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Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot

Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot

Titel: Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sibylle Berg
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Bad muß.
    Mich beruhigen. Weil ich weiß, daß ich sie verletze. Ich möchte so gern noch mal ein junges Mädchen. Aber das kriegt man in meinem Alter nur mit viel Geld. Ich habe nicht viel Geld. Seit ich Ruth kenne, denke ich viel über Sex nach. Bin fast besessen davon. Als ob da was geweckt worden wäre. Ein Grizzly, der geschlafen hatte. Grizzlys reißen ihre Opfer auf. Die russische Umarmung. Von hinten kommen die Grizzlys und tun den Menschen auf wie diese Würste mit dem Reißverschluß. So fühl ich mich auch. Auseinandergerissen. Aufgefetzt. Es ist schön, mit Ruth zusammen. Vorher war ich immer in meiner Wohnung. Alleine. Es ist schön, wieder reden zu können. An jemanden denken zu können. Wenn sie mich nur nicht immer anfassen wollte. Ich mag nicht jemanden anfassen, der mich daran erinnert, daß es bald zu Ende ist. Aber vielleicht bin ich auch ganz einfach nur ein Arschloch.
    VERA geht zu einer Party
    Keine Ahnung, ob es noch Menschen gibt, die richtig arbeiten. Also, die irgendwelche Dinge herstellen und sie dann in Papier verpacken. Ich kenne solche Menschen nicht. Nur noch welche, die mit was Irrealem umgehen.
    Mit Geld oder mit Informationen, mit Sachen also, die es vielleicht gar nicht gibt. Vielleicht ist das ein Grund, warum alle so drauf sind. Wenn Menschen mit Sachen umgehen, die es nicht gibt, stellt sich natürlich knallhart die Frage, ob es überhaupt Menschen gibt. Ich steh in so einem Raum, in dem eine Zeitschrift ihr Begräbnis feiert. Zeitschriften, die nicht zur Hälfte aus Werbung bestehen, sterben. So ist das Gesetz. Vielleicht sollten Zeitschriften nur noch aus Werbung bestehen. Ich glaube nicht, daß es jemandem auffallen würde. Die Zeitschrift, die heute ihr Begräbnis feiert, war so überflüssig wie alle anderen. Ich will aber damit nicht sagen, daß mir irgendwas einfällt, was wichtig wäre. Bettina hat mich mitgenommen, denn ich bin niemand, den man zu so einer Party einladen würde. Bettina ist irgendwo, und ich steh so rum. Natürlich spricht mich keiner an oder so was. Das liegt, glaub ich, daran, daß ich den Dress-Code nicht draufhabe. Meine Klamotten haben nicht das richtige Schild, und mein Parfüm ist gnadenlos out. Die Leute hier tragen alle Klamotten, die aussehen wie aus der Kleidersammlung. In Wahrheit waren die aber sauteuer. Ich ahne das. Und da stehen sie dann so rum, mit ihren Trainingsjacken und ihren Ziegenbärtchen und halten sich für lässig und tolerant. Dabei sind sie Spießer wie wir alle. Der Mensch sollte sich nie einreden, er wäre was anderes als ein Mensch. Bettina redet grad mit einer besonders ekelhaften Frau. Klein und pummlig ist die Frau und aus den besten Jahren raus. Die Frau guckt zu mir rüber, und ihr Gesicht verzieht sich. Ich kenne so Gesichter bei Frauen. Die machen sie, wenn eine andere Frau jünger, interessanter oder sonstwie bemerkenswerter ist als sie selbst. Du Mist, sagt so ein Gesicht. So guckt mich diese kleine Frau an, und aus irgendwelchen Gründen habe ich auf einmal Lust auf Ärger. Ich also rüber zu Bettina und der Frau. Stell mich direkt da hin und überrage die Frau um gut einen Kopf. Bettina merkt, daß da was abgeht zwischen uns, und stellt uns schnell vor. Den Namen der Frau vergeß ich direkt wieder. Sie war für die Literaturseiten in der toten Zeitschrift zuständig, und ich verstehe ihr Problem. Sie ist einfach eine alternde, einsame Frau, die nichts weiter hingekriegt hat in ihrem kleinen Leben, als in einer Zeitschrift für junge Menschen über Bücher zu schreiben.
    Das ist noch weniger als nichts machen. Das sind Gedanken zu anderer Leute Gedanken. Die Frau redet in einem bewußt forschen Tonfall. Sie hat wirklich extrem häßliche Fesseln. Ich schau die Fesseln an. Seh mich langsam zu Boden gehen. In die Fesseln beißen. Die Strumpfhose zerfetzen. Ihr Stücke davon in den Mund schieben, mit dem, was nicht in den Mund paßt, im Gesicht rumreiben. Die Schminke gut in die Haut einarbeiten. Ein paar Schritte zurückgehen, Anlauf nehmen. Mit einem Sprung mit meinen Schenkeln ihren Hals umspannen. Die Schenkel gut straffen, das Gesicht wird rot. Mit zwei Fingern lässig in die Nasenlöcher, die dann weiten. Beim Absteigen ihr teures Kleid zerlegen. Die Fetzen in ihren Gesäßfalten ver-stauen. Ein Lied anstimmen. Sie nackig nehmen, blind wie sie ist, wegen der Strumpfhose und der Schminke und sie zum Büfett ziehen. Drauf rumwälzen. Kleine Gurken in ihre Ohren pressen. Hühnerkeulen unter die Achseln. Die

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