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Ein Ort zum sterben

Ein Ort zum sterben

Titel: Ein Ort zum sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol O'Connell
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mitnehmen, ich brauche ihn nicht mehr.«
    »Nein, den behalt mal ruhig, in dem Punkt bin ich sentimental. Es war schließlich der von Louis.« Er angelte eine Zigarette aus der Hemdentasche und hielt sie fragend hoch.
    Mallory nickte und schob ihm den Aschenbecher hin.
    Seine schwere Pranke hinterließ fettige Spuren auf dem silbernen Zigarettenanzünder. »Und was treibst du so, Mallory? Neulich, bei deiner großen Selbstbedienungsaktion im Revier, sind wir ja nicht viel zum Reden gekommen. Du glaubst gar nicht, wie Coffey sich aufgeführt hat, er konnte einem richtig leid tun. Ich hab gedacht, er heult gleich los. Alles klar bei dir, Kathy?«
    »Danke, bestens.«
    »Kann ich was für dich tun?«
    »Ja.«
    Eine Stunde später hing Markowitz’ Korkrolle an der hinteren Wand von Mallorys Arbeitszimmer, daneben eine zweite, leere Korkbahn. Mallory überprüfte den Stoß mit Hilfe eines Senkbleis und nickte zufrieden. Riker schlug den letzten Nagel ein. Von der Tür her begutachtete Mallory den veränderten Raum. Der Fußboden war mit Schnipseln und Filmschachteln bedeckt. Zwei leere Bierflaschen waren in die hinterste Ecke gerollt, und von dem Inhalt der dritten Flasche, die Riker gerade beim Wickel hatte, war einiges auf dem spiegelglatten Parkett gelandet.
    Wer Markowitz nicht gekannt hatte, sah in der Wandcollage nur einen chaotischen Zettelwust. Das Zimmer spiegelte nicht mehr Kathy Mallorys fanatische Ordnungsliebe wider, sondern sah fast so aus, als habe hier noch vor kurzem Louis Markowitz gehaust.
    Sie hatte Markowitz’ abkopierten Terminkalender in der Hand, als Riker mit schwappender Bierflasche auf sie zukam.
    Er sah ihr über die Schulter. »Kannst du was mit den Dienstagabenden anfangen?« fragte er. »Die Sache macht Coffey ganz verrückt.«
    In schwarzer Schrift waren an den Dienstagen die Buchstaben BDA eingetragen und die Zeit: 21.oo Uhr. Begonnen hatten diese Eintragungen vor einem Jahr, nachdem Mallory aus dem Haus in Brooklyn ausgezogen war.
    »Ich hab die Jungs von seiner Pokerrunde gefragt und die Nachbarn. Erfolg gleich Null.«
    »Was hast du denn schon alles überprüft?«
    »Sämtliche Firmen mit diesen Anfangsbuchstaben im Telefonbuch. Ergebnislos. Und in unserem Vorstrafenregister haben wir auch keine passenden Kandidaten.«
    Als Riker mit Mallorys Beutematerial und der Laborkamera abgezogen war, ging sie zurück ins Arbeitszimmer und freute sich an der jungfräulich leeren Korkfläche, die aussah wie die Leinwand eines Malers vor dem ersten Pinselstrich. Sie pinnte ihre eigenen Unterlagen über den Doppelmord im East Village auf ihre leere Seite.
    Der Unterschied zwischen der Markowitz- und der Malloryhälfte bestand nicht nur in einem Mehr oder Weniger an Material. Markowitz hatte seine Zettel aufs Geratewohl angebracht. Unter Hunderten hing nur einer gerade, und auch das war reiner Zufall. Mallory befestigte ihre Unterlagen pingelig präzise und achtete auf völlig gleiche Abstände zwischen den Aussagen und Berichten, den Fingerabdrücken des Junkies, den Aufnahmen von Markowitz und der toten Frau und dem vorläufigen Autopsiebericht.
    Sie ging an den zehn Fotos vom East Village entlang. Zehnmal der ermordete Markowitz, zehnmal die ermordete Pearl Whitman. Unter den Fotos brachte sie einen neuen Ausdruck an, einen Untersuchungsbericht der amerikanischen Börsenaufsicht über die Whitman Chemical Corporation, den sie dem Computer der Justizbehörde abgeluchst hatte. In diesem Bericht war auch eine gewisse Edith Candle erwähnt, die dort als Finanzberaterin und Hellseherin bezeichnet wurde. Edith Candle wohnte in dem Mietshaus in Soho, das Charles Butler gehörte.
    Markowitz hätte diese Verbindung zu Charles nicht überrascht. »Die Menschen auf unserer guten alten Mutter Erde sind einander alle näher, als sie denken«, hatte er mehr als einmal zu ihr gesagt und betont, daß ein guter Polizist diese Verbindungen aufspüren müsse. »Es gibt keine Sackgassen, Kleines. Jeder kennt irgend jemanden, der irgendwas weiß.«
    »Sag nicht Kleines zu mir«, hatte sie ihn zurechtgewiesen.
    Über Edith Candle hatte sie nur ein einziges Blatt mit dürftigen Informationen. Sie durchstieß es mit der letzten Markiernadel genau in der Mitte. Als sie zurücktrat, kippte das Blatt zur Seite, wie von einer unsichtbaren Hand bewegt, was Mallory seltsamerweise nicht zu merken schien, als sie noch einen Blick auf die Korkwand warf, ehe sie die Tür hinter sich schloß.
    In der letzten Stunde vor

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