort drüber getrampelt?« fragte Thomas.
    »Nur ich und der junge Lomas, Sir. Wir waren so vorsichtig wie möglich. Wir haben versucht, nichts zu verändern.«
    »Ich seh’s mir mal an«, sagte George. »Mr. Thomas, könnte einer Ihrer Männer das Einsatzzentrum anrufen, damit sie einen Fotografen hier herunterschicken? Und ich hätte gern die Spürhunde hier. Wenn der Fotograf fertig ist, muß auch nach Fingerabdrücken gesucht werden.« Ohne eine Antwort abzuwarten, zog George vorsichtig die Zweige zurück, die über den kaum erkennbaren Pfad hingen, und versuchte, seitlich Abstand von der ursprünglichen Spur zu halten. Hier war es noch dunkler als auf dem Weg, und er hielt inne, um seine Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen.
    Die Beschreibung des Polizisten war bemerkenswert genau gewesen. Ein paar vorsichtige Schritte, und George fand, was er suchte.

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