Ein Ort für die Ewigkeit
Gefangene mit Männern machen, von denen sie glauben, sie hätten Kindern etwas angetan. Was sie tun, treibt Gesunde zum Wahnsinn. Sie hängen sich am Fensterkreuz auf. Sie trinken Säure. Sie würden sich mit dem Buttermesser die Pulsadern aufschneiden, wenn jemand blöd genug wäre, ihnen eines zu geben. Ihr Peter würde schlimmer mißbraucht werden als eine Prostituierte in einem Kriegsgebiet. Ich glaube, Sie wollen nicht, daß ihm das zustößt. Weder Sie noch sonst irgend jemand in Scardale. Wenn Sie es wollten, hätten Sie dafür gesorgt, daß er vor zwanzig Jahren erwischt worden wäre. Aber Sie haben ihn laufenlassen. Sie haben ihm erlaubt, sich sein eigenes kleines Leben aufzubauen. Was für einen Sinn hätte es, jetzt einfach nur zuzusehen, wie er es verliert?«
Es war eine überzeugende Rede, aber sie hatte keine Wirkung. »Ich kann es Ihnen nicht sagen«, antwortete sie und schüttelte schwach und fast unmerklich den Kopf.
George schob geräuschvoll seinen Stuhl zurück, die Beine quietschten laut auf dem Steinboden. »Ich kann meine Zeit nicht hier verschwenden«, sagte er. »Wenn Ihnen egal ist, was aus Peter Crowther wird und ob wir etwas über Alison herausfinden, dann gehe ich zu jemandem, dem es wichtig ist. Ich bin sicher, Mrs. Hawkin wird uns alles sagen, was wir wissen wollen. Schließlich ist er ihr Bruder.«
Ma Lomas’ Kopf schnellte in die Höhe, als hätte ihr jemand das Haar am Hinterkopf hochgezerrt. Sie riß die Augen auf. »Nicht Ruth. Nein, das dürfen Sie nicht. Nicht Ruth.«
»Warum nicht?« fragte George und machte seinem Ärger Luft. »Sie will, daß Alison gefunden wird, sie will nicht, daß wir unsere Zeit auf falschen Fährten verschwenden. Sie wird uns alles sagen, was wir wissen wollen, glauben Sie mir.«
Sie starrte ihn an, ihr Hexengesicht war so wütend wie eine Halloweenmaske. »Setzen Sie sich«, zischte sie. Es war ein Befehl, keine Aufforderung. George zog sich auf seinen Stuhl zurück. Ma Lomas stand auf und ging unsicher zum Sideboard hinüber. Sie machte die Tür auf und nahm eine Flasche heraus, auf deren Etikett »Whisky« stand. Die Flüssigkeit in der Flasche war aber klar wie Gin. Sie füllte ein Sherryglas und trank es mit einem Schluck aus. Sie hustete zweimal heftig, die Schultern hoben und senkten sich, dann wandte sie sich ihnen wieder mit wäßrigen Augen zu. »Peter war immer ein Problem«, sagte sie langsam.
»Er hatte immer schon schmutzige Gedanken«, fuhr sie fort und ging zu ihrem Sessel zurück. »Abscheulich. Dreckig. Man fand ihn oft im Feld, er starrte die Tiere bei der Paarung an. Je älter er wurde, desto schlimmer wurde es. Er verfolgte alle, die einem Mädchen den Hof machten, seine eigenen Blutsverwandten, und wollte unbedingt sehen, was sie taten. Man wußte, wann der Schafbock zu den Schafen ging, nämlich dann, wenn man in den Wald ging, und Peter stand dort mit seinem« – sie hielt inne, schob die Lippen vor, dann fuhr sie fort – »seinem
Ding
in der Hand, die Augen traten ihm aus dem Kopf, und er sah den Tieren zu. Man hat ihn dafür geohrfeigt, angeschrien, getreten und beschimpft, aber es war ihm egal. Nach einiger Zeit machte es uns nicht mehr soviel aus. In einem Ort wie Scardale muß man sich mit dem abfinden, was man nicht heilen kann.«
Sie starrte ins Feuer und seufzte. »Dann wurde aus der kleinen Ruth eine junge Frau. Peter war wie besessen. Er folgte ihr überallhin wie ein Rüde, der einer läufigen Hündin hinterherschnüffelt. Dan erwischte ihn zweimal auf einer Leiter draußen vor dem Zimmer des Mädchens, wo er sie durch einen Spalt im Vorhang beobachtete. Wir haben alle versucht, ihn zur Vernunft zu bringen – sie war doch seine eigene Schwester, es konnte nicht so weitergehen. Aber Peter ließ sich nichts sagen. Am Ende hat ihn Dan aus dem Haus geschafft, und er mußte hier drüben bei mir wohnen.«
Ma Lomas machte eine Pause und rieb sich kurz über die geschlossenen Augenlider. Weder George noch Clough machten auch nur eine einzige Bewegung, entschlossen, den Fortgang der Geschichte nicht zu stören. »Eines Nachts kam Dan aus Longnor zurück. Er hatte etwas getrunken. Es war Krieg und Verdunkelung. Als er ins Tal herunterkam, sah er vom Dorf her einen dünnen Lichtstreifen wie von einem Leuchtturm. Er trat in die Pedale und fuhr, so schnell er konnte, um Bescheid zu sagen, daß ein Licht zu sehen war, bevor der Polizist es bemerken und ihnen eine Geldstrafe aufbrummen würde. Er war noch eine halbe
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