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Ein Ort wie dieser

Ein Ort wie dieser

Titel: Ein Ort wie dieser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie-Aude Murail
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viel Leid.
    Leise hockte Eloi sich hin, Georges lehnte sich an die Wand, und beide warteten auf den Sieg von Kicko-Kack. Dann, als die Kinder wieder sich selbst überlassen waren, wandten sie den Blick zu Herrn Direktor, und Cécile errötete, als sie Eloi entdeckte.
    »Hört mal, Kinder«, sagte Monsieur Montoriol. »Ich habe keinen Bau gefunden, der groß genug für euch alle wäre. Wir werden euch trennen müssen.«
    Sein Blick senkte sich tief in den von Alphonse: »Wir tun unser Bestes, und ihr werdet dasselbe tun.«
    Dann las er seine kleine Liste vor: »Démor und Toussaint kommen zu Omchen. Leon zu Cécile.«
    »Jaaa«, flüsterte der kleine Junge.
    »Prudence und Pélagie zu Doktor Pommier. Ihr werdet sehen, er hat ein sehr schönes Haus. Honorine und Victorine zu Madame Gervais. Sie hat zwei Hunde und drei Katzen.«
    »Ohh … toll!«, bemerkte Tiburce neidisch.
    »Du gehst mit Felix zu Marie-Claude Acremant«, sagte Georges.
    Und da die Zwillinge die Nase kraus zogen, fügte er hinzu: »Sie hat einen Sohn in eurem Alter, der vergessen hat, wie man brav ist. Donatienne … zu deinem Zahnarzt!«
    Das Mädchen zeigte mit den Fingern ein V für Victory.
    »Madame Baoulé, die Guérauds erwarten Sie.«
    Sie nickte schweigend.
    »Monsieur und Madame Baoulé sind heute Nacht in den Räumen des Vereins. Und … ich glaube, es fehlt niemand.«
    Monsieur Montoriol tat, als würde er auf seiner Liste suchen: »Ach ja … Alphonse.«
    Er hatte einen Witz machen wollen und nicht gemerkt, dass Alphonse vom Anfang der Aufteilung an wie versteinert war.
    »Kommst du zu mir?«, schlug Georges ihm vor.
    Alphonse stürzte auf seinen Lehrer zu und umschlang ihn.
    Viel zu viele Kinder leiden noch viel Not
    Haben eine Kindheit ohne Spiel’ und Brot
    Sag, wie könnt ich sie befreien
    Ihnen nehmen ihre Schmerzen?
    Einfach ist der Weg: Folg nur deinem Herzen!
    Und das war wahr, und das war wahr.
    »Ins Auto!«, trompetete Eloi.
    Der Lieferwagen des Vereins stand vor dem Schultor, und Nathalie saß am Steuer. Sie musste mehrere Fahrten machen, um die Kinder mit ihren Kleiderbündeln und Schulranzen an unterschiedlichen Orten der Stadt abzusetzen. Georges entfernte sich, und Alphonse passte seine Schritte ihm an. Cécile brach in die entgegengesetzte Richtung auf, Hand in Hand mit dem kleinen Leon.
     
    »Ich dachte schon, du hättest einen Unfall gehabt!«, rief ihre Mutter, als sie ihr öffnete. »Weißt du, wie spät es ist?«
    »Entschuldige Mama, ich hatte keine Zeit, Bescheid zu geben …«
    Cécile schob Leon in die Wohnung.
    »Aber was ist das denn, dieser kleine …«
    Madame Barrois wusste nicht, ob sie »Schwarzer« sagen durfte oder etwas anderes sagen sollte, um nicht rassistisch zu sein, und so hielt sie sich an die Auslassungspunkte.
    »Das ist Leon. Er schläft bei uns. Ich werd’s dir erklären.«
    »Ist das einer von deinen Baloulas… lés… Dings?«
    »Baoulés. Ja. Das ist Leon.«
    Madame Barrois redete sehr laut und überdeutlich mit ihm, als sei er taub oder leicht debil: »Zieh deine Schuhe aus, mein Junge, und geh ganz schnell ins Bad und wasche dir die Hände. Du hast doch hoffentlich keine Flöhe?«
    Von plötzlicher Sorge erfasst, fragte sie Cécile: »Und Krätze, hast du daran gedacht? Und Tuberkulose? Weißt du, das haben sie in besetzten Häusern häufig, das habe ich in der Zeitung gelesen. Und Aids.«
    Cécile hob die Arme zur Decke.
    »Mama!«
    »Aber du bist wie dein Vater, der hätte sein letztes Hemd gegeben. Er sagte immer:
Man muss zu gut sein, um ausreichend gut zu sein.
«
    Da merkte sie, dass Leon ihr seine Schuhe hinhielt.
    »Stell sie ab, stell sie ab. Ich werd sie waschen.«
    »Sie sind sauber«, sagte der kleine Junge. »Und ich habe keine Flöhe und auch kein Aids.«
    Madame Barrois sah ihn mit großen Augen an: »Der spricht ja gut für einen Neger.«

Kapitel 20 In dem Eloi nicht »Mitarbeiter des Monats« wird
    Gil aß jeden Mittag im Tchip Burger, der für ihn zur Kantine geworden war. Er bestellte immer nur einen Big-Burger und Cola. Und Eloi nutzte die Hektik der Mittagszeit und gab ihm kostenlos Chicken Nuggets, Chefsalat, Pommes, Softeis oder einen Brownie dazu. Dann ging Gil zu seinem Platz an der Wand, dem Platz, den Cécile immer aussuchte, wenn sie ihn dienstags begleitete.
    Es war Montag, Gil war allein und lief aus Schlafmangel wie ferngesteuert. Eloi bediente ihn großzügig, während er seine professionelle Miene bewahrte: »Zum Hieressen oder zum

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