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Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot

Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot

Titel: Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sibylle Berg
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träume.
    Ich werde immer langsamer. Ein neuer Morgen. Ich laufe am Schrottplatz vorbei. Es gibt keinen Sinn. Laufen.
    Damit ich nicht einfriere.
    Die Nächte draußen werden immer kälter.
    Mir ist so kalt. Ich will mich nicht mehr bewegen. Jede Bewegung ist anstrengend.
    Jeder Tag ist anstrengend. Laufen will ich auch nicht mehr.
    Ich sitze an einer Straße. Irgendwo. Weit weg von zu Hause. Kein Auto kommt hier vorbei. Kein Haus in der Nähe. Die Dunkelheit. Die Kälte. Und ich. Spüre, wie mein Körper die Temperatur der Luft annimmt. Und die ist kalt.
    Das ist gut. Haben wir alle dieselbe Temperatur.
    BETTINA blöd
    Wir sind die Generation der Beschissenen. Ich weiß nicht von wem und um was. Vielleicht weil sie uns die Unschuld genommen haben. Den Glauben an einen Sinn. Vielleicht ist die Wissenschaft schuld oder irgendein Bankangestellter, der in seiner Freizeit Versuche macht. Alles mußten wir erklären und jetzt haben wir den Mist. Noch nicht mal Liebe ist noch ein Geheimnis. Da wissen wir, daß es um Hormone geht, um die Paarung, die Evolution. Ich meine nicht, daß es die Sache einfacher macht. Ich bin verliebt, und es tröstet mich nicht zu wissen, daß es sich um einen chemischen Vorgang handelt. Er ruft nicht an. Der Musiker. Es ist nicht so, daß ich blöd bin. Ich merke genau, daß die ganzen Männer, die ganzen Leidenschaften, aus-tauschbar sind. Aber ändern kann ich es auch nicht. Jedesmal glaube ich an die Erlösung von was? Auf der Straße laufe ich, als ob ich ihn immer treffen könnte. Ich beobachte mich im Fenster der U-Bahn. Immer versuche ich glücklich auszusehen. Damit ich glücklich aussehe, wenn ich ihn treffe. Aber ich treffe ihn nicht. Ich bange in Bars rum, in Cafes, wie alle in meinem Alter in einer großen Stadt. Die 80er sind durch, und manchmal denk ich, so schlecht waren die auch nicht. Alle hatten schwarze Sachen an, und in der Werbung zu sein war kein Dreck. Wir konnten wenigstens das Geld anbeten, in den 80ern. Und uns sagen, Single sein ist klasse, weil es der Karriere dient, und die dient dem Geldverdienen, und das ist einfach klasse. Jetzt ist Geld verdienen out und Karriere auch, aber leichter ist nichts. Solange Beziehungen noch Beziehungen heißen, wird auf dem Gebiet auch keine Verbesserung zu erreichen sein. Ich weiß alles. Und warte trotzdem. Daß 45
    dieser Typ anruft. Und natürlich ruft er nicht an. Und ich lauf rum und suche ihn und treffe ihn nicht. Nach zwei Wochen bin ich im Wahn. Ich weiß inzwischen, daß es nur diesen einen Mann gibt, auf der ganzen Welt, mit dem alles anders werden würde. Er ruft nicht an. Ich rufe ihn an.
    Nach zwei Wochen. , . .
    »Hallo, hier ist Bettina.«
    »Welche Bettina?«
    »Die von neulich. Du weißt schon. Das Interview.«
    »Ach, klar. Und, was ist mit dem Interview?«
    »Ich brauch noch ein paar Sachen.«
    »Was denn. Könn mer ja am Telephon machen.«
    »Äh, lieber persönlich.«
    »Sieht schlecht aus, im Moment. Frag mich doch einfach.«
    »O.K., ich ruf morgen wieder an.«
    Dann sitz ich zitternd vor dem Telephon. Vielleicht war ihm nicht gut. Oder jemand war bei ihm. Laß ihm doch nicht gut gewesen sein. Am nächsten Tag ruf ich wieder an.
    »Hey-Bettina, du weißt schon...«
    »Ja. Also, was willst du noch wissen?«
    »Ich hab wirklich noch viele Fragen. Kannst du nicht vor-beikommen?«
    »Scheiße. Wann?«
    »Heute?«
    »Wann?«
    .
    »Wann kannst du?«
    »Ich hab von 5 bis 6 'ne Stunde.«
    »Später nicht?«
    »Nee.«
    »O.K., um fünf bei mir.«
    In einer Stunde kommt er. Bestimmt hat er wirklich was vor. Heute abend. Er kommt. Er liebt mich. Ich ziehe mich um. Und um. Parfüm. Puder. Es ist zum Glück schon ein bißchen dämmrig um fünf. Da kann ich Kerzen anmachen.
    Das sieht besser aus. Ich mach Kerzen an. Stell Wein hin.
    Raum ihn wieder weg. Er soll nicht denken. Und ich sag noch schnell, nichts will ich mehr wissen, von Chemie und Hormonen und so. Ich will die reine Liebe.
    Er kommt. Nicht. Zehn nach fünf. Zwanzig nach fünf kommt er. Steht vor meiner Tür. Lächelt nicht. Geht rein.
    Setzt sich. »Frag mich, ich habs eilig.« Ich frag ihn. Sinnloses Zeug. Tu, als würde ich mitschreiben. Ich schreibe: Scheiße. Scheiße. Scheiße. Ich möchte losheulen. Er sieht durch mich durch. Meine Stimme zittert. Er sieht mich an.
    »Willst du mit mir schlafen?«
    Ich sag nichts. Was soll ich sagen. Er steht auf. »Komm.«
    Sagt er und geht an mir vorbei ins Schlafzimmer. Ich ihm nach, was sonst. Er hat sich aufs Bett

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