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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Als er mit seinem Vater durch das stille Dorf hinaufstapfte, mußte er unwillkürlich und nicht ohne Bitterkeit daran denken, wie sehr das Verschwinden seiner Cousine seine Welt schon verändert hatte.
    Sein Leben war einfach und unkompliziert gewesen. Sie hatten in Scardale immer selbstgenügsam gelebt und hatten sich auf sich selbst zurückgezogen. Er war daran gewöhnt, daß er in der Schule und später in den Pubs gehänselt wurde, wenn die Leute ein bißchen zuviel getrunken hatten. Er kannte all die lahmen, alten Witze über Inzucht und geheime Rituale der Schwarzen Kunst, aber er hatte gelernt, sich um all das nicht zu kümmern und sein Leben zu leben.
    Wenn es hell war, arbeitete man in Scardale, und wenn es nicht mehr hell war, hatte man immer noch zu tun. Die Frauen spannen Wolle, strickten Pullover, häkelten Umhängetücher, Decken und Säuglingskleidung, kochten Marmeladen und Chutneys, Dinge, die sie auf dem Landfrauen-Markt in Buxton verkaufen konnten. Die Männer reparierten Häuser und Hütten, von innen und außen. Sie stellten auch Gegenstände aus Holz her. Terry Lomas machte wunderbare gedrechselte Schalen aus glänzendem, sorgsam ausgesuchtem und besonders schön gemasertem Holz. Er schickte sie an ein Geschäft für kunstgewerbliche Produkte in London, wo sie zu Preisen verkauft wurden, die den anderen im Dorf lächerlich hoch erschienen. Brians Vater David machte Holzspielzeug für ein Geschäft in Leek. Sie hätten keine Zeit gehabt für die heidnischen Rituale, die man ihnen in den Bars von Buxton nachsagte, auch wenn es sie interessiert hätte. In Wirklichkeit arbeiteten alle in Scardale viel zu verdammt hart, als daß sie außer zum Essen und Schlafen für etwas anderes Zeit gehabt hätten. Es gab wenig Anlaß, tagtäglich Kontakt mit der Außenwelt zu pflegen. Das meiste, was in Scardale verbraucht wurde, konnte auf der runden Fläche innerhalb der hochaufragenden Kalksteinfelsen erzeugt werden: Milch, Kartoffeln, Eier, etwas Obst und Gemüse. Ma Lomas machte Wein aus Holunderblüten, Holunderbeeren, Nesseln, Löwenzahnblüten, Birkensaft, Rhabarber, Stachelbeeren und Stechginsterbeeren. Alles, was wuchs, ließ sie vergären. Und alle tranken es. Sogar die Kinder bekamen hin und wieder ein Gläschen davon als Arznei. Dienstags kam ein Lieferwagen, der Fisch, Obst und Gemüse verkaufte. Ein anderer kam donnerstags mit Lebensmitteln aus Leek. Alles andere wurde vom Markt in Leek oder in Buxton von denen mitgebracht, die dort gerade ihre eigenen Agrarprodukte oder ihr Vieh verkauften.
    Für Brian war der Übergang von der Schule, die er fünfmal pro Woche außerhalb des Tals besucht hatte, zum Erwachsenendasein, wo er nun auf den Äckern arbeitete und manchmal einen ganzen Monat nicht aus Scardale hinauskam, merkwürdig gewesen. Es gab nicht einmal das Fernsehen, um den ewig gleichen Rhythmus zu unterbrechen. Er erinnerte sich an den Tag, als der alte Squire Castleton mit einem Fernseher aus Buxton zurückkam, den er zu Elisabeths Krönung gekauft hatte. Sein Vater und sein Onkel Roy hatten die Antenne aufgestellt, und das gesamte Dorf hatte sich im Salon des Squires zusammengedrängt. Mit einer eleganten Handbewegung hatte der alte Mann den Apparat eingeschaltet, und alle starrten verblüfft auf einen Schneesturm im Februar. Was David und Roy auch mit der Antenne anstellten, es krachte nur wie Fett im Feuer, und sie sahen nichts als den gestörten Empfang. Und das war die einzige Störung, die man sich in Scardale von denen da draußen gefallen ließ.
    Jetzt war alles anders geworden. Alison war fort, und plötzlich schien ihr Leben allen zu gehören. Der Polizei, den Zeitungen – sie alle wollten ihnen Fragen stellen und beantwortet bekommen, ob es sie etwas anging oder nicht. Und Brian schien es, als habe er keine eigene Kraft gegen eine solche Invasion. Er wollte jemandem weh tun. Aber es war niemand da.
     
    Es war immer noch dunkel, als George und Clough den Rand des Dorfs erreichten. Das erste Licht, das sie sahen, fiel aus einem nur halb geschlossenen Scheunentor. »Fangen wir doch einfach hier an«, sagte George und fuhr mit dem Auto auf den Gehweg hinüber. »Wer ist das da drin?« fragte er und ging langsam die paar Meter über den schmutzigen Beton auf die Tür zu.
    »Wahrscheinlich Brian und David Carter«, sagte Clough. »Sie kümmern sich um das Vieh.«
    Die beiden Männer im Stall konnten nicht hören, daß sie näher kamen, weil die Melkmaschine so laut klirrte und

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