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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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trat stumm zur Seite und rieb weiter ihre Hände an dem rauhen geblümten Baumwollstoff ihrer Ärmelschürze ab. Ihre Schultern waren nach vorn gesunken, ihre Bewegungen träge, und sie wirkte zerstreut. George und Clough gingen nacheinander an ihr vorbei und standen verlegen mitten in der Küche. Der unverkennbare Duft von Steak und Nieren lag in der Luft und ließ beiden Männern vor Hunger das Wasser im Mund zusammenlaufen. George kam der flüchtige Gedanke, was Anne ihm wohl vorsetzen würde, wenn er es je nach Hause schaffte. Eines war sicher: Wenn es so weiterging, würde es so vertrocknet und verschrumpelt sein, daß er es nicht mehr essen mochte. »Ist Ihr Mann zu Hause?« fragte er. »Wir müßten eigentlich mit ihm sprechen.«
    »Er ist mit den anderen Männern auf der Suche gewesen«, sagte sie schnell. »Er ist erschöpft heimgekommen und ist gleich raufgegangen, um ein Bad zu nehmen. Kann ich Ihnen helfen?«
    George schüttelte den Kopf. »Es ist nichts, worüber man sich Sorgen machen müßte. Wir müssen ihn nur kurz sprechen.«
    Sie warf einen Blick auf den angeschlagenen Emailwecker auf einem Regal über dem Herd. »Er wird in zehn Minuten zum Essen runterkommen.« Sie kaute am rechten Mundwinkel auf der Unterlippe herum und zeigte so unbewußt ihre Nervosität. »Es wäre besser, wenn Sie später noch einmal kommen könnten, nachdem er gegessen hat. Vielleicht in einer halben Stunde? Ich sage ihm, daß er sich dann bereithalten soll.« Sie lächelte nervös.
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, das Essen warm zu halten, Mrs. Hawkin, würden wir mit Ihrem Mann sprechen, wenn er herunterkommt«, sagte George ruhig. »Wir wollen keine Zeit verlieren.«
    Um ihre Augen und den Mund trat ein gespannter Zug. »Meinen Sie, das ist mir nicht klar? Aber er braucht sein Essen, wo er doch den ganzen Nachmittag draußen im Tal gewesen ist.«
    »Ich verstehe, und wir werden es so kurz wie möglich machen.«
    »So kurz wie möglich womit, Inspector?«
    George drehte sich halb um. Er hatte nicht gehört, daß Hawkin die Tür hinter ihm geöffnet hatte. Der Squire trug einen zottigen Morgenmantel aus Kamelhaar über einem gestreiften Schlafanzug. Seine Haut leuchtete rosa vom Bad, das Haar lag noch glatter am Kopf als zuvor. Eine Hand steckte in der Tasche, die andere hielt eine Zigarette. Es war eine Pose, die in einem West-End-Theaterstück flott ausgesehen hätte, in einer Farmküche in Derbyshire aber nur lächerlich wirkte. George grüßte nickend. »Wir müßten ein paar Minuten Ihrer Zeit in Anspruch nehmen, Mr. Hawkin.«
    »Ich wollte gerade essen, Inspector«, sagte er verstimmt. »Meine Frau hat Ihnen das wahrscheinlich schon gesagt. Vielleicht könnten Sie später wiederkommen?«
    Interessant, dachte George, daß Hawkin nicht einmal gefragt hatte, ob die Polizei wegen neuer Ergebnisse in seine Küche gekommen war. Kein Wort über Alison, kein Hinweis, daß er sich über irgend etwas Sorgen machte außer darüber, daß er etwas in den Magen bekam. »Leider nicht, Sir. Wie ich schon angedeutet habe, bei Befragungen dieser Art glauben wir, daß es von größter Wichtigkeit ist, keine Zeit zu verschwenden. Wenn es Mrs. Hawkin also nichts ausmachen würde, Ihr Essen warm zu halten, würden wir Sie gern kurz sprechen.«
    Hawkin seufzte laut und theatralisch. »Ruth, du hast gehört, was der Inspector sagt.« Er trat an den Tisch heran, nahm langsam die Hand aus der Tasche und griff nach der Rückenlehne des Stuhls.
    »Vielleicht wäre es woanders besser, Sir«, sagte George.
    Hawkin zog die Augenbrauen hoch. »Wie bitte?«
    »Wir möchten die Zeugen lieber getrennt hören. Und da Ihre Frau hier zu tun hat, wäre es vernünftig, in einen anderen Raum zu gehen. Das Wohnzimmer vielleicht?« George war ausgesprochen höflich, aber äußerst bestimmt.
    »Ich gehe nicht ins Wohnzimmer. Da ist es so kalt wie in einem Kühlhaus, und ich habe keine Lust, mir Ihnen zuliebe eine Lungenentzündung zu holen.« Er versuchte rasch, seine Worte mit jenem dreieckigen Lächeln abzumildern, aber das überzeugte George nicht. »In meinem Arbeitszimmer ist es wärmer«, fügte Hawkin hinzu und ging auf die Tür zu.
    Sie folgten ihm durch den kalten Flur zu einem Zimmer, das wie ein Herrenclub in Kleinformat aussah. Zwei Ledersessel standen zu beiden Seiten des Kamins, daneben noch ein niedriger Paraffinofen. Hawkin ging auf den einen Sessel zu, von dem aus man das Fenster sehen konnte. Ein breiter Schreibtisch mit verkratzter

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