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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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rauschte. George wartete, bis sie sich umdrehten, roch das seltsam süße Gemisch von Mist, schwitzenden Tieren und der Milch und beobachtete, wie die Männer das Euter jeder Kuh wuschen, bevor sie die Melkmaschine ansetzten. Endlich drehte sich der Ältere der beiden um. George schien es auf den ersten Blick, als seien Ruth Hawkins aufmerksame Augen auf eine Statue von den Osterinseln verpflanzt worden. Sein Gesicht bestand aus lauter Flächen und Winkeln, die Wangen schienen wie aus Steinplatten und die Augenhöhlen aus rosa Wachs geformt. »Gibt es etwas Neues?« fragte er laut gegen den Maschinenlärm an.
    George schüttelte den Kopf. »Ich bin gekommen, um mich vorzustellen. Ich bin Detective Inspector George Bennett. Ich leite die Ermittlung.« Als er auf den älteren Mann zutrat, hielt der jüngere inne und lehnte sich mit vor der Brust verschränkten Armen gegen die wuchtige Flanke einer seiner friesischen Kühe.
    »Ich bin David Carter«, sagte der ältere Mann, »Alisons Onkel. Und das ist mein Sohn Brian.« Brian Carter nickte bedächtig. Er hatte das Gesicht seines Vaters, aber die Augen waren schmal und hell wie Topassplitter. Er konnte kaum über Zwanzig sein, aber die nach unten gezogenen Mundwinkel schienen wie aus Stein gehauen.
    »Ich wollte sagen, wir tun alles, was wir können, um herauszufinden, was mit Alison passiert ist«, sagte George.
    »Ihr habt sie aber nicht gefunden, oder?« fragte Brian und klang genauso mißmutig, wie er aussah.
    »Nein. Sobald es hell ist, werden wir weitersuchen. Und wenn Sie sich uns anschließen wollen, wäre es uns sehr recht. Aber das ist nicht der Grund, weswegen ich hier bin. Ich muß immer denken, die Antwort zu allem, was Alison passiert ist, liegt bestimmt irgendwo in ihren Lebensgewohnheiten. Ich glaube nicht, daß der Täter, wer immer es war, spontan gehandelt hat. Es war geplant. Und das heißt, jemand hat irgendwo Spuren hinterlassen. Ob Sie es wissen oder nicht, irgend jemand im Ort muß etwas gesehen oder gehört haben, das uns einen Hinweis geben wird. Ich spreche heute mit allen im Dorf, und ich werde zu allen dasselbe sagen. Ich muß euch dazu bringen, daß ihr euer Gedächtnis nach allem, was ungewöhnlich war, durchforscht, nach jemandem, den ihr gesehen habt und der nicht hierhergehörte.«
    Brian schnaubte, und es klang fast wie bei einer seiner Kühe. »Wenn Sie jemand suchen, der nicht hierhergehört, da brauchen Sie nicht lang zu suchen.«
    »Wen meinen Sie?« fragte George.
    »Brian«, warnte sein Vater.
    Brian machte ein finsteres Gesicht und suchte in der Tasche seiner Arbeitshose nach einer Zigarette. »Dad, er gehört nicht hierher, und das wird er auch nie.«
    »Von wem sprechen Sie denn?« beharrte George.
    »Philip Hawkin, von wem sonst?« murmelte Brian mit dem Mund voller Rauch. Er hob den Kopf und starrte trotzig auf den Hinterkopf seines Vaters.
    »Sie wollen doch damit nicht etwa sagen, daß Alisons Stiefvater irgend etwas mit ihrem Verschwinden zu tun hatte?« fragte Clough mit scharfer Herausforderung in der Stimme, der Brian Carter, so vermutete George, nicht würde widerstehen können.
    »Das war nicht Ihre Frage. Sie haben gefragt, wer nicht hierhergehört. Also, das trifft auf ihn zu. Seit er hier aufgetaucht ist, hat er überall mitmischen wollen, hat uns gesagt, wie wir die Äcker bestellen sollen, als wäre er derjenige, der das schon seit Generationen macht. Er denkt, wenn man ein Buch oder eine Broschüre vom Landwirtschaftsverband gelesen hat, ist man plötzlich ein Fachmann. Und wie er meiner Tante Ruth den Hof gemacht hat. Er hat sie einfach nicht in Frieden gelassen. Sie hat überhaupt nur dadurch wieder ihre Ruhe gefunden, daß sie ihn geheiratet hat«, platzte Brian heraus.
    »Ich wußte nicht, daß dich das stört«, sagte sein Vater sarkastisch. »Wenn Ruth und Alison nicht aus Bankside Cottage ausgezogen wären, hättet ihr – du und Denise – euer Leben als verheiratetes Paar in deinem alten Zimmer anfangen müssen. Ich weiß ja nicht, was du davon hältst, aber mir wäre es nicht besonders lieb gewesen, wenn das Bettgestell die halbe Nacht an die Wand gedonnert hätte.«
    Brian wurde rot und sah seinen Vater finster an. »Laß Denise aus dem Spiel. Wir reden jetzt über Hawkin. Du weißt genausogut wie ich, daß er nicht hierhergehört. Und tu nicht so, als würdest du nicht den halben Tag maulen, was für ein wertloses Subjekt er ist und daß du wünschst, der alte Squire hätte mehr Verstand gehabt,

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