Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot

Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot

Titel: Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sibylle Berg
Vom Netzwerk:
Fotograf tut seinen Fuß weg.
    Der Platz vor dem Cafe ist voll mit jungen Menschen, die tun, als würde sie irgendwas verbinden. Aber außer der Langeweile fällt Bettina nicht ein, was das sein könnte. Der Fotograf hängt unterdessen seine Hand in Bettinas Milchkaffee. Bettina wird übel vor Langeweile. Sie sieht Vera über den Platz kommen. Ein bißchen unsicher, wie immer, wenn so viele lässige Menschen da sind, läuft Vera.
    Der Fotograf begreift, daß er seine Chance vertan hat, er wird heute zu keinem Geschlechtsverkehr kommen, und darum geht mit seinen häßlichen Füßen weg. Warum ist es so, daß man sich in die wenigsten Menschen verlieben kann, fragt Bettina ihre Freundin. Und Vera sagt: Das ist so, weil wir uns nie in Menschen verlieben, sondern in komplizierte Ideen. Bettina nickt und schweigt. Die beiden sehen auf den Platz und fühlen sich angenehm anders als die Generation der Betrogenen in ihren häßlichen Anziehsachen, mit ihrer häßlichen Musik und mit der Aussicht auf ein häßliches Leben voller politischer Kor-rektheit. »Weißt du noch wie alt dir das vorkam, wenn du als Kind dachtest, wie alt du im Jahr 2000 bist, und wie dann alles aussieht? « fragt Bettina. Und Vera sagt: Ich hätte nie gedacht, daß Leben so kurz sind.»Wir kennen uns jetzt seit 18 Jahren«, sagt Bettina, und das Schweigen zwischen ihnen wird noch ein bißchen tiefer. »Ich glaube, ich bin unglücklich verliebt«, sagt Bettina dann, und Vera sagt da gar nichts zu, denn sie weiß, daß sie jetzt besser schweigt.
    Bettina verliebt sich andauernd und meistens unglücklich, und es ist Veras Rolle, sich das einfach anzuhören. Und Bettina erzählt von dem schönsten Mann, der ihr jemals begegnet ist und daß es DER Mann ist und daß er nicht anruft, aber vermutlich nur, weil er gerade irgendwie zu tun hat, und Vera seufzt, denn sie weiß, Geschichten, die so beginnen, haben nie ein gutes Ende.
    TOM sitzt am Meer
    Die Sonne geht unter. Das fand ich noch nie spannend.
    Geht sie halt unter. Das passiert nun mal. Ich sitze am Meer und trinke Rotwein. Ich hasse Frauen, die Sonnenunter-gänge lieben. Eine gefährliche Sucht nach heiler Welt.
    Ich guck also diese Sonne an, die einfach nur ihren Job er-ledigt. Der Strand ist leer. Es ist auch kein schöner Strand.
    Der Ort hinter dem Meer ist sogar sehr häßlich. So ein Ort, den sie irgendwann aus dem Boden gestampft haben, um Touristen zu verarschen. Und das haben sie jetzt davon.
    Statt in ihren hübschen kleinen spanischen Häusern Pa-ella zu kochen, sitzen sie jetzt in Neubauten und essen Fertiggerichte, die blöden Spanier. Ich bin schon lange unterwegs. Fühlt sich an wie ein paar Jahre. Meine Haare lasse ich jetzt einfach wachsen. Und die T-Shirts wasche ich im Meer. Ich bin zum erstenmal alleine irgendwo. Nur mit mir. Ich rede mit mir. Ich schlafe mit mir. Ich habe Sex mit mir. Eigentlich nix Neues. Nur, daß es klarer wird. Zwei alte Männer kommen. Sie ziehen sich voneinander ab-gewandt aus. Legen die Sachen auf Bruch und gehen ins Wasser. Ich tat hier nicht ins Wasser gehen. Es mag so drek-kig sein wie überall. Aber hier sieht es gefährlich dreckig aus. Es sieht nach Hautfäule aus oder so. Die beiden bleiben stehen. Das Wasser geht ihnen bis zum Schritt. Sie schauen zum Horizont und stehen einfach da. Vielleicht warten sie auf was. Eine Fata Morgana, eine nackte Frau oder daß sie noch mal jung werden. Obwohl ich mir das nicht vorstellen kann. Ich möchte ja auch nicht noch mal jung sein. Irgendwann hat man vielleicht einfach genug.
    Da kennt man alles.
    Ich wußte gar nicht, daß ich so viele Gedanken in meinem Kopf habe. Ich denke über alles nach. Und nichts stimmt mehr. Irgendwann wird mein Geld alle sein. Ich weiß noch nicht, was ich dann tue. Heimgehen werde ich nicht. Hoffentlich nicht. Ich weiß auch gar nicht, wo das ist - zu Hause.
    KARL riecht nix Gutes
    Wenn ich mir Bilder von jungen Mädchen ansehe, wird mein Schwanz noch steif. Bei Ruth nicht. Ruth ist so alt wie ich. Ihr Körper riecht alt. Ich kenne diesen Geruch von mir. Also irgendwann, so mit 40 hat das angefangen. Da roch irgendwas. Ich habe die Wohnung gelüftet, die Bett-wäsche gewechselt, und es ging nicht weg. Dann kam ich drauf, daß ich das bin. Da half kein Duschen, kein Deo. Es roch. Muffig. Dumpf. Der Geruch alter Körper. Gespei-cherte Giftstoffe. Was weiß ich. Diesen Geruch hat Ruth auch. Wir versuchen zusammen zu schlafen, aber es geht nicht. Manchmal ist es so schlimm, daß ich ins

Weitere Kostenlose Bücher